Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Songkran

Songkran

Titel: Songkran
Autoren: Erik Matti
Vom Netzwerk:
ihn. Ohne allzu starkes Zittern holte er die Ruger hervor, ließ sie in seiner Schusshand ruhen, um dann das Magazin zu überprüfen. Es war bis zum Rand munitioniert. Dann visierte er die Ratte an, die ihre Schnauze in eine zerrissene Mülltüte drückte.
    Plötzlich erschien eine Silhouette in der Dunkelheit, die sich auf dem Schleichweg in seine Richtung zubewegte. Sein Puls raste. Mex entsicherte die Ruger und zog sachte den Schlitten zurück.
    Klack!...klack!
    „Langsam, langsam Herr Inspektor! Sie werden doch nicht auf mich schießen“, zischte der Hagere wie eine Klapperschlange.
    Mex löste die Spannung, die sein Zeigefinger am Abzugshahn aufgebaut hatte. Blitzschnell stand er aufrecht vor den Getränkekisten und verstaute die Ruger im Hosenbund.
    „Hier stinkt`s ja gewaltig, Herr Inspektor.“ Der Hagere blies Zigarettenrauch durch die Nase. 
    „Was wollen Sie?“, fragte Mex und fasste mit der rechten Hand an den Knauf der Ruger, in deren Lauf eine Patrone steckte.
    „Ist alles ruhig bei Ihnen?“, fragte der Chinese grinsend. Seine Wangenmuskulatur hatte sich zu einer lächelnden Fratze verkrampft, eine Folge der Yaba-Pillen. In seiner euphorischen Verfassung nahm er Mex‘ Anspannung nicht wahr.
    Mex nickte. Seine Pulsfrequenz sank und die Hand löste sich vom Pistolengriff. 
    „Eine Flucht scheint hier hinten unmöglich zu sein“.
    „Meinen Sie, Herr Inspektor?“ Mit seiner Taschenlampe leuchtete der Hagere die Rückwand ab.
    „Ja“, erwiderte Mex.
     „Dann noch viel Spaß in diesem Gestank, Herr Inspektor“, hauchte der Chinese, rümpfte die Nasenflügel und schnipste seine glühende Zigarettenkippe in Mex‘ Richtung.
    Haarscharf flog der Stummel an dessen Kopf vorbei. Dieses verdammte Schwein, dachte Mex und griff zum Knauf der Ruger. Zitternd zog er die Waffe aus dem Bund, ganz sachte, so dass der Chinese es nicht merkte. Der Hagere drehte ihm den Rücken zu und entfernte sich auf dem Schleichweg. Jetzt oder nie! Mex spürte das Gewicht der Waffe in der Hand. Schieß ihm in den Rücken! befahl er sich. Sein Zeigefinger spannte den Abzug. Mit ausgestrecktem Arm zielte er auf den kahlen Hinterkopf, dessen Schädelknochen hervortraten. Wenige Meter noch, dann ist er verschwunden. Schieß! Dann klappte sein Arm wie der einer hölzernen Marionette nach unten.
     
    Verrostete Schrauben drückten das Insektengitter an den Fensterrahmen. Mit seinem Taschenmesser löste Gun eine nach der anderen und legte sie feinsäuberlich auf dem Waschbecken ab, als ob er später das Gitter wieder anschrauben müsste. Der Duschkopf baumelte an einem ausgeleierten Schlauch, der in einen altmodischen Durchlauferhitzer von Siemens mündete. Aus Platzmangel war die Duschinstallation in die Badezimmerecke gequetscht worden, neben Fenster und Kloschüssel. Gun berührte die wackelige Konstruktion mit dem Ellbogen, während er vorsichtig das Gitter abnahm. Scheppernd schlug der Duschkopf auf die nackte Klobrille, deren Deckel nicht existierte.
    „Nichts passiert!“, rief Gun Toon zu, die in der Türöffnung erschien.
    „Es gab sowieso kein warmes Wasser“, sagte sie lapidar.
    „Nehmen Sie mir mal das Gitter ab“.
    Sie stellte das Gitter unter das Waschbecken und ging aus dem Bad.
    „Sehr gut. Ein Fenster ohne Glas, aber leider zwei Flügel“, murmelte er vor sich hin.
    Problemlos löste Gun zwei Metallriegel und zog am Fenstergriff. Das Holz war von der tropischen Feuchtigkeit verzogen und presste die Flügel aneinander. Mit beiden Händen rüttelte er am Griff, so dass sich die Hälften wenige Zentimeter auseinander bewegten.
    „Ganz ohne Krach kriege ich euch beide nicht auf“, sagte er laut hörbar.
    „Wie bitte, Herr Inspektor!“, rief Toon, die auf dem Bett saß und Notizen in ihrem Tagebuch verfasste.
    „Hab nur mit mir geredet!“ Guns Selbstgespräche waren ein Phänomen der letzten Jahre. Seine Frau neckte ihn damit. Er konterte, solange er nicht mit sich selbst diskutieren würde, sei sein Verstand außer Gefahr.
    „Klemmt es?“, fragte Toon, die mit dem Rucksack in der Hand ins Badezimmer kam.
    „Ein wenig, aber lassen Sie das mal meine Sorge sein, ich kriege das schon hin.“
    „Und Ihr Plan, Herr Inspektor?“
    „Sie klettern durch das Fenster und ziehen sich an der Dachrinne hoch. Sie sind doch sportlich, oder?“, fragte er väterlich. In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er Toon mochte.
    „Außer Form, Herr Inspektor“, antwortete sie mit Unschuld in den Augen.
    „Na
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher