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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Venus wäre es ihm möglich gewesen, ihn zu retten, aber er hatte es nicht getan, da er keine Sonderrechte in Anspruch nehmen wollte. Das Gesetz galt für alle, Privilegien durfte es nicht geben. Zwanzig Jahre lang war Conal Nord überzeugt gewesen, richtig gehandelt zu haben. Zwanzig Jahre, eine lange Zeit, während der die Merkur-Siedler in den Bergwerken des Mondes schufteten.
    Ein halbnackter Wilder hatte kommen müssen, um den Generalgouverneur der Venus in seinen Überzeugungen zu erschüttern.
    Mark Nord und Charru von Mornag waren vom gleichen Geist. Ein primitiver Erdenmensch und ein hochbegabter Marsianer, dessen Vorfahren zu den Gründern von Kadnos gehört hatten. Beide standen für etwas ein, das Conal Nord nicht begriff. Beide kämpfen darum, als ob es sich um einen unsagbar kostbaren Schatz handele.
    Was war es?
    Was, um alles in der Welt, brachte diese Männer dazu, eher zu sterben oder sich in einer Strafkolonie lebendig begraben zu lassen, als sich zu beugen? Was suchten sie? Welchem Traum jagten sie nach, den dieser Staat des Friedens, der Sicherheit und des allgemeinen Wohlbefindens nicht erfüllen konnte?
    Das dünne Singen von Triebwerken riß Conal Nord aus seinen Gedanken.
    Es war soweit. Auf dem flachen Dach der Vollzugszentrale starteten die Polizeijets. Wie große silberne Vögel glitten sie über die Türme der Stadt hinweg - ein tödlicher Schwarm, der nur Minuten brauchen würde, um seine Opfer einzuholen.
    Conal Nord wandte sich ab, weil er nichts mehr sehen wollte.
    Er dachte an die Gärten der Venus. Und er wünschte sich, die Reise zum Zentrum der Vereinigten Planeten nie angetreten zu haben.
II.
    Die Hitze war vertraut, genau wie das harte, dürre Gras und der Staub, den der trockene Wind über das Land trieb.
    Charru versuchte zu vergessen, daß hinter ihnen die weißen Türme der Stadt aufragten, Symbol einer Macht, die Wunderdinge vollbringen konnte. Er dachte an die entsetzlichen Dürreperioden, die immer wieder das Tiefland unter dem Mondstein heimgesucht hatten. Hitze und Regen, Hunger und Durst auch das war ein Werk der Fremden gewesen. Charrus Mutter war gestorben, als das letztemal der Regen ausblieb. Er erinnerte sich an die Kinder mit den aufgesprungenen Lippen und den fiebrigen, tränenleeren Augen und fühlte, wie der Haß erwachte.
    Sinnloser Haß.
    Eines Tages würden sie versuchen müssen, ihn zu vergessen, wenn sie in dieser Welt leben wollten. Aber nicht jetzt, nicht heute. Nicht, solange sie aufgewühlt und erschöpft über die rote Ebene flohen, auf dem Weg ins Unbekannte, verfolgt von einer ungreifbaren Drohung.
    Charru hob die Hand und blieb stehen.
    Sie mußten sich entscheiden, wohin sie sich wenden sollten. Sie brauchten Wasser, sie brauchten einen Unterschlupf. Er glaubte nicht daran, daß es unmöglich war, die Wüste zu durchqueren. Aber sie konnten es nicht versuchen, ohne vorher auszuruhen.
    Das Wasser des Kanals sei auf die Dauer ungenießbar, hatte Conal Nord gesagt.
    Auf die Dauer das hieß, daß man es immerhin trinken konnte. Die weißen Häuser in der Grassteppe standen leer, aber Conal Nord hatte sie Denkmal genannt, also haftete ihnen möglicherweise ein Tabu an. Es war falsch, fremde Traditionen zu mißachten. Charru wußte es, denn in der Welt unter dem Mondstein war genug Blut geflossen, weil die Priester versuchten, die Traditionen des Tieflands zu zerstören.
    Sie brauchten keine Häuser.
    Wasser, ein Feuer, eßbare Pflanzen oder Wurzeln mußte es auch auf dem Mars geben. Die Tieflandstämme waren an Hunger und Strapazen gewöhnt. Und die Leute aus dem Tempeltal an die Kasteiungen, die sie sich im Dienste der schwarzen Götter auferlegt hatten. Charru erinnerte sich, wie er das Monstrum über sich gesehen und sein Schwert in den schwarzen Leib gestoßen hatte, wie er unter der grauen erregenden Maske den Todesschrei eines Menschen hörte.
    »Charru! Was ist das?«
    Jarlons Stimme, fast schrill vor Schrecken. Charru fuhr herum. Er sah die weißen Türme von Kadnos, und er sah einen Schwarm silberner Vögel, die aus dem Himmel stürzten, schimmernd und starr, ohne die Schwingen zu bewegen.
    Metallene Vögel.
    Menschenwerk.
    Charrus Faust umklammerte den Schwertgriff. Einen Augenblick überfiel ihn kalte Angst, dann zwang er sich, vernünftig zu denken. Es gab keine Zauberei. Conal Nord hatte behauptet, von einem anderen Stern zu kommen, also mußte es zu den Fähigkeiten der Fremden gehören, durch die Luft zu reisen. Und warum auch nicht?
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