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Songkran

Songkran

Titel: Songkran
Autoren: Erik Matti
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Saales gaben dem Anlass der Nacht, einem Abschiedsfest, ein altmodisches Ambiente.
    In den 1940er Jahren von den Militärs erbaut, hatte das mondäne Royal-Hotel jahrelang den Ruf einer Luxusherberge genossen. Die räumliche Nähe zu wichtigen Ministerien hatte allerlei Volk angezogen. Spione, Putschisten und die Mätressen konspirativer Generäle gaben sich im Royal die Klinke in die Hand. Später begründete das amerikanische Kapital der 1960er Jahre einen Bauboom in Bangkok und das Royal verlor peu à peu seine strategische Bedeutung. Von dieser Historie und von seiner Verruchtheit war nichts zu spüren, als Thanee sein Handy aufklappte und das Gespräch entgegennahm.
    „Einen Moment bitte, Khun Sakkarin“, flüsterte Thanee ins Telefon und blickte seinem deutschen Gesprächspartner in die Augen. Beide Männer trugen ein legeres Sommerzivil.
    „Excuse me, it´s an important call“, entschuldigte sich der Polizeichef bei seinem Gast aus Wiesbaden, der in seiner Funktion als BKA-Abteilungsleiter nach Bangkok gereist war. Der deutsche Beamte sah Thanee nach, als dieser an der phlippinischen Bluesband vorbeihastete und durch das imposante Portal des Saales verschwand.
    Derweil balancierte im Konferenzsaal eine schöne Kellnerin ein Tablett mit Biergläsern zwischen den runden Tischen hindurch. Der BKA-Mann schnappte ein Glas frisch gezapftes Dortmunder beim Vorbeigehen und bewegte sich im Rythmus der Musik. Mit seiner Beute in der Hand wandte er sich einer Gruppe erlebnishungriger Kollegen zu, die allesamt an der dreitägigen Polizeikonferenz teilgenommen hatten. Viele Seminarstunden, gefüllt mit Vorträgen über internationalen Terrorismus und organisierte Kriminalität, lagen hinter ihnen. Der Bluessong, den die philippinische Sängerin den versammelten Gästen darbot, untermalte die seichte Unterhaltung der Männer.
    Im Foyer des Hotels versuchte der Portier aus Thanees Mienenspiel abzulesen, ob der Polizeichef ihn benötigte; er bekam keine Reaktion. Eine Reisegruppe aus Südkorea erzeugte eine Kakophonie zwischen den verzierten Säulen und den Spiegelwänden der Eingangshalle. Die älteren Touristen tummelten sich vor dem Mahagonitresen des Empfangs und brachten die Rezeptionistinnen zum Schwitzen. Koffer und Taschen stapelten sich in der Lobby und verengten den Durchgang zur massiven Treppe, die geschwungen in die oberen Stockwerke führt.
    Thanee brauchte Ruhe für dieses Gespräch. Er machte einen Bogen um die beiden Putzfrauen, die auf den Knien vor dem Ausgang die Marmorplatten wischten. Er verließ die Lobby durch die gläserne Tür und hastete die fünf Stufen des Eingangbereichs hinunter. Die Hitze der Nacht nahm ihn auf und quetschte die ersten Schweißtropfen aus seinen Poren.
    „Khun Sakkarin, was kann ich für Sie tun?“, waren Thanees Worte, als er sich zwischen zwei eng nebeneinander geparkten Taxis hindurch zwängte und die Bogenbrücke über einen schmalen Khlong ansteuerte.
    „Wir können den Fall heute Nacht aus der Welt schaffen, Khun Thanee. Wir haben das Mädchen. Aber wir brauchen Ihre Hilfe“, antwortete Sakkarin.
    „Was erwarten Sie von mir?“ Thanee musste ein vorbeirasendes Auto passieren lassen. Kurz danach stand er auf der kleinen Steinbrücke und schaute in Richtung Sanam Luang . Der großflächige Rasenplatz vor dem Königspalast lag im Dunkeln.
    „Inspektor Gun ist bei ihr. Wir wissen nicht, auf welcher Seite er steht.“ Sakkarin verlagerte sein Gewicht auf die rechte Gesäßhälfte und beobachtete durch die Windschutzscheibe, wie sein Chauffeur die hell erleuchtete Mautstelle ansteuerte. Das Ende der Hochstraße war erreicht.
    So eine Nachricht hatte Thanee seit dem Augenblick befürchtet, als Sakkarin ihn aus dem The Blue Dragon angerufen und über Guns Alleingang informiert hatte. Daraufhin war Thanee unbemerkt ins Archiv geschlichen, um sich Guns Personalakte zu besorgen. Von sehr guten Beurteilungen war die Rede. Die Beförderung zum Superintendent hätte in Aussicht gestanden, wenn Gun sich auf die freie Planstelle beworben hätte. Thanees persönliche Begegnungen mit dem Leiter von Lumphini beschränkten sich auf Augenblicke; mal war es die Geburtstagsfeier eines Kollegen, mal war es ein besonderer offizieller Anlass gewesen, weshalb man sich gesehen hatte. Der politischen Brisanz geschuldet, die durch das Attentat im letzten Jahr auf den saudischen Diplomaten entstanden war, musste Gun ein einziges Mal im Büro des Polizeichefs von Bangkok Rede und Antwort
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