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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön
Autoren: Inge Löhnig
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hörte, was sie zu berichten hatte.
    Unter einer halb verbrannten, halb verwitterten Diele hatten die Kriminaltechniker den Anhänger einer Halskette gefunden, die Svenja nachweislich am Tag ihres Verschwindens getragen hatte. »Damit wäre der Fall wohl geklärt«, meinte Susanne. Es sah ganz danach aus, dennoch empfand Dühnfort keine Erleichterung. Er dankte Susanne und verabschiedete sich. Er war erschöpft, müde, deprimiert und auf seltsame Art unruhig. Gina war er den ganzen Tag über nicht begegnet, hatte nur über Mail und Telefon mit ihr kurz Kontakt gehabt. Ihre Stimme hatte freundlich und doch unverbindlich geklungen, wie immer.
    Als er nun in den Flur zu seinem Büro einbog, sah er, wie in ihrem das Licht ausging. Gina trat auf den Flur und zog die Tür hinter sich zu. Als sie ihn entdeckte, zögerte sie einen Moment, jedenfalls kam ihm das so vor. Dann lächelte sie. »Zeit, Feierabend zu machen. Bis morgen, Boss.«
    Für einen Moment glaubte er, die letzte Nacht geträumt zu haben.

S AMSTAG , 19. J UNI
    Das Wasser schlug träge gegen den Rumpf. Ein monotoner Rhythmus, der ihn entspannte und einschläfernd wirkte. Dühnfort betrachtete die neuen und nun endlich auf die passende Länge gespleißten Festmacherleinen, legte die Füße auf die Reling und lehnte sich im Stuhl zurück. Die Sonne brannte ihm in den Nacken, gleichzeitig strich ein kühler Wind über den See, trug den Duft nach verdunstendem Wasser in sich und Gesprächsfetzen vom Nachbarboot herüber. Am Grillplatz neben der Segelschule stand Schorsch und blies in die Glut, während hoch über ihm einige Möwen kreisten und vom See her das leise Tuckern eines Außenbordmotors zu hören war.
    Morgen wollte Dühnfort in aller Früh die Segel hissen und den Tag auf dem Wasser verbringen. Der heutige Abend gehörte Schorsch, dem Grill, einer Flasche Merlot oder auch zwei und einem Gespräch. In der Kühlbox lagen Bratwürste von Dühnforts bevorzugtem Metzger am Viktualienmarkt und Lammfilet, mariniert in einer Soße aus Olivenöl, Zitronensaft, Honig, Thymian und Knoblauch. Um Brot und Salat, Obazter und Radi kümmerte sich wie immer der Schorsch. Arbeitsteilung. Dühnfort streckte sich und schloss die Augen.
    Am Vormittag war er im Büro gewesen, hatte Berichte geschrieben, Alois seine Auffassung von Polizeiarbeit dargelegt und ihm klargemacht, dass er sich diese aneignen musste. Anschließend hatte er sich mit Katja Schön im Büro der Stiftung getroffen.
    Werneggs Sekretärin war von den Ereignissen erschüttert und fassungslos. Kein Wunder. Auch sie kannte nur den freundlichen Jobst Wernegg, der sich um seine Mitmenschen sorgte und mit seinem Vermögen Gutes tat. Seine dunkle Seite hatte auch sie nicht geahnt. Von Katja Schön erhielt Dühnfort einen weiteren Puzzlestein zur Lösung der Fälle.
    Am Freitag, einen Tag bevor Nadine in den silbernen Jaguar gestiegen war, hatte Katja Schöns alter Polo wieder einmal Probleme gemacht. Er war nicht angesprungen, als sie zum Großmarkt fahren wollte, um Kaffee und andere Dinge für das Büro einzukaufen. Daraufhin hatte Wernegg ihr den Volvo geliehen, mit dem sie dann auch abends nach Hause gefahren war. Wernegg hatte sie gebeten, am Samstagnachmittag in die Stiftung zu kommen. Eine Präsentation für den Amsterdam-Termin am Montag musste fertig gemacht werden. Bei dieser Gelegenheit hatte sie den Wagen vor Alfredos geparkt.
    Wernegg musste den Jaguar genommen und in der Galeriestraße geparkt haben und dann, nachdem er die Finissage verlassen hatte, nicht ins Büro, sondern zu seinem Auto gegangen sein. Dabei war ihm Nadine begegnet. Nadine mit dem dunklen Haar und der mageren Figur, Nadine, die so sehr der unselig schönen Frau aus Baudelaires Gedicht glich. Es musste ein spontaner Entschluss, ein Bruchteil einer Sekunde ausschlaggebend gewesen sein. Hatte Wernegg Nadine unter einem Vorwand in sein Haus gelockt, oder war sie ihm, dem gutaussehenden und vermögenden Mann, nach einem kurzen Gespräch bereitwillig gefolgt? Sie würden es nie erfahren. Fakt war, dass Nadine in Werneggs Atelier getötet worden war.
    Noch bevor Wernegg das getan hatte, musste er die Mail von seinem Laptop verschickt haben, und später war er in sein Büro zurückgekehrt, um sich ein Alibi zu verschaffen. Vermutlich hatte er das Alfredos zunächst beobachtet und war erst dann zu dem davor geparkten Volvo gegangen, als er sicher sein konnte, vom Koch gesehen zu werden.
    Die Sonne näherte sich langsam der Hügelkette am
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