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Socken mit Honig

Socken mit Honig

Titel: Socken mit Honig
Autoren: Gabriele Kowitz
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ich
nehmen soll, wo es was gibt und wie man sich den besten Platz sichert. „Und
einen Hinweis möchte ich Ihnen geben: Schnell müssen Sie sein, wenn Sie das
Beste wollen! Wer nicht kämpft, hat verloren!“ Wahrscheinlich hat sie das
Knurren meines Magens davon überzeugt, mich in ihre Frühstücks-Geheimnisse einzuweihen.
Allen gutgemeinten Ratschlägen zum Trotz setze ich weder Ellenbogen noch böse
Blicke oder beleidigende Worte ein, um mich sobald die Türen geöffnet werden,
in eine günstige Position zum Sturm auf das Frühstücksbuffet zu bringen. Die
freundliche Erklär-Dame versucht noch meine Hand zu greifen, um mich
mitzuziehen, bevor sie zum Raubtier mutiert und wild mit den Armen rudernd den
Frühstücks-Gipfel erstürmt – ohne mich, denn ich habe mich entschieden, ruhig
und ganz, ganz langsam, ohne Hektik oder Stress mein Frühstück auszusuchen und
zu verzehren. Wider schwarzmalender Prophezeiungen von Frau Gipfelstürmer
bekomme ich ein ausreichendes Frühstück ebenso wie einen netten Sitzplatz.
    Während ich mein Brötchen schmiere, fällt mir ein, dass ich
dringend für den Fressnapf unserer Katze ein Platzdeckchen als Unterlage
benötige, denn das gute Tier sortiert sein Futter gerne nach ‚lecker‘ und
‚nicht so lecker‘. ‚Nicht so lecker‘ wird an den Rand des Napfes oder sogar auf
den Boden abgeschoben, was zur Folge hat, dass ich nahezu täglich einen
Putzlappen bemühen muss. Von einem Platzdeckchen ließen sich die ungeliebten
Reste deutlich besser entfernen als vom Fußboden. Nach meinem in Ruhe
verzehrtem Frühstück gehe ich in die Möbelausstellung und suche die
Küchenartikel. Ein rechteckiges, pflegeleichtes Platzdeckchen finde ich nicht.
Dafür aber eine Kuchenform, einen Teigschaber, ein großes Schneidebrett und
zwei Schüsseln, sowie eine Zeitschaltuhr, die es leider nur im Doppelpack gibt.
Selbstverständlich alles Dinge, die ich schon seit langem vermisst habe.
    Inzwischen hat das Aquarium Geschäft geöffnet, ich lasse
mich ausgiebig beraten, suche mit Bedacht aus und kaufe einige Fische und
Pflanzen. Ich bin zufrieden mit der Ausbeute meiner spontanen Shopping-Tour.
Das Platzdeckchen für die Katze geistert zwar noch in meinem Kopf herum, es
wäre schon praktisch gewesen, eines zu finden. Allerdings zieht mich der
Gedanke an einen selbstgebackenen Kuchen, für den ich natürlich meine neue
Kuchenform verwenden werde, nach Hause.
    Meine Kinder, die wegen des verpassten Schulbusses am Morgen
noch ein schlechtes Gewissen haben, wundern sich nicht wenig, als sie mittags
mit Kuchenduft, ohne Beigeschmack von Ermahnungen meinerseits, empfangen
werden. Über das richtige Timing, unwichtig ob man zu spät an der Bushaltstelle
oder zu früh beim Aquarium Geschäft oder Einrichtungshaus ankommt, verliere ich
kein Wort. Vielmehr schildere ich in allen Farben, wie viel Mühe ich mir
gegeben habe, eine Unterlage für den Katzennapf zu finden.
    „Mama, du willst uns doch nicht weismachen, dass du bis nach
Duisburg gefahren bist, nur um ein Platzdeckchen für die Katze zu kaufen?“,
fragt mein Sohn scherzend. Seine Schwester erwidert an meiner Statt: „Nein, sie
ist nach Duisburg gefahren, um eine Kuchenform zu kaufen, damit sie für uns
einen leckeren Kuchen backen kann. Das ist Mamas Art uns mitzuteilen, dass sie
uns nicht mehr böse ist, dass wir heute den Bus verpasst haben.“

So gut wie ordentlich
    Wir haben es endlich geschafft, Leos Zimmer umzuräumen.
Schon längst war diese Arbeit überfällig, allerdings fehlte meinem Sohn bisher
die rechte Lust, sich dieser Aufgabe zu stellen. Auch hat er seine Fähigkeit,
immer eine passende Ausrede auf Lager zu haben, bereits hinlänglich unter
Beweis gestellt. Aber irgendwann gehen selbst dem einfallsreichsten Kind die
Begründungen aus. Vielleicht hat es auch etwas mit Einsicht in die Argumente
der Eltern zu tun – möglich wäre es immerhin; allerdings bin ich der Typ
Mutter, der sich nicht darauf verlässt, dass alle Erziehungsversuche Früchte tragen,
ich mache mir ungern übertrieben große Hoffnungen.
    Zunächst bleibt mir verborgen, weshalb Leo mich plötzlich
bittet, ihm mit Rat und Tat in seinem Zimmer zur Seite zu stehen. Er will nicht
nur seinen Schreibtisch näher am Fenster stehen haben sondern auch den Kleiderschrank
gründlich ausmisten. In seinem Regal  befinden sich Spielsachen, die einem
achtjährigen Kind Freude machen könnten, die Leo seit Jahren nicht mehr
angerührt hat, weil er schon längst nicht mehr
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