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Solomord

Solomord

Titel: Solomord
Autoren: Sandra Duenschede
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sonst war es am Ende auch für Marie zu spät.

    »Hast du die Nachbarin von Wagners Mutter erreicht?« Teichert nickte.
    »Aber angeblich wusste sie nichts. Kam mir allerdings eher so vor, als wolle sie nichts wissen. Hat mich ziemlich schnell abgewimmelt. Wahrscheinlich ist es ihr peinlich, mit der Mutter eines Mörders unter einem Dach gelebt zu haben.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen. Die ist doch eher wie Frau Lüdenscheidt – froh, wenn sie was zu erzählen hat. Vielleicht hatte sie Besuch. Da sollte vielleicht doch noch einmal einer vorbeifahren. Ich versuche auch gleich, meine Nachbarin endlich zu erreichen. Die hat sich nämlich noch nicht gemeldet.«
    Er griff zum Telefonhörer und wählte Frau Lüdenscheidts Nummer. Doch auch nach dem zehnten Klingeln nahm niemand ab. Er fragte sich, wo die ältere Dame sich wohl schon wieder herumtrieb.
    Um zehn Uhr trafen sie sich zur Lagebesprechung. Bruns war fürchterlich aufgebracht.
    »Wie konnten Sie Teichert das Verhör führen lassen?«, keifte er Brandt über den Tisch hinweg an. »Das war doch abzusehen, dass Wagner bei der direkten Konfrontation durchdrehen würde. So labil, wie der offensichtlich war.«
    Er reagierte nicht auf die Schelte des Staatsanwalts, sondern versuchte, das Thema auf den in seinen Augen nun weitaus dringenderen Teil ihrer Ermittlungen zu lenken.
    »Ich befürworte, dass wir uns über die Medien nochmals an die Bevölkerung wenden.«
    »Damit auch jeder mitbekommt, wie unprofessionell wir hier arbeiten?«
    Brandt schüttelte seinen Kopf.
    »Darum geht es doch momentan nun wirklich nicht. Wenn wir das Mädchen nicht bald finden, ist es zu spät. Dann wird man uns erst recht wieder als unfähig bezeichnen. Wenn Marie stirbt, sind wir schuld. Momentan ist nur der Täter tot, aber mit dem hat eh keiner Mitleid. Der ist den Leuten doch scheißegal. Aber das Mädchen, die kleine unschuldige Marie, die muss leben. Das allein zählt, und dafür sollten wir alle Hebel in Bewegung setzen.«
    Schirmer warf ihm einen warnenden Blick zu. Brandt hatte sich völlig in Rage geredet und einen scharfen Ton angeschlagen. Unter normalen Umständen hätte er sich sofort eine Verwarnung von Bruns dafür eingefangen. Aber der stand selbst dermaßen unter Druck, dass er ohne weitere Einwände dem Vorschlag zustimmte.

20
    Am nächsten Morgen dominierte Marie Priebes Foto das Titelblatt der ›Rheinischen Post‹.
    Brandt trank seinen Kaffee im Stehen und blätterte durch die Zeitung, als Lore die Küche betrat. Es war bereits halb acht und sie trug noch ihren Bademantel.
    »Ich bin krank«, antwortete sie auf seinen fragenden Blick hin und er nickte wortlos. Unter normalen Umständen hätte er ihr diese Ausrede nicht durchgehen lassen. Aber diesmal machte er eine Ausnahme. Ein normaler Unterricht fand zurzeit vermutlich sowieso nicht statt. Außerdem war ihr deutlich anzusehen, wie sehr sie die Sorge um die Mitschülerin mit Angst erfüllte.
    »Ich ruf Oma an. Sie soll später nach dir sehen.«

    Im Präsidium herrschte bereits Hochbetrieb. Schirmer hatte veranlasst, dass sämtliche Orte, zu denen Wagner einen Bezug gehabt hatte, gründlich untersucht wurden.
    »Ein Trupp ist nochmals zum Gelände des Sportvereins, Marcus’ Leute sind raus zur Glashütte gefahren und ihr solltet euch ein weiteres Mal Wagners Wohnung vornehmen. Vorher ist allerdings eine weitere Pressekonferenz anberaumt, bei der ich dich gern dabei hätte.«
    Das hatte Brandt sich beinahe gedacht, denn die Situation war angespannt, die Zeit drängte.

    Die Luft in dem überfüllten Raum war zum Schneiden und er schwitzte schon, noch ehe sich die Meute von Journalisten überhaupt mit ihren Fragen auf sie gestürzt hatte. Wie immer gab Schirmer zunächst einen Bericht über den Ermittlungsstand. Doch kaum hatte sein Vorgesetzter das letzte Wort ausgesprochen, da schnellten schon die ersten Arme in die Luft.
    Zunächst stellten die Reporter relativ harmlose Fragen. Ob denn Beweise vorlägen, die Michael Wagner eindeutig als Täter identifizierten, und ob er auch mit dem Fall Michelle Roeder in Verbindung stand. Schirmer antwortete mit gewohnt ruhiger Stimme, vermied es aber, auf Details einzugehen.
    Doch dann ging’s schließlich ans Eingemachte. Wie es denn zu dem Selbstmord Wagners überhaupt hatte kommen können. Ein junger Mann mit Geheimratsecken und Nickelbrille stellte mehrere äußerst provokative Fragen.
    »Ist es wahr, dass Michael Wagner sich aufgrund Ihrer Verhörmethoden
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