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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)
Autoren: William Boyd
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Scheck ausstellte und ihm kurz hinterherwinkte, als er davonfuhr. Bond wich vom Fenster zurück, als sie den Vordereingang aufschloss.
    Er eilte zum oberen Treppenabsatz. So konnte er die Anrufe verfolgen, die Bryce Fitzjohn reihenweise von ihrem Telefon auf dem Tischchen in der Diele aus erledigte. »Ja«, hörte er sie sagen, »schon wieder ich. Ein Albtraum … Nach der Panne in Kingston … wurde es noch schlimmer … Totalausfall … «; »Hallo, Darling, es tut mir ja so leid … Nein, aufgeschoben ist nicht aufgehoben … «; »Allein auf weiter Flur, niemand wollte mir helfen … drei Stunden musste ich warten, nachdem ich dich am Telefon gebeten hatte, eine Werkstatt aufzutreiben … «; »Und dann meinte der Mann, er hätte das Auto repariert, aber es funktionierte trotzdem nicht … Richtig, da musste ich mir eine andere Werkstatt suchen … Was für ein beschissener Tag … Genau, ich tröste mich gleich mit einem heißen Bad und einem großen Gin Tonic … «; »Auf bald, meine Liebe … Ja, furchtbar schade … ich hatte schon alles vorbereitet … Nein, wir holen es nach, versprochen … «. Und so ging es noch minutenlang weiter, bis sie sämtliche geladenen Gäste erreicht hatte.
    Noch während er lauschte, dachte Bond über die bestmögliche Vorgehensweise nach. Sollte er sich zu erkennen geben? Oder sollte er versuchen, sich unbemerkt davonzuschleichen? Er hörte sie in die Küche gehen und kurz darauf wieder in die Diele treten, auf die Treppe zu. Bond versteckte sich hastig im Gästezimmer. Dann hörte er, wie sie am oberen Treppenabsatz die Schuhe von den Füßen schleuderte, er hörte Eiswürfel klirren und ein paar Sekunden später Wasser in die Wanne laufen. Vorsichtig linste er durch den Türspalt. Die Tür zu ihrem Schlafzimmer stand offen, so dass er sie teilweise beim Ausziehen beobachten konnte, während sie im Zimmer umherging und sich dabei die Kleider vom Leib riss – wie ein Striptease im Sprungschnitt. Er trat ganz leise in den Flur und erhaschte ihr Bild im Spiegel der Frisierkommode. Sie trug einen roten Büstenhalter mit passendem Höschen, und ihre Haut war schneeweiß. Er sah, wie sich die Mulde ihrer Wirbelsäule vertiefte, als sie nach hinten griff, um den BH -Verschluss zu öffnen. Und dann verschwand sie aus seinem Blickfeld.
    Bond trat in das Gästezimmer zurück. Dieser Akt von unfreiwilligem Voyeurismus hatte ihn sowohl erregt als auch unangenehm berührt. Alles schien so harmlos und nachvollziehbar: Die Party sollte wirklich stattfinden – dann wurde sie abgeblasen, weil Bryce Fitzjohn auf der Rückfahrt nach London in Kingston eine Autopanne gehabt hatte. Also war es am Ende doch keine süße Falle, sondern alles nur reiner Zufall. Trotzdem war es besser gewesen, auf Nummer sicher zu gehen und sich später nicht mehr fragen zu müssen, ob das Ganze aus welchen Gründen auch immer als geschickte Verführung geplant war.
    Er schlüpfte wieder in den Flur, zog die Tür hinter sich zu und verharrte einen Augenblick auf dem Treppenabsatz. Es war still. Offensichtlich war sie in die Wanne gestiegen und genoss ein ausgiebiges Bad. Kurz gab er sich der abwegigen Vorstellung hin, sie zu überraschen – bloß nicht, das wäre purer Wahnsinn, verschwinde, solange du noch kannst. Er stieg über die verstreuten Stöckelschuhe und eilte die Treppe hinunter ins Arbeitszimmer. Auf einem Bogen ihres Briefpapiers schrieb er: »Danke für den Cocktail. James«, und beschwerte ihn mitten auf dem Schreibtisch mit seinem leeren Whiskyglas. Wie sie sich das wohl zusammenreimen würde? Er freute sich über seinen kleinen Streich, ohne sich darum zu kümmern, wie sein Verhalten aus professioneller Sicht zu bewerten war. Zum Teufel damit – heute war er nicht im Dienst. Bond ging zur Vordertür hinaus, schloss sie leise hinter sich und schlenderte mit den Händen in den Taschen lässig zum geparkten Jensen.
    Bond fuhr auf direktem Weg nach Chelsea zurück, ohne das Potential des Wagens auch nur ansatzweise zu testen, weil er in Gedanken vollauf mit dem beschäftigt war, was er gesehen hatte. Vor seinem inneren Auge tauchten Bilder von Bryce beim Entkleiden auf – das Rot des Büstenhalters, in scharfem Kontrast zu ihrer Alabasterhaut; wie sie ihr Höschen mit einem Finger über der Powölbung zurechtzupfte. Was hatte diese Frau, diese fast völlig Fremde nur an sich, das ihm keine Ruhe ließ? Vielleicht lag das Prickelnde dieser flüchtigen Eindrücke daran, dass er bei ihr eingebrochen
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