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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln
Autoren: Mary Kay Andrews
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dass es zu spät war?«
    Sallie warf die nächste Zigarette in die Spüle, stellte das Wasser und dann den Müllzerkleinerer an. Das metallische Rasseln erfüllte den Raum, bis sie wieder abschaltete. Sie wusch sich die Hände, trocknete sie ab und rieb sich dann beide tadellos manikürten Hände mit Feuchtigkeitscreme ein.
    »Ich habe meinen Mann geliebt«, sagte sie ruhig. »Ich habe mich bis zum bitteren Ende um ihn gekümmert. Beweis mir das Gegenteil!«
    »Du hast recht. Ich kann dir nichts beweisen«, sagte Annajane. »Aber das muss ich auch nicht. Mason und Pokey stellen sich bereits dieselben Fragen. Sie weigern sich noch zu glauben, wozu du fähig bist. Aber ich weiß es. Und du auch. Und das reicht mir.«
    Annajane ließ Sallie in der Küche stehen. Sie ging allein zur Haustür und drehte sich nicht mehr um. Es war, hatte sie beschlossen, ihr letzter Besuch in Cherry Hill gewesen.

55
    Mason fuhr auf das Gelände der Pinecone Motor Lodge und parkte vor Annajanes Cottage. Es war Freitagabend, eine Woche vor Memorial Day, und sie schob die Hochzeit immer noch vor sich her, weigerte sich einfach, aus dem verdammten Pinecone auszuziehen. Sicher war es ganz nett hier, fand Mason, aber er hatte es satt, Katze und Maus mit Annajane zu spielen. Zweimal drückte er auf die Hupe. Keine Reaktion. Er würde sich Mühe geben müssen. So wie sie es wollte. Er ging zur Tür und klopfte.
    »Wer ist da?«, rief sie.
    »Hier ist der böse Wolf«, antwortete er. »Mach die Tür auf, sonst …«
    Die Tür schwang auf. Barfuß stand Annajane in einer weißen kurzen Hose und einem ausgeleierten Trikot der Braves vor ihm. Sein Glückstrikot. »Was ist sonst?«, fragte sie provozierend lässig.
    Lächelnd zog er an ihrer Hand. »Komm!«, sagte er. »Ich möchte dir was zeigen.«
    »Jetzt sofort?«, protestierte sie. »Mason, ich habe noch zu tun. Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich keine Zeit habe. Ich komme morgen früh rüber, aber jetzt …«
    »Jetzt kommst du mit mir«, sagte er. »Bitte!«
    »Dann muss ich mich aber kurz umziehen«, sagte Annajane. »Ich sehe unmöglich aus. Ich wollte mir noch die Haare waschen.«
    »Du siehst gut aus. Nein: perfekt. Lass uns fahren!«
    Schließlich konnte sie ihn überreden zu warten, damit sie Turnschuhe anziehen und ihr Handy mitnehmen konnte, aber fünf Minuten später rollten sie im Chevelle durch die Stadt, mit offenem Verdeck und Journey auf voller Lautstärke.
    »Verrätst du mir, was das für eine Überraschung ist?«, fragte sie.
    »Nein, wart’s ab!«, gab Mason zurück.
    Als sie sich dem Tor von Cherry Hill näherten und Annajane das diskrete Zu-verkaufen -Schild sah, wurde sie still. Vor sechs Wochen hatte Sallie verkündet, sie würde die Immobilie auf den Markt bringen, und war mir nichts, dir nichts zu ihrem neuen Haus in Highlands, North Carolina, aufgebrochen.
    Das verrostete schmiedeeiserne Tor stand offen, Mason manövrierte den Wagen in die Auffahrt.
    »Mason«, sagte Annajane voller Unbehagen. »Hör mal, ich weiß ja, dass du hier groß geworden bist und so, aber ich möchte heute Abend wirklich nicht hoch ins Haus.«
    »Entspann dich«, sagte er und zog sie über den Sitz an sich heran. »Ich habe auch kein Interesse, dahin zu gehen.«
    »Nie mehr?«
    Sein Kiefermuskel zuckte leicht. »Mama hat mir angeboten, es zu kaufen. Ich habe dankend abgelehnt. Pokey will es auch nicht haben.«
    »Was ist mit Davis?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte er. »Hab nicht mit ihm gesprochen. Aber ich bezweifele, dass Sallie es ihm geben würde. Auch wenn die beiden eng zusammenhalten, wird sie wissen, dass Davis das Haus auf der Stelle abreißen würde. Sallie hat eine komische Beziehung zu dem Haus. Sie will nicht mehr drin wohnen, aber abgerissen werden soll es auch nicht.«
    »Ich bin immer noch schockiert, dass sie es zum Verkauf anbietet«, sagte Annajane.
    »Tja, sie weiß ja selbst, dass niemand hier in der Gegend drei Millionen Dollar hat, um Cherry Hill zu kaufen. Das ist ihre Art, allen in Passcoe eine lange Nase zu drehen.«
    »Insbesondere mir«, bemerkte Annajane.
    Mason bog in den Weg ein, der zum Haus am See führte, und zu Annajanes Überraschung war er nicht mehr unbefestigt. Er war vor so kurzer Zeit asphaltiert worden, dass sie noch den Teer riechen konnte. Auch das Gestrüpp war beigeschnitten worden, die mächtigen alten Eichen waren von ihrem Bewuchs befreit worden, am Straßenrand waren Liguster und Unkraut entfernt, man hatte die Seiten mit neuer Erde
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