Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Titel: Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
Autoren: Paul McAuley
Vom Netzwerk:
› 1
    Hundert ermordete Schiffe umkreisten in endlosen Ellipsen den Saturn. Schlanke Frachter und robuste Schlepper. Shuttles, die einstmals ein Netz aus ständig wechselnden Routen zwischen den bewohnten Monden gewoben hatten. Spinnenähnliche Atmosphärentransporter. Die goldene Sichel eines Klippers, der vor gerade einmal zwei Jahren von einer Kooperative gebaut worden war, um zwischen Saturn und Jupiter zu pendeln, und nun wie ein einsamer Mond aus einem Märchen in den Raum jenseits des prächtigen Bogens stürzte, den das Ringsystem bildete. Die Opfer eines kürzlich beendeten Krieges.
    Die meisten waren zwar oberflächlich intakt, aber dennoch nicht mehr zu gebrauchen. Ihre KIs wurden von den Dämonen brasilianischer Spione in den Wahnsinn getrieben, ihre Fusionstriebwerke, Steuerungs – und Lebenserhaltungssysteme von Mikrowellenimpulsen oder EMP-Minen verschmort. In den Stunden, nachdem die Schiffe ausgeschaltet wurden, hatten die überlebenden Mannschaften und Passagiere fieberhaft versucht, Reparaturen vorzunehmen oder mit Lasern, die sie aus kaputten Kommunikationsanlagen ausgebaut hatten, Hilferufe zu senden. Andere hatten, von Resignation, Verzweiflung oder Wut getrieben, letzte Botschaften an ihre Familien und Freunde verfasst. An Bord eines Frachters, der an den karamellfarbenen Bändern am Äquator des Saturn vorbeigeglitten war, hatte die Dichterin Lexis Parrander in der eisigen Dunkelheit ihrer Schlafnische die Worte: »Wir sind die Toten« in Blut auf den leeren Bildschirm ihrer Lesetafel geschrieben.

    Die Menschen auf diesen Schiffen waren tatsächlich tot. Niemand antwortete auf die Notrufe, die sie zu den bewohnten Monden oder den feindlichen Schiffen sandten. Manche zogen sich in ihre Schlafnischen zurück und nahmen eine Überdosis irgendeines Mittels, schlitzten sich die Pulsadern auf oder zogen sich Plastiktüten über den Kopf. Andere, die immer noch auf Rettung hofften, legten Druckanzüge an und versetzten sich in einen tiefen Kälteschlaf. Auf einem Schiff brachen Kämpfe aus, weil es nicht genügend Druckanzüge gab. Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben. Auf einem anderen versammelten sich die Überlebenden um ein aus Kabeln und Brennstoffzellen selbst gebautes Impedanz-Heizgerät, ein letzter, sinnloser Widerstand gegen das Vorrücken der unerbittlichen Kälte.
    Viele der Schiffe waren in Richtung Uranus geflohen, als sie ausgeschaltet worden waren, und hatten mit Gravitationsmanövern um den Saturn Geschwindigkeit aufnehmen wollen. Jetzt folgten sie einsamen Routen, die sie dicht um den Gasriesen herumführen und dann aus dem Ringsystem und dem Orbit der inneren Monde hinausschleudern würden, bis sie das Apogäum erreichten und wieder zurückstürzten. Ein paar von ihnen flogen sogar noch weiter hinaus, am Orbit von Titan, Hyperion oder Iapetus vorbei.
    Hier befand sich auch die schwarze Pfeilspitze eines brasilianischen Einmannjägers, der den äußersten Punkt eines Orbits erreicht hatte, der steil über der Äquatorebene aufstieg und ihn mehr als zwanzig Millionen Kilometer vom Saturn weggetragen hatte, in die einsamen Gefilde, wo verstreute Schwärme winziger Monde lange exzentrische Bahnen beschrieben. Im Innern seiner glatten Hülle wurde das sargförmige Lebenserhaltungssystem von einer Lithium-Ionen-Batterie konstant bei 4°C gehalten, während der schwer verletzte Pilot in traumlosem Schlaf lag.

    Am hinteren Ende des Einmannjägers flammte der Funke eines Fusionstriebwerks in der sternenerfüllten Schwärze auf. Ein Schiff näherte sich ihm: ein Roboterschlepper, der fast nur aus Treibstofftank und Antrieb bestand und sich mit auflodernden Feuerstößen aus einer Reihe von Triebwerken an die exzentrische axiale Drehung des angeschlagenen Einmannjägers anpasste, bis sich die beiden Schiffe wie absurd disproportionierte, aber genau synchronisierte Schlittschuhläufer zusammendrehten. Der Schlepper rückte langsam näher und stellte schließlich einen Kontakt her, dockte an speziellen Schnappverschlüssen in der Mitte vom flachen Bauch des Jägers an. Nachdem er eine Reihe von Diagnose-Programmen hatte durchlaufen lassen, beendete der Schlepper die Rotation seiner Last, drehte sie um hundertachtzig Grad und zündete seinen großen Fusionsantrieb. Die blauweiße Stichflamme des Antriebs erstreckte sich Kilometer weit hinter den verkoppelten Schiffen, veränderte ihr Delta v und ihren hohen, weiten Orbit und katapultierte sie in Richtung Dione zu einem Rendezvous mit dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher