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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens
Autoren: Bagley Desmond
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so stark vermischt ist wie kaum eine andere.«
    Causton nickte bestätigend und dachte an seine eben erlebten Schwierigkeiten mit dem Kellner.
    Wyatt sagte: »Als Toussaint und Christophe die Franzosen Anfang des neunzehnten Jahrhunderts aus Haiti hinauswarfen, taten die Inselbewohner hier das gleiche, obzwar man davon nicht viel gehört hat.«
    »Hm«, machte Causton. »Und wie kam der amerikanische Stützpunkt hierher?«
    »Das passierte um die Jahrhundertwende«, sagte Wyatt. »Etwa um die Zeit, als die Amerikaner anfingen, sich ihres Bizeps bewußt zu werden. Sie hielten sich für stark genug, der Monroe-Doktrin Nachdruck zu verleihen, und sie hatten eben zwei Kriege geführt, die es bewiesen. Man redete viel von Interessensphäre, und die Yankees bildeten sich ein, wie ein großer Bruder die Leute hier unten beaufsichtigen zu müssen. Auf San Fernandez ging es 1905 ziemlich drunter und drüber, mit Aufständen und Revolution, also wurde die Marineinfanterie an Land gesetzt. Die Insel war bis 1917 unter amerikanischer Verwaltung, und dann zogen die Amerikaner ab – aber sie behielten Cap Sarrat.«
    »Passierte auf Haiti nicht etwas Ähnliches?«
    »Es passierte den meisten Inselstaaten – Kuba, Haiti und der Dominikanischen Republik.«
    Causton grinste. »Der Dominikanischen Republik ist es mehr als einmal passiert.« Er nippte von seinem Glas. »Ich nehme an, über Cap Sarrat existiert irgendein Vertrag?«
    »Ich glaube, so könnte man es nennen«, gab Wyatt zu. »Die Amerikaner pachteten die Halbinsel 1906 für tausend Golddollar pro Jahr – keine schlechte Summe für die damaligen Zeiten –, aber die Geldentwertung hat nicht für San Fernandez gearbeitet. Präsident Serrurier erhält jetzt 1.693 Dollar.« Wyatt machte eine Pause. »Und zwölf Cent«, fügte er dann hinzu.
    Causton lachte. »Kein schlechter Handel für die Amerikaner – ein bißchen hart allerdings.«
    »Sie haben es mit dem Stützpunkt Guantanamo auf Kuba genauso gemacht«, sagte Wyatt. »Castro bekommt zweimal soviel – aber ich glaube, er hätte lieber Guantanamo und keine Amerikaner.«
    »Das glaube ich auch.«
    »Die Marine versucht, Cap Sarrat als Ersatz für Guantanamo auszubauen, für den Fall, daß Castro ungemütlich wird und es ihnen nimmt. Ich halte das für möglich.«
    »Durchaus«, sagte Causton. »Ich glaube nicht, daß er es ihnen einfach mit Gewalt wegnehmen könnte, aber ein bißchen Erpressung bei geeigneten politischen Verhältnissen könnte ausreichen.«
    »Na, und hier haben wir Cap Sarrat«, sagte Wyatt. »Aber es ist bei weitem nicht so gut wie Guantanamo. Die Reede in der Santego Bay ist seicht – es können höchstens leichte Kreuzer hier liegen –, und der Ausbau der Einrichtungen des Stützpunkts würde zwanzig Jahre und rund 200 Millionen Dollar erfordern, wenn er an Guantanamo heranreichen sollte. Er ist jedoch als Luftstützpunkt sehr gut eingerichtet; deshalb benutzen wir ihn als Hurrikanforschungszentrum.«
    »Miß Marlowe hat mir davon erzählt …«, begann Causton, aber er wurde dadurch unterbrochen, daß Hansen mit Julie zurückkam, und er benutzte die Gelegenheit, Julie um einen Tanz zu bitten.
    »Wollen Sie mir nichts zu trinken anbieten?« fragte Hansen.
    »Bedienen Sie sich selbst!« sagte Wyatt. Er sah Schelling mit einem anderen Offizier den Raum betreten. »Sagen Sie, Harry, wie hat es Schelling in Ihrer Marine bis zum Commander gebracht?«
    »Weiß ich nicht«, sagte Hansen und setzte sich. »Wohl weil er ein guter Meteorologe ist und weil er als Offizier so brauchbar ist wie ein Bulle mit einem Euter.«
    »Nicht viel, eh?«
    »Herrgott, ein Offizier muß doch Männer führen können, und Schelling würde sich nicht einmal als Heimmutter für eine Jungmädchengruppe eignen. Er muß als Spezialist befördert worden sein.«
    »Ich will Ihnen was erzählen«, sagte Wyatt und erzählte Hansen von seiner Unterhaltung mit Schelling am Vormittag. Er endete mit der Bemerkung: »Er hält die Meteorologie für eine exakte Wissenschaft und glaubt, was in den Lehrbüchern steht, stimmt. Solche Leute machen mir immer angst.«
    Hansen lachte. »Dave, Sie sind an einen Offizierstyp geraten, der in unserer guten alten Navy gar nicht selten ist. Im Pentagon wimmelt es von ihnen. Er geht aus einem bestimmten Grund nach dem Buch, und nur aus diesem Grund – wenn er nach dem Buch geht, kann man ihm nie einen Fehler nachweisen, und ein Offizier, der nie einen Fehler macht, gilt als gut. Man kann ihn
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