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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön
Autoren: Inge Löhnig
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durch Eugens Körper. Der Zeigefinger blieb auf dem kleinen Knopf. In rascher Folge klickte es. Flade wurde auf die Straße geschleudert und Sekundenbruchteile später überrollt. Bremslichter leuchteten auf. Der SUV stoppte ein paar Meter hinter dem auf dem Asphalt liegenden Körper. Niemand stieg aus. Eugen fotografierte noch immer. Das Fahrzeug fuhr an, als sei nichts geschehen und verschwand durch die Einbahnstraße.
    Stimmen wurden laut. Aus der Bäckerei kam eine Frau gelaufen. Ein Radfahrer stoppte. Jemand schrie, man solle einen Notarzt rufen. Eugen schloss das Fenster und zog die Gardinen vor. Nummer 1000 hatte er im Kasten. Seine Hände zitterten.
    Aus dem Kühlschrank holte er die Flasche Wein und schob das vorbereitete Essen in die Mikrowelle.
    Was genau war eigentlich passiert?
    Während sein Essen aufgewärmt wurde, trank Eugen auf den Schreck einen Obstbrand und sah sich dann auf dem Display die Aufnahmen an.
    Der Wagen war nicht schnell gefahren. Seiner Schätzung nach etwa vierzig, vielleicht etwas mehr. So brachte man niemanden absichtlich um. Da gab man Gas, wollte sicher sein, dass es auch klappte, und vor allem verschwand man schnellstens und machte am besten vorher die Nummernschilder unkenntlich.
    Flade hatte telefoniert, war also abgelenkt gewesen, und außerdem hatte er dunkle Kleidung getragen. Vermutlich hatte der Fahrer des SUV ihn in der Dämmerung übersehen, und Flade hatte das Fahrzeug nicht bemerkt.
    Tragisch. Schrecklich. Ein furchtbares Unglück. Eugen trank noch einen Obstler.
    ***
    Das Handy in Dühnforts Manteltasche begann zu vibrieren. Er zog es hervor, während er Gina die Tür zum Stadtcafé aufhielt. Staatsanwalt Christoph Leyenfels meldete sich. »Hallo Tino, tut mir leid, dich zu stören. Wir haben hier einen etwas seltsamen Verkehrsunfall mit einem Toten. Ich würde mich wohler fühlen, wenn ihr das übernehmen würdet.«
    Zwanzig Minuten später stoppte Gina an der Polizeiabsperrung. »Sind wir jetzt Leyenfels’ Wellnessteam, oder was? Er würde sich wohler fühlen … « Sie verdrehte die Augen.
    Inzwischen war es dunkel geworden. Rotierende Blaulichter und die Scheinwerfer von etwa einem halben Dutzend Einsatzfahrzeugen erhellten die Szene. Ein Notarztwagen verließ im Schritttempo das abgesperrte Areal. Die Kollegen ließen ihn ebenso passieren wie Gina, nachdem sie sich ausgewiesen hatte. Nach fünfzig Metern parkte sie neben dem Bus des Unfallkommandos. Weiter vorne leuchtete eine Abdeckplane weiß in die Dunkelheit. Darunter lag der Tote. Hinter der Absperrung hatten sich etliche Schaulustige versammelt. Immer wieder flammten Blitzlichter auf. Was machten die Leute mit diesen Bildern? Ins Familienalbum kleben?
    »Wir schauen uns das jetzt an, und dann sehen wir weiter, Frau Kollegin.« Dühnfort zwinkerte Gina zu und stieg aus.
    »Aber sicher doch, Boss.« Mit einem leisen Plong ließ Gina die Tür zufallen.
    In der Luft lag Schneegeruch. Irgendwo kläffte ein Hund. Stimmengewirr drang von der Absperrung herüber. Etliche Fenster der angrenzenden Häuser waren trotz der lausigen Temperaturen geöffnet. Heute blieben die Flachbildschirme dunkel. Heute gab es die Show live vor der Haustür.
    Dühnfort schlug den Kragen hoch, steckte die Hände in die Manteltaschen und sah sich nach dem Staatsanwalt um.
    Kollegen nahmen die Personalien von Zeugen auf. Ein Leichenwagen des städtischen Bestattungsinstituts fuhr vor. Leyenfels hatte die Obduktion also schon angeordnet. Dühnfort entdeckte ihn auf der anderen Straßenseite. Er stand an einem Stehtisch in einer Bäckerei, hielt eine Kaffeetasse in der Hand und besprach sich mit dem Leiter des Unfallkommandos.
    »Ich höre mich mal ein bisschen um.« Gina wandte sich ab und stapfte auf den Bus zu, in dem ein Zeuge seine Aussage zu Protokoll gab.
    Dühnfort sah ihr einen Augenblick nach, bevor er die Bäckerei betrat. Wärme umfing ihn. Der würzige Duft nach Bauernbrot stieg ihm in die Nase und ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Glasvitrinen waren allerdings beinahe leer. Zwei Brotlaibe und etwas Gebäck. Hinter dem Tresen stand die Verkäuferin und polierte die Ablagefläche. Kurz vor Feierabend.
    Der Staatsanwalt war ein Mann mit über eins neunzig Körpergröße, dem ein leicht gebückter Gang zu eigen war. Schlürfend beugte er sich über seinen Kaffee und leerte die Tasse. »Hallo Tino. Lausiges Wetter heute.« Leyenfels rieb sich die Hände, als hätte er klamme Finger.
    Dühnfort begrüßte den
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