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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln
Autoren: Mary Kay Andrews
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angefüllt und kleine Sträucher gepflanzt. Annajane erkannte Büschel von Azaleen, Rhododendren und Kamelien.
    »He!«, sagte sie und reckte den Hals, um die neue Bepflanzung zu begutachten. »Was ist denn hier passiert?«
    »Der neue Besitzer hat einiges verändert«, sagte Mason.
    »Hat Sallie das Seehaus verkauft?« Annajane machte sich nicht die Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen.
    »Sie ist ja eh nie hier gewesen«, sagte Mason mit leichter Verbitterung in der Stimme. »War für ihren Geschmack zu schlicht.«
    »Du warst immer der Einzige in der Familie, der sich wirklich was aus dem See und dem Häuschen gemacht hat«, sagte Annajane. »Hättest du mir doch vor dem Verkauf Bescheid gesagt! Es wäre schön gewesen, sich noch ein letztes Mal umzusehen, der alten Zeiten zuliebe.«
    »Das tun wir ja jetzt«, sagte Mason. »Ein letztes Mal, der alten Zeiten zuliebe.«
    Als sie sich dem Cottage näherten, erhaschte Annajane durch die Bäume den Blick auf etwas Stahlblaues.
    »Was ist denn hier passiert?«, fragte sie und erhob sich auf ihrem Sitz.
    »Siehst du gleich«, sagte er.
    Ohne das Gewirr aus umgekippten Kiefern, wuchernden Sträuchern und Ligusterbüschen stand das alte Cottage nun stolz da und blickte hinab auf den See, der jetzt ebenfalls zu sehen war. Das Stahlblaue, das Annajane gesehen hatte, entpuppte sich als riesige Folie, die über das Dach gespannt war.
    Erleichtert seufzte sie auf. »Wenigstens wurde es nicht abgerissen«, sagte sie und sah Mason an. »Wenn das Dach gemacht wird, haben die neuen Besitzer ja vielleicht vor, es zu renovieren?«
    »Kann sein«, antwortete er und hielt mit dem Sportwagen auf einem Schotterparkplatz, der neben dem Häuschen angelegt worden war. »Wer auch immer das Cottage gekauft hat, besitzt offenbar mehr Geld als Verstand.« Er wies am Haus vorbei. Selbst in der Dämmerung konnte Annajane große Stapel von Holz und anderem Baumaterial sehen. Dahinter erkannte sie neue Pfähle, die in den See gesetzt worden waren. »Die haben sogar angefangen, den Anleger zu erneuern. Ist das zu fassen?«
    »Wir haben ja auch oft drüber gesprochen«, sagte Annajane leise. »Weißt du noch? Wir wollten uns ein zweistöckiges Bootshaus bauen, mit einem Kamin und einer Aussichtsetage obenauf.«
    »Und mit einer verglasten Veranda, auf der man schlafen kann«, fügte Mason hinzu. Er stieg aus dem Wagen, ging um die Motorhaube herum und öffnete Annajane die Tür. »Komm! Werfen wir mal einen Blick hinein!«
    »Nein«, sagte sie. »Ich will das nicht sehen. Das war unser ganz besonderer Ort, Mason. Auch als es vergammelt und verfallen war, hoffte ich immer still bei mir, dass wir eines Tages doch noch hierher zurückfinden würden. Jetzt zu wissen, dass das nicht mehr geht, auch wenn es immer unrealistisch war, finde ich unerträglich traurig.«
    »Nur ein kleiner Blick«, bettelte Mason. »Bist du denn kein bisschen neugierig?«
    »Nein«, sagte Annajane stur. »Ehrlich, können wir jetzt einfach zurück ins Pinecone fahren? Damit ich mich eine Stunde in Selbstmitleid suhlen kann?«
    »Später«, sagte Mason.
    Widerwillig ließ sie sich zur Eingangstür führen, wobei ihr die frisch angelegten Blumenbeete und der neu gepflasterte Weg aus alten Backsteinen auffielen. Schließlich erreichten sie die Tür des Cottage, die neu geschliffen und in einem strahlenden Lavendelblau gestrichen war.
    »Zumindest haben sie meine Farbe für die Tür behalten«, bemerkte Annajane. Sie wies auf den alten Messingtürklopfer, der aufpoliert worden war, aber nicht golden funkelte, sondern den weichen Farbton alten Messings hatte. »Die alten Türangeln haben sie auch erhalten, sogar den Klopfer!«
    Mason zog einen Schlüssel aus der Tasche und sagte nur, als er ihre Verwunderung sah: »Der neue Besitzer ist ein anständiger Kerl.«
    Er ließ Annajane zuerst eintreten. Von außen war das Cottage so gut wie unverändert, von innen war es hingegen kaum wiederzuerkennen. Der enge, winzige Flur war nicht mehr da. Es gab überhaupt keine Wände mehr.
    Annajane stand in einem großen, luftigen Raum. Es roch nach Sägemehl und Kiefernholz, und der Rest des Tageslichts fiel durch eine Reihe von neuen Fenstern ein, die auf den See gingen. Sie waren geöffnet, und eine leiche Brise wehte vom Wasser herüber. Die Gipsdecke mit den Wasserflecken war fort, stattdessen sah man jetzt vom Alter nachgedunkelte Deckenbalken. Die alten Bodendielen waren zerkratzt und staubig, aber unversehrt.
    »Ach, du meine Güte!«,
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