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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)
Autoren: William Boyd
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ehrfürchtiger, beinah brüchiger Stimme. »Mit Allradantrieb.« Er öffnete die Fahrertür. »Steigen Sie ein, Mr Bond, so bekommen Sie ein Gefühl für die Proportionen.«
    Bond glitt in den Fahrersitz und legte die Hände um den Holzrand des Lenkrads, während er die Messanzeiger auf dem Armaturenbrett in Augenschein nahm und den Duft des neuen Leders einsog. Die Wirkung war aphrodisisch.
    »Machen Sie doch eine Spritztour«, regte Brian an.
    »Dazu hätte ich große Lust«, sagte Bond.
    »Nur zu, Mr Bond. Probieren Sie ihn auf der Autobahn aus, geben Sie tüchtig Gas. Sie werden staunen. Lassen Sie sich ruhig Zeit, Sir.«
    Bond überlegte. »Gut. Wann schließen Sie? Ich werde sicher ein paar Stunden unterwegs sein.«
    »Ich arbeite heute spät. Bis zehn bin ich hier. Bringen Sie den Wagen einfach zum Hintereingang und klingeln Sie am Tor.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Bond und ließ den Motor an.
    Als er den Jensen auf der A316 Richtung Twickenham beschleunigte, hatte Bond das Gefühl, eher in einem niedrig fliegenden Flugzeug zu sitzen als in einem Auto. Durch die breite, geschwungene Windschutzscheibe fiel massenhaft Licht, und der kraftvoll dröhnende Motor hörte sich an wie ein heulender Düsenantrieb. Dank des Allradantriebs konnte er selbst enge Kurven nehmen, ohne die Geschwindigkeit nennenswert zu drosseln. Wenn er an roten Ampeln hielt, starrten die Passanten den im Leerlauf tief schnurrenden Wagen unverhohlen an, drehten sich nach ihm um, zeigten mit dem Finger auf ihn. Wollte man sein Selbstwertgefühl mit einem Auto steigern, würde sich der Jensen FF dafür perfekt eignen, dachte Bond. Nicht, dass er das nötig gehabt hätte, sinnierte er, als er bei Grün wieder Gas gab und die Beschleunigung ihn in den Sitz drückte, während er einen Sunbeam Alpine Series V schnitt und dessen erbittert gestikulierenden Fahrer keines Blickes würdigte.
    Bond bog vor der Richmond Bridge links ab. In einem Postamt erkundigte er sich nach dem Weg zur Chapel Close , wo Bryce Fitzjohn wohnte. Er fuhr die Petersham Road hinunter, am Fluss entlang, entdeckte die schmale Gasse, bog um die Ecke und parkte. Es war kurz vor sechs, und ihm gefiel die Aussicht, als Erster bei der kleinen Party einzutreffen. Ein paar Minuten allein mit der Gastgeberin würden genügen, um letzte Zweifel zu beseitigen oder zu bestätigen.
    Bryce Fitzjohns Zuhause entpuppte sich als hübsches georgianisches Cottage mit umfriedetem Garten, im Hintergrund erhoben sich die herrschaftlichen Häuser von Richmond Hill. Von der gegenüberliegenden Straßenseite spähte Bond Einfahrt und Fassade aus. Verwitterte Mauern aus nachgedunkeltem rotem Londoner Backstein, ein Schieferdach, über der Haustür ein muschelförmiger Ziergiebel, drei große Schiebefenster im Erdgeschoss und drei darüber – so schlicht wie elegant gestaltet. Die waren nicht billig, diese edlen Behausungen am Fluss – an Geld mangelte es ihr also nicht. Ihre Scheidung mochte bitter gewesen sein, aber möglicherweise auch lukrativ, überlegte Bond, während er die Straße überquerte und zugleich feststellte, dass vor dem Haus keine Autos parkten. Er war also der Erste – perfekt. Er klingelte.
    Niemand kam. Bond lauschte und drückte erneut auf die Klingel. Und noch einmal. Allmählich verspürte er wieder eine leise Beunruhigung. Was war das für eine Einladung? Er war unbewaffnet und fühlte sich plötzlich schutzlos, vielleicht wurde er ja von irgendeinem günstigen Angriffspunkt aus beobachtet. Er sah sich um und ging auf die Straße. Eine Mutter mit Kinderwagen. Ein Junge, der seinen Hund Gassi führte. Nichts Auffälliges. Er kehrte zum Haus zurück und schlüpfte durch das verschnörkelte seitliche Eisentor in den Garten. Dort sah er gepflegte Blumenrabatten, sie umgaben einen akkurat gemähten Rasen, in dessen Mitte auf einem gemeißelten Sockel ein großes steinernes Vogelbad prangte. Am hinteren Ende des Gartens standen unter einem alten knorrigen Feigenbaum eine Bank und ein Tisch aus Schmiedeeisen. Alles sehr ordentlich und zivilisiert. Bond folgte Pflastersteinen, die in der Erde eingelassen waren, zu einem Wintergarten an der Rückseite des Hauses. Daneben gab es eine Tür, die in die Küche führte.
    Bond spähte durch das Fenster. Auf einem Küchentisch aus patiniertem Kiefernholz standen Tabletts mit Kanapees, Reihen von unterschiedlichen Gläsern und Schüsseln voller Nüsse, Käsebällchen und Oliven. Die Party war also kein Schwindel … Aber wo war die
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