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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Sie hatten so viele Maschinen. Sie konnten Blitze erzeugen, das Wasser aufwärts fließen lassen, die Vergangenheit in flimmernden, bewegten Bildern auf Wände zurückholen - warum sollten sie nicht fliegen können?
    Aber was wollten sie?
    Ein paar Priester stöhnten entsetzt auf. Jarlon keuchte, Karstein stieß einen endlosen Fluch aus. Charru beobachtete den silbernen Schwarm aus schmalen Augen. Ein Angriff? Der Herrscher dieser Welt hatte ihnen sein Wort darauf gegeben, daß man sie nicht angreifen würde. Doch was galt sein Wort? Welches Gesetz galt überhaupt in einer Welt, in der Menschen versklavt, zum Spielzeug degradiert und Kriege als Schauspiele inszeniert wurden?
    Leicht und elegant schwenkte die Flottille der Polizeijets ab und ging in einen sanften Sinkflug über.
    Charru sah sich um. Sie brauchten Deckung, wenn sie angegriffen wurden. Deckung, die es in dieser tischflachen Ebene nur an einer Stelle gab: zwischen den Felsen um das gigantische, verschachtelte Gebäude, das Conal Nord »Haus des Schlafs« genannt hatte.
    Ein Ort des Todes. Von den Marsianern vielleicht genauso gemieden, wie der schwarze Fluß in der Welt unter dem Mondstein gemieden worden war. Aber wer den Tod schon vor Augen hatte, brauchte sich nicht mehr vor seinen Symbolen zu fürchten. Charru biß die Zähne zusammen, warf noch einen Blick in die Runde und versuchte, etwas wie eine Strategie zu entwickeln.
    »Zu den Felsen«, murmelte er. »Gerinth, Karstein - ihr versucht, mit den Frauen und Kindern das Gebäude zu umrunden. Nehmt Jarlon mit. Er muß zurückkommen und mir sagen, wie das Gelände dahinter aussieht. Schnell jetzt!«
    Niemand sprach.
    Wortlos setzten sie sich in Bewegung, die Priester betäubt vor Entsetzen, die Männer und Frauen des Tieflands mit der Entschlossenheit, die sie ein Leben voller Kämpfe gelehrt hatte. Ihre Lage war immer verzweifelt gewesen, ihr Gegner immer überlegen. Charru wußte, daß Schwerter gegen die Waffen der Marsianer nicht mehr ausrichten würden als Spielzeug, aber er verbannte den Gedanken. Er hatte in den letzten Tagen zu oft das Ende vor sich gesehen. Und er hatte erlebt, daß auch das Unmögliche möglich werden konnte, wenn man es versuchte.
    Ein Blick zeigte ihm, daß die fliegenden Maschinen jetzt sacht zu Boden schwebten.
    Glaskuppeln schwangen hoch, Gestalten entstiegen den silbernen Vögeln. Ein Schrei gellte: die helle Stimme eines jungen Akolythen. Ganz kurz blieb Charru stehen, um die Zahl der Gegner zu schätzen. In seinem Rücken erhob sich ein dünner, hoher Singsang. Bar Nergal, der sinnlos und mechanisch endlose Beschwörungsformeln hervorstieß.
    Charru hörte es kaum.
    Sein Herz hämmerte. Etwa zwanzig Gegner, schätzte er. Männer in schwarzen Uniformen, leichte rote Helme auf den Köpfen, jeder mit einer dieser unheimlichen feuerspeienden Waffen ausgerüstet, deren Gluthauch er schon gespürt hatte. Laser-Gewehre. So unerklärlich wie die Blitze, die der schwarze Gott geschleudert hatte. Aber Charru wußte auf jeden Fall, daß auch er es fertig bringen würde, einen Hebel herunterzudrücken und zu zielen.
    Er sah sich um.
    Camelo von Landre war neben ihm, eine Mischung aus dunkler Wut und Faszination in den Augen. Die Priester und die Überlebenden des Tempeltals stolperten in wilder Panik vorwärts, unter Gerinths Führung bewegten sich Frauen und Kinder geschickt durch das steiniger werdende Gelände. Boten Felsen überhaupt Schutz gegen diese fürchterlichen Strahlen? Der Gedanke traf Charru wie ein Stich, aber er hatte keine Zeit, über die Frage zu grübeln.
    »Wir brauchen eine von diesen Waffen«, sagte er durch die Zähne. »Ich bleibe hier, lasse die Angreifer vorbei und falle ihnen in den Rücken.«
    »Allein?«
    »Was sonst? Lenkt sie ab! Und sucht eine Möglichkeit, irgendwie unterzutauchen. Unübersichtliches Gelände. Oder meinetwegen das elende Haus dort.«
    Camelo nickte und warf sich herum.
    Charru wußte, was es den anderen kostete, seinen Blutsbruder hier zurückzulassen, doch in Augenblicken wie diesem gab es keinen Widerspruch. Die Bewaffneten rückten langsam vor, fächerten zu einem weiten Halbkreis auseinander. Wenn ihre Todesstrahlen weit genug reichten, konnten sie auf diese Weise verhindern, daß irgend jemand die Rückseite des gigantischen Bauwerks erreichte. Charru lief noch ein paar Schritte und riß den Kopf herum, als er hinter sich einen peitschenden Befehl hörte.
    Rotes, tödliches Licht aus einem Dutzend Waffen.
    Schreie gellten,
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