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Songkran

Songkran

Titel: Songkran
Autoren: Erik Matti
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Arrangement mit Gun besagte, dass der Inspektor sich eine Nacht darüber Gedanken machen wollte, um sich dann am Folgetag mit ihr in Verbindung zu setzen. Sie sollte in seiner Abwesenheit keinen Meter vor die Hoteltür gehen.
    „Und rufen Sie mich an, falls Sie Hilfe brauchen, Tag und Nacht“, waren seine Worte gewesen, bevor Toon aus dem Taxi stieg und im Trubel der Khaosan verschwand. Das lag jetzt ca. eineinhalb Stunden zurück.
    Aus Angst, die Killer auf sich aufmerksam zu machen, verzichtete sie auf die Deckenbeleuchtung. Die Helligkeit der Flurlampe fiel durch das Milchglas der Zimmertür und machte die Wölbung ihres Nolkiahandys unter dem Laken sichtbar. Sie nahm das Leinen hoch, knäulte es zusammen und schmiss es auf den kleinen Sessel in der Ecke. Ihre flinken Finger flogen über die Tastatur und tippten Guns Nummer ein.
    Der Anruf erreichte den Inspektor auf der viel befahrenen Petchburie Road, auf der sich die Automobile Stoßstange an Stoßstange in Schach hielten. Gun war, nachdem er Toon abgesetzt hatte, ins Revier gefahren, um noch einigen Schreibkram zu erledigen. Die Yakuza-Geschichte war für die thailändische Polizei zu einem vielbeachteten Imagegewinn geworden. Da er seine Ruhe haben wollte, begrüßte er die Nachtschicht nicht. Essensgerüche strömten durch das Treppenhaus. Der Wachhabende im Kabäuschen verdaute sein Reisgericht und blickte auf den Fernsehschirm, als Gun durch das Treppenhaus huschte. Für den Mann hinter der Glasscheibe sollte es eine dieser ruhigen Büronächte werden. Später schaute Noi vorbei und hielt ein munteres Schwätzchen mit ihm. Unter normalen Umständen hätte Gun seinen Mitarbeiter auf diese lasche Arbeitsmoral angesprochen, aber in der jetzigen Situation war ihm dessen Fernsehbegeisterung recht gewesen.
    Noch das Handy ans Ohr pressend ließ Gun das Taxi am Straßenrand anhalten und bezahlte die Rechnung von 160 Baht. Wie gewöhnlich rundete er den Betrag auf. Dann winkte er ein vorbeifahrendes Motorradtaxi herbei und machte dem Fahrer klar, dass dieser auf Teufel komm raus Gas geben solle. Fünfzehn Minuten später stand Gun auf dem nassen Bürgersteig der Rambutri Road, einer Seitenstraße der Khaosan. Die Wasserpfützen auf dem Asphalt zeugten bereits von den ausgelassenen Wasserschlachten des Nachmittages, da die Khaosan das Privileg genoss, einen Tag früher in das Neujahrsfest eintauchen zu können.
    Gun verschwendete keinen Gedanken an das dreitägige Spektakel, das am nächsten Tag ganz Bangkok in Geiselhaft nehmen würde. Zu dieser Stunde waren die Helden der Khaosan müde und der Inspektor blieb von übermütigen Farangs verschont, die mit Wasserpistolen und Wassereimern Jagd auf Passanten machten. Weitere zwei Minuten später klopfte er an Toons Hotelzimmertür. Keine Regung drang aus dem Zimmer.
    „Machen Sie auf! Ich bins.“ Gun klopfte fester, während sein prüfender Blick dem hellerleuchteten Flur galt. Der Treppenaufgang lag um die Ecke und war nicht einsehbar. Grob überschlug er die Anzahl der Zimmer in dieser Etage auf sieben. Toons Umrisse hinter dem Milchglas erschienen. Sie rückte ein Möbelstück weg und öffnete zaghaft die Tür.
    Gun blickte in ein angsterfülltes Gesicht. Ihr Zustand widersprach dem Eindruck, den er auf dem Boot gewonnen hatte. Vorsichtig, aber furchtlos hatte er sie in der Khaosan zurückgelassen, so dachte er jedenfalls.
    „Endlich sind Sie da, Herr Inspektor“. Ihre Stimme bebte. „Der Mann sitzt draußen unter der Markise. Der linke Sitzplatz.“ Ganz selbstverständlich packte sie nach seinem Arm. Ihre feuchten Finger umgriffen sein Handgelenk. Gun spürte den Angstschweiß auf seiner Haut.
    „Haben Sie mal was zu trinken für mich?“
    „Tee?“
    „Ja, gerne.“
    Er löste ihre Umklammerung und ging zum Fenster. Mit zwei Fingern der rechten Hand zog er den Vorhang in der Mitte für wenige Zentimeter auseinander. Auf dem Sitzplatz links außen saß eine dunkelhäutige US-Amerikanerin.
    „Wenn der Motorradfahrer da war, ist er jetzt weg“, sagte Gun mit besorgter Stimmlage und blickte zu Toon hinüber, die mit dem Wasserkocher beschäftigt war.
    „Er muss Sie beim Reinkommen gesehen haben, Herr Inspektor.“
    „Möglich“, murmelte Gun. „Und Sie sind 100% sicher?“
    „Glauben Sie mir. In den letzten Monaten habe ich ein…“ Sie schnipste mit dem Finger und lächelte ihn an. „…ein Gespür für Gefahr entwickelt“.
     „Wenn Sie recht haben, dann sitzen wir hier oben in der Falle. Ich
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