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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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die braunen des Venusiers. »Um von neuem unter einer Kuppel aus Mondstein zu leben, in einem anderen Gefängnis? Damit ihr uns weiter beobachten könnt? Uns Dürre oder Flutkatastrophen schicken oder was euch gerade einfällt? Uns in sinnlose Kriege hetzen und unser Blut vergießen, damit eure Wissenschaftler etwas zu studieren haben?«
    Conal Nords Gesicht blieb unbewegt. Aber die Worte trafen ihn, und er fragte sich, wann er angefangen hatte, an der Unfehlbarkeit der wissenschaftlichen Moral zu zweifeln.
    »Das ist nicht die ganze Wahrheit«, sagte er leise.
    »Es ist unsere Wahrheit! Ich habe meine Schwester unter dem Opfermesser des Oberpriesters sterben sehen, weil ihr es so wolltet. Ich habe das schwarze Ungeheuer getötet, das ihr als Gott in unsere Welt geschickt habt.« Charrus Stimme klang rauh vor Bitterkeit, seine Augen flammten. »Und ich habe die Blicke eures Präsidenten und dieses erfinderischen Zwergs gesehen, der sich Wissenschaftler nannte«, fügt er hinzu. »Blicke, die einem wilden Tier galten, einer reißenden Bestie. Aber wir sind keine Tiere, Conal Nord! Es waren Menschen, die ihr in eurem Käfig unter dem Mondstein gehalten habt. Menschen, mit denen ihr spieltet...«
    Der Venusier schwieg.
    In seinem Rücken fühlte er die gespannte Erregung all der anderen wie eine Berührung. Plötzlich erinnerte er sich wieder des Augenblicks, als der Strahl des Lasergewehrs in den Mondstein schnitt, als die schimmernde Kuppel zusammengestürzt war und unzählige Menschen in den Tod gerissen hatte. Er, Conal Nord, war dabei gewesen. Ihn hatte Charru von Mornag als Geisel genommen, da die Strahlenwaffen der marsianischen Vollzugspolizei auch noch die wenigen Überlebenden seines Volks zu vernichten drohten. Und nun standen die letzten Terraner auf der Freitreppe des Museums, in dem sie ihr Leben verbracht hatten, eingeschlossen unter einer blauen Kuppel, mit wissenschaftlichen Mitteln zur Winzigkeit verkleinert, Spielzeug in einer Spielzeug-Welt. Nun sahen sie zum erstenmal die Sonne. Nun wußten sie, daß die Welt in Wahrheit unendlich war und Conal Nord begriff, daß sie bis zum letzten Atemzug um ihre Freiheit kämpfen würden.
    »Dennoch könnt ihr nicht fliehen«, sagte der Venusier müde. »Es ist unmöglich.«
    »War es nicht auch unmöglich, dem Mondstein und den Flammenwänden zu entkommen?«
    »Sicher...« Conal Nord straffte sich. »Wozu also noch reden? Präsident Jessardin hat euch zugesichert, daß ihr gehen könnt, wohin ihr wollt, wenn ihr mich freilaßt. Ihr braucht nur zu entscheiden.«
    »Führe uns aus der Stadt«, forderte Charru ruhig. »In die rote Ebene dort draußen.«
    »Wüste«, sagte der Venusier.
    »Wir haben in der Steppe unter dem Mondstein überlebt. Wir werden auch in euren Wüsten überleben.«
    Conal Nord hob die Schultern.
    Er kannte die Wüste nicht, aber er hatte Gelegenheit gehabt, den Mann an seiner Seite ein wenig besser kennen zulernen. Nords Blick glitt über die anderen, von denen er nur die Namen wußte. Camelo von Landre, der Sänger, der die Grasharfe neben dem Schwert am Gürtel trug. Jarlon von Mornag, Charrus junger hitzköpfiger Bruder. Karstein mit dem blonden, wirren Bart. Gerinth, der Alte...
    Vielleicht würden sie wirklich die Wüste bezwingen.
    Aber sie konnten nicht der überlegenen Macht der Vereinigten Planeten standhalten. Unsichtbare Strahlen würden sie orten. Polizeijets würden sie überallhin verfolgen, der marsianische Vollzug würde sie mit allen zu Gebote stehenden Mitteln jagen. Sie hatten nicht einmal die winzigste Chance, sie waren verloren.
    Der Venusier atmete tief durch. Sein Gesicht wurde hart.
    »Gehen wir«, sagte er rauh. »Ich führe euch bis zum Kanal, wenn ihr darauf besteht. Es ist eure Entscheidung.«
    *
    »Projekt Mondstein. Eintritt nur für Angehörige des Überwachungspersonals.«
    Die Schrift hob sich rot von der schimmernden Leuchtwand über der Tür ab. Der Wachmann mit der geschulterten Strahlenwaffe wandte dem Schild den Rücken. Er hatte Angst. Es gab kein Projekt Mondstein mehr, nur noch entwichene Barbaren, die Furcht und Schrecken verbreiteten. Mitten in Kadnos!
    In der Überwachungszentrale saß der Präsident der Vereinigten Planeten hinter einem Schaltpult und preßte die Fingerspitzen gegen die Schläfen.
    Für ein paar Sekunden hielt Simon Jessardin die Augen geschlossen. Unter dem kurzgeschorenen silbergrauen Haar zeichneten Linien der Müdigkeit das aristokratische Gesicht mit der scharf gebogenen Nase
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