Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommersturm

Sommersturm

Titel: Sommersturm
Autoren: Olaf Buettner
Vom Netzwerk:
gelassen. „Oder sie wollen eine
Überraschungsparty für mich geben.“
    Wir
waren bei der Schule angekommen. Ich wollte hineingehen, aber Henry hielt mich
zurück. „Ich würde das nicht auf die leichte Schulter nehmen“, sagte er. „Wenn‘s
eine Party wird, dann wirst du dabei nichts zu lachen haben.“
    Mit
einem ärgerlichen Ruck befreite ich mich. „Solche Partys interessieren mich
nicht“, sagte ich ruhig.
    Henry
blieb stehen, während ich weiterging. „Julian!“ rief er mir hinterher. Ich drehte
mich um. „Ja?“
    „Wenn
die Sache ernst wird: Auf mich kannst du zählen.“ Und nach einer kurzen,
verlegenen Pause: „So einen Freund wie dich hatte ich noch nie.“
    Ich
bekam eine Gänsehaut, es war ein besonderer Augenblick. „Danke“, sagte ich
schlicht.
     Den
ganzen Vormittag gingen mir immer wieder seine Worte durch den Kopf, von wegen
Freund. Dabei wurde mir klar, dass ich selbst noch nie einen wirklichen Freund
gehabt hatte. Bekannte ja, Kumpels vielleicht, Leute, mit denen ich manchmal
abhing, aber darunter war nie einer gewesen, dem ich wirklich getraut hatte.
Irgendwie war ich immer ein Einzelgänger gewesen war und es hatte mir nichts
ausgemacht. Mir fiel das Versprechen wieder ein, das ich Henry wegen Luisa
gegeben hatte. Ich nahm mir fest vor, es nicht noch einmal zu vergessen.
     
    „Irgendjemand
hat Roger die Hinterreifen am Auto zerstochen“, sagte Betty. „Kannst du dir
vorstellen, wer in dieser Gegend so was macht?“
    Sie
hatte uns ein paar Rühreier in die Pfanne gehauen. Wir saßen am Tisch und
stocherten darin herum. Sie musterte mich argwöhnisch.
    „Ist
es denn hier in der Gegend passiert?“, fragte ich.
    „Direkt
vor unserem Haus. Als er heute Morgen losfahren wollte, waren die Reifen
platt.“ Sie fixierte mich eindringlich.
     „Na
so was“, sagte ich lahm und schob den Teller mit dem Rest Rührei zur Seite.
„Verdächtigst du etwa mich?“
    „Ich
weiß nicht“, sagte sie. Ihr Teller war inzwischen so leer gekratzt wie die
Mondoberfläche. Betty legte die Gabel drauf und zündete sich eine Zigarette an.
Sie sah sehr nachdenklich aus. „Warst du es?“
    Ich
stand auf und räumte den Tisch ab. „Warum sollte ich so was tun?“
    „Das
frage ich mich auch die ganze Zeit“, sagte Betty. „Wenn ich eine passende
Antwort hätte, würde ich denken, dass du es warst.“
    „Aber
du hast sie nicht, die passende Antwort?“
    „Nein.“
    „Dann
wird es wohl keine geben. Wo ist das Problem?“
    Ich
hatte die Teller im Geschirrspüler verstaut, lehnte mich an den Schrank und
verschränkte abwartend die Arme vor der Brust.
    „Gibt
es wirklich keins?“ Betty ließ nicht so leicht locker.
    „Nicht
das ich wüsste“, sagte ich. „Oder doch: Ein Problem gibt es da schon.“ Ich ging
zur Küchentür.
    „Welches?“
    „Ich
muss bis morgen ein Referat fertig haben. Ich brauche den ganzen Nachmittag
dafür. Stör mich also nicht.“
    „Keine
Angst“, sagte Betty leichthin und stand ebenfalls auf. „Ich bin sowieso nicht
zu Hause. Roger holt mich gleich ab. Wir fahren zusammen an den Strand.“
    Bettys
Worte trafen mich wie eine Ohrfeige. Ich schaffte ich es gerade noch, mich aus
der Küche in mein Zimmer zu schleichen, wo ich versuchte, meine Gedanken zu
ordnen.
    Bis
jetzt hatte ich selbst die Aktion Platte Reifen als schlechten Scherz
mit ernstem Hintergrund verbucht. Nun aber wurde mir klar, dass sie eine
Kriegserklärung war mit nur einem Ziel: Roger sollte verschwinden! Betty aber
war bereits zum Gegenangriff übergegangen: Sie würde sich mit Roger an unserem Strand tummeln. Höchstwahrscheinlich auf unserer Decke. Und wer wusste
schon, was sie dort trieben? Allein bei der Vorstellung sträubten sich mir die
Nackenhaare.   

 
    8
     
    Warum
auch immer: ein paar der Mädchen in meiner Schule dachten, es könne nicht
schaden, mir zu gefallen. Sie hielten es für einen Volltreffer, wenn ich sie
gut fand. Diese Situation konnte mir nur nützlich sein bei meinem Plan, eine
Freundin für Henry zu suchen. Dass er sich allerdings ausgerechnet Luisa
ausgeguckt hatte, fand ich doch ziemlich hochgestochen.
    Sie
war viel selbstbewusster als die anderen und schon deshalb nicht leicht zu kriegen.
Außerdem hatte sie noch etwas, das die anderen nicht hatten. Etwas, für das ich
keinen Namen hatte. 
    Je
öfter ich sie sah, umso hübscher erschien sie mir. Sie war schlank und zart,
nicht klein, aber auch nicht schlaksig oder so. Ihr langes, mittelblondes Haar
hatte sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher