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Songkran

Songkran

Titel: Songkran
Autoren: Erik Matti
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stehen. Thanee war von Guns ruhiger und sachlicher Art beeindruckt gewesen.
     „Herr Polizeichef, sind Sie noch dran?“, erkundigte sich Sakkarin, der sich einen reifen Scotch in sein Whiskeyglas einschenkte.
     „Und was erwarten Sie von mir?“
    „Sie müssen ihn überreden, dass Mädchen Ihnen oder uns zu übergeben. Den Rest erledigen wir.“
    „Das ist gegen unsere Abmachung, Khun Sakkarin. Sie haben mir versichert, dass Sie mich da raushalten!“
    „Ich weiß, Herr Polizeichef. Aber die Zeit drängt.“
    Der mächtige Thanee schwieg. Verloren wirkte er auf der kleinen Bogenbrücke.
    „Herr Polizeichef, Sie sind sein Vorgesetzter. Überzeugen Sie ihn, sagen Sie, dass es in seinem Interesse ist. Machen Sie ihm ein Angebot. Sagen Sie, dass das Mädchen straffrei ausgeht, wenn sie uns das C4 übergibt. Und dass der Fall zu den Akten gelegt wird, als ob er nie stattgefunden hätte. So etwas Ähnliches könnte Gun überzeugen. Herr Polizeichef?“
    „Ich kann Ihnen folgen. Und wenn Gun ablehnt?“, fragte Thanee und schluckte.
     „Das wäre schade für ihn. Hat er nicht eine Frau und einen Sohn?“, flüsterte Sakkarin ohne einen Hauch erkennbarer Empathie.
    „Sakkarin, reden Sie Klartext!“ Thanee ersparte sich die höfliche Anrede Khun .
    „Das Mädchen ist nicht zu retten. Guns Überleben hängt von seiner Kooperation ab.“
    „Und wenn ich bei Ihrem Plan nicht mitspiele?“
    „Dann erledigen wir die Sache auf unsere Weise.“
    „Sie werden gar nichts unternehmen, ohne meine Zustimmung, und schon gar nicht einen meiner Männer erschießen. Haben Sie das verstanden?“, brüllte Thanee ins Telefon und beendete das Gespräch.
    Angespannt umgriff seine freie Hand den Rand des Blumentopfes, der das Geländer der Brücke verschönern sollte. Die Veilchen darin blühten nicht mehr. Seine Fingernägel bohrten sich in die trockene Erde. Thanee wusste, dass er mit Sakkarin in einem Boot saß. Sein emotionaler Ausbruch am Telefon änderte nichts. Jetzt konnte er nur hoffen, dass Gun bei Sakkarins Plan mitspielte und alles reibungslos über die Bühne ging.
    Unbewusst entfernte sich Thanee vom Royal-Hotel. Er ging weiter über die Steinbrücke und blieb unter einer Baumallee am Straßenrand stehen. Eine Gruppe Straßenhändler packte ihr Hab und Gut ein und verlud es auf einen Leiterwagen. Ein vollbesetzter Bus raste über die breite Hauptstraße und zog eine qualmende Rußwolke in die Länge. Thanee schüttelte den Kopf. Die Nachtschichten aller Polizeireviere hatten seine strikte Order, die hemmungslosen Busfahrer aufzuspüren, die die nächtliche Innenstadt zur Rennstrecke umfunktionierten. Die Beschwerden der Bangkoker Bürger stapelten sich in den Büros des Magistrats und Thanee trug die Verantwortung für die Sicherheit auf den Straßen.
    Thanee verharrte am Bordsteinrand. Was ist, wenn Gun sich nicht auf das Angebot einlässt? grübelte er. Ein Winseln erreichte seine Ohren. Zwei Straßenköter paarten sich im Staub des Asphalts. Angewidert wandte er seinen Blick ab.
    Dann nahm er sein Handy und suchte Guns einprogrammierte Nummer in der Telefonliste, während er langsam zurück in Richtung Royal-Hotel ging.
    „Hier Polizeichef Thanee!“, begann er mit ruhiger Stimme, obwohl er alles andere als entspannt war.
    „Sir?“, antwortete Gun leise und drehte Toon seinen Rücken zu, als sei es ein Privatgespräch. Langsam ging er zum Fenster.
    „Gun, Sie sitzen tief in der Klemme, ist Ihnen das klar?“
    „Sir, ich weiß, aber…“
    „Kein aber! Gun, ich will, dass Sie da heil rauskommen. Aber dafür müssen Sie denen das Mädchen übergeben, sagen wir in der nächsten Stunde. Dann legen wir den Fall Nana Plaza zu den Akten, als ob er nie stattgefunden hätte. Ihre Personalakte bleibt sauber.“
    „Warum tun Sie das, Sir?“ Obwohl Gun die ganze Zeit geahnt hatte, dass Thanee in die Sache verwickelt war, wollte er es nicht glauben.
    „Es macht mir keinen Spaß, Gun, aber ich stecke zu tief drin in der Geschichte.“
    „Und was wird aus dem Mädchen?“
    „Das Mädchen hat eine Bombe gelegt und das Leben vieler Menschen gefährdet. Auch Ihres Gun. Sie haben doch die Bombe entschärft, oder? Ist Ihnen das klar?“
    „Ja, Sir. Aber meine Frage bleibt.“
    „Geht straffrei aus. Sie muss denen nur das C4 übergeben“,  entgegnete Thanee mit schlechten Gewissen.
    Ein Müllwagen rollte langsam an ihm vorbei und hielt an einem Haufen von Bastkörben, in denen überquellende Säcke und Tüten lagen.
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