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Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Titel: Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
Autoren: Stefan M. Fischer
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wäre ihr Mund versiegelt.
    Er kämpfte sich auf die Knie, dem Vollmond streckte er eine Hand entgegen.
    Plötzlich – ein Knacken! Feine Risse schlängelten unter ihm durch das ächzende Eis davon. Er sah auf, mit Panik in den Augen, und setzte zum Sprung an. Eisschollen stießen wie Zähne empor, das Flusswasser schluckte ihn. Noch einmal kämpfte er sich aus dem nassen Maul und schnappte nach Luft.
    »Hilfe«, gurgelte er und ruderte mit den Armen. »Hilfe!«
    Immer langsamer wurden seine Bewegungen, immer heiserer seine Rufe, bis er schließlich unterging. Alena sah durch die Eisdecke seine Umrisse. Der Fluss schleifte ihn fort. Jetzt erst konnte sie den Mund bewegen, konnte sich rühren. Sie schrie nach ihm, immer wieder, und stürzte die Böschung hinunter.
     
    Jemand rüttelte sie. »Wach auf!«
    Alena nahm verzerrt Magdalena wahr. Sie trug ein Nachthemd mit Tweety-Aufdruck und beugte sich über sie.
    »Du hast schlecht geträumt … hast im Schlaf nach deinem Papa gerufen.«
    Alena presste die Augen zusammen, konnte aber nicht verhindern, dass Tränen unter den Lidern hervorschlüpften. »Er fehlt mir so.«
    Magdalena wischte ihr über die Wangen. »Rutsch mal ein Stück.«
    Sie legten sich in dem schmalen Bett so gut es ging bequem hin, und bald schlief Magdalena tief und fest. Alena blieb noch lange wach. Sie wollte schlafen, sich zum Schlafen zwingen, schließlich musste sie für die Vorlesung ausgeruht sein. Doch die Angst hielt sie wach, die Angst vor einem neuen Traum.
     
    ***
     
    Der Hörsaal war gut gefüllt. Alena saß in einer der hinteren Reihen und kämpfte mit der schwindenden Konzentration. Die Tafel war mit einer Vielzahl an Formeln beschrieben. Der Professor legte die Kreide beiseite und setzte sich auf das Pult. Er ließ seine Beine schwingen, knapp über dem Holzboden, und betrach¬tete die Menge. Es war angenehm still, und Alena fragte sich, ob es an seiner Aura lag. Sie beobachtete ihre Sitznachbarn. Allesamt waren sie entschlossen, ihr Medizinstudium erfolgreich abzuschließen, das war den Gesichtern abzulesen. Sie würden nach Prag gehen, Ostrau, viel¬leicht ins Ausland. Alena fragte sich, wohin ihr Weg führte. War Ärztin das, was sie wirklich werden wollte? Warum gerade jetzt diese Zweifel? Es gab doch sonst keinen Ausweg aus diesem Leben.
    Du wirst einmal eine großartige Ärztin sein und den Menschen helfen, stärkte sie sich mit innerer Stimme.
    »Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!« Die Stimme des Professors war ohne Gefühl. Sicher hatte er kein Verständnis für Schwäche. Alena wusste nicht, ob sie seine Disziplin bewundern oder fürchten sollte.
    Der Geräuschpegel stieg rasch. Die Studenten packten ihre Sachen zusammen. Schuhe quietschten auf dem Linoleum, während die Leute dem Ausgang zuströmten. Die Zwischenrufe und Gesprächsfetzen ver-mischten sich zu einem unverständlichen Stimmengewirr.
    Alena blieb sitzen, öffnete die Knöpfe ihrer Strickjacke und tippte mit dem Fuß gegen das Stuhlbein, während sie das Blatt Papier vor sich betrachtete, das nur mit wenigen chemischen Formeln beschrieben war. Die Wörter und Symbole verschwammen vor ihren Augen.
    Konzentrier dich! Sie versuchte, sich an die unterschiedlichen Krank-heitsbilder und deren biochemische Erkennung zu erinnern. Sie rieb sich die Augen und ließ den Blick durch den Saal schweifen. Die Ränge hatten sich geleert und die letzten Studenten verschwanden durch den Ausgang, während der Professor die Folie vom Projektor nahm.
    Als Alena sich noch einmal den Formeln zuwandte, war die Schrift wieder deutlich zu entziffern. Einzig die Logik der Notizen erschloss sich ihr nicht, egal wie angestrengt Alena sie betrachtete. Es schien, als fehlte es den Zahlen und Buchstaben an Bedeutung.
    Wie meinem Leben, dachte sie und schweifte wieder ab. Symbol für Symbol reihte sich anscheinend sinnlos aneinander wie die Tage in ihrem Dasein. Sie fühlte sich wie eine schön geschriebene Worthülse in einer belanglosen Geschichte. Mit dem Kugelschreiber tippte sie auf den leeren Teil des Blattes, als sendete sie um Hilfe bittende Morsezeichen.
    Jetzt reiß dich endlich zusammen. Das hier ist wichtig.
    Dennoch schienen die Buchstaben immer wieder ihre Konturen zu verlieren und ineinanderzufließen. Sie legte den Kugelschreiber ab und stützte die Ellenbogen auf.
    Am liebsten würde ich mir die Gedanken aus dem Schädel quetschen, dachte sie, während ihre Handballen die Schläfen massierten.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Der
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