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Sommermond

Titel: Sommermond
Autoren: M. Hart
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fortfuhr. „Darf ich fragen, was Sie hier zu suchen haben?“
    Die Frage machte Alex nur umso wütender. Dennoch bemühte er sich, die Fassung nicht zu verlieren.
    „Reicht es Ihnen nicht, was Sie uns angetan haben?“
    Daraufhin mischte sich zum ersten Mal Bens Mutter ein: „Peter, lass doch!“
    Doch ihr Mann sprach ungehemmt weiter, ließ sich nicht von dem Besänftigungsversuch seiner Frau irritieren. Stattdessen schritt er zielstrebig auf Alex zu und funkelte ihn vorwurfsvoll an. „Sie schießen auf meinen Sohn …“ Er stockte und blieb etwa einen halben Meter vor Alex stehen. „… und wagen es noch, hier aufzutauchen?“
    „Kann ich ahnen, dass Sie hier sind?“, entgegnete Alex.
    „Alex, du solltest besser gehen!“, mischte sich nun Nick ein und versuchte streng zu wirken.
    „Ich soll gehen?“ Alex lachte sarkastisch auf. „Aber dafür, bei uns zu wohnen, reicht’s, was?“
    „Das ist eine Sache zwischen uns und Johannes und geht Sie nichts an“, erwiderte Peter schroff.
    „Mich geht’s mehr an als ihn da“, gab Alex zurück und nickte in Nicks Richtung.
    Jetzt trat auch Bens Mutter einen Schritt näher und brachte sich erneut ein.
    „Ben und Nick waren jahrelang ein Paar –“, begann sie.
    Doch bevor sie weiter sprechen konnte, unterbrach Alex sie. „Ja, w a ren .“
    „Nick hat ein Recht, hier zu sein“, fügte Peter Richter hinzu. „Ben kann jetzt einen guten Freund gebrauchen.“
    Alex spürte, wie sein Körper eine Dosis Adrenalin nach der nächsten freisetzte. Innerlich war er aufgewühlt und überreizt. Es fiel ihm schwer, die Beherrschung zu behalten. Am liebsten hätte er laut kund getan, was Sache war, bekam die Worte allerdings nicht über die Lippen.
    „Ich habe nicht auf Ben geschossen“, sagte er stattdessen und sprach wohlüberlegt klar und deutlich.
    „Das überlassen wir doch besser der Polizei“, meinte Bens Vater.
    „Die würden mich ja wohl kaum laufen lassen, wenn ich noch immer unter Verdacht stehen würde.“
    „Du hättest den perfekten Grund gehabt“, mischte Nick sich nun wieder ein. „Du konntest Ben doch noch nie leiden.“
    „Halt dich gefälligst daraus, sonst …“, drohte Alex.
    „Sonst was?“, hakte Peter Richter nach. „Vergehst du dich sonst auch an ihm?“
    Diese Worte waren zu viel für Alex. Nun schaffte er es nicht mehr, seine Wut länger zurückzuhalten. Doch gleichzeitig erschwerte es ihm die enorme Fassungslosigkeit über die soeben gesprochene Aussage, die richtigen Worte zu finden. So schüttelte er letztendlich nur ungläubig den Kopf und taumelte rückwärts zur Tür zurück. Bens Mutter pulte derweilen eine Boxershorts von Alex aus dem Bett. Offenbar hielt sie das Teil für eines von Bens Klamotten. Gerade als sie sie in die Tasche stopfen wollte, schritt Alex auf sie zu und riss sie aus ihrer Hand.
    „Das“, sagte er und knüllte das Stück Stoff in seinen Händen zusammen, „ist meine.“
    Als er seinen Blick darauf von Antlitz zu Antlitz schweifen ließ, erntete er drei verwunderte Blicke. In diesem kurzen Moment fühlte er sich erhaben und genoss den innerlichen Triumph. Er drehte sich um und ging zur Tür. Dabei stahl sich ein schadenfrohes Grinsen auf seine Lippen. An der Tür blieb er ein letztes Mal stehen, verfinsterte seine Miene künstlich und drehte sich noch einmal zu Nick um.
    „Ben hat hier schon einen guten Freund“, zischte er. „Also verpiss dich!“
    Erwidert wurde nichts mehr.
    Alex schüttelte noch einmal kaum merklich den Kopf, bevor er das Zimmer in schnellen Schritten verließ. Er eilte die Treppen des Hotels hinunter, huschte zur Rezeptionistin und ließ sich ein Taxi rufen. Die ganze Aufregung hatte es tatsächlich geschafft, die Müdigkeit aus seinen Gliedern zu jagen. Stattdessen packte ihn nun ein enormer Tatendrang. Vor allem aber wusste er nun, dass er sich von nichts und niemanden verbieten ließ, was er zu tun und lassen hatte. Jetzt war er sich sicher, dass ihn keiner davon abhalten konnte, Ben zu besuchen. Nicht einmal dessen Eltern. Er wollte Ben sehen. Er musste ihn sehen – einfach, um ihm nahe sein zu können. Denn auch wenn sein Verstand in den letzten Stunden nicht mehr einwandfrei funktionierte, war ihm mehr als bewusst, was für ein Glück es war, dass Ben überlebt hatte.

3
    Immer noch konnte Ben an nichts anderes als Alex denken. Er verfluchte seine Situation, vor allem die erschwerende Tatsache, kein Handy dabei zu haben. Die Minuten schlichen gähnend davon, so dass eine
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