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So unerreichbar nah

So unerreichbar nah

Titel: So unerreichbar nah
Autoren: Marleen Reichenberg
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blumengeschmückte Limousine,
in der wir einige Seitenstraßen hinter einer wunderbar eindrucksvollen
Barockkirche am Chiemsee gewartet hatten. Auf dem wie versprochen leeren
Kirchenvorplatz ließ er uns aussteigen.
    Es war ein
strahlender, milder Oktobertag mit tiefblauem Himmel, den wir uns für unsere
Hochzeit ausgesucht hatten.
    Die Bäume und
Sträucher leuchteten in herrlich bunten Herbstfarben, und die Sonne ließ mein 
langes weißes Kleid mit den aufgestickten Perlen funkeln, als wir uns vor dem
Kirchenportal mit dem Pfarrer und den Ministranten zum Einzug in die Kirche
aufstellten.
    Ich war total
aufgeregt und fragte mich unwillkürlich ob es eine gute Idee gewesen war, dass
Lucas und ich uns das Eheversprechen selbst geben wollten. Bei unserem
Traugespräch hatte der nette Pfarrer vorsichtig angedeutet, dass es auch Paare
gäbe, die nicht nur einfach "Ja" zueinander sagen, sondern den gesamten
Trauspruch selbst laut sprechen.
    Lucas und ich
waren dafür Feuer und Flamme gewesen. Jetzt stand ich da und wiederholte
unablässig leise die Worte, die ich gleich zu ihm sagen würde. Wobei ich
panische Angst hatte, mich vor allen Leuten in der vollbesetzten Kirche zu
versprechen.
    Womöglich
würde ich am Altar einen völligen Blackout haben, ihn wieder mit diesem
geistesabwesenden Blick anstarren und er würde einen Lachanfall bekommen, da er
dachte, ich belästige ihn mental…
    Die
einsetzende Orgelmusik, die den ergreifenden Canon von Pachelbel intonierte,
riss mich aus meinen Gedanken. Lucas bot mir seinen Arm, den ich völlig
durcheinander ergriff und mir wurde warm ums Herz, als er mich gerührt und
zärtlich anlächelte.
    In seinem
dunklen Hochzeitsfrack sah er einfach umwerfend aus und in kurzer Zeit würde er
"mein Mann" sein! Das war er zwar bürokratisch gesehen seit gestern
schon, seit unserem Ja-Wort auf dem Standesamt, aber für mich zählte die
kirchliche Trauung als unsere eigentliche Hochzeit.
    Zusammen
schritten wir langsam den Mittelgang entlang zum Altar und durch meinen
Tränenschleier erkannte ich viele der erwartungsvoll-freudigen Gesichter, die
sich uns zuwandten. In den blumengeschmückten Kirchenbänken saßen Lisa und ihr
Chef Wolfgang, neben ihnen Alicia mit ihrem Verlobten Daniel und viele meiner Studienfreunde.
Zu meiner grenzenlosen Erleichterung fand es meine Freundin sehr lustig und war
vollkommen damit einverstanden, dass ich jetzt mit Lucas zusammen war und ihn
heiratete.
    Marie war mit
ihrem Freund aus Hamburg angereist. Elsa, die neben Armin saß, liefen die Freudentränen
übers Gesicht und auch Lucas´ Eltern und seine Geschwister sahen total gerührt
aus.
    Johanna und
Tim liefen uns mit heiligem Ernst voraus und streuten Blumen aus kleinen
Körbchen, die sie über dem Arm trugen.
    Engelchen
benahm sich endlich einmal artgerecht und jubilierte den ganzen Tag auf seiner
Wolke.
    Ich schaffte
es ebenso wie Lucas, mein Versprechen, "ihn zu meinem Mann zu nehmen, ihm
die Treue in guten wie in bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod
uns scheidet, zu halten und ihn alle Tage meines Lebens zu lieben, zu achten
und zu ehren", fehlerfrei und flüssig  - wenn auch anfangs mit total
zittriger Stimme - zu geben.
    Lucas raunte
mir später beim Hochzeitswalzer zu, der Teil mit dem "achten und
ehren" habe ihm besonders gut gefallen, da müsse ich allerdings noch ein
bisschen üben.
    Worauf ich
ihm Schläge androhte und er lapidar entgegnete:
    »Siehst du,
genau das meine ich!«
     
    Wenig später,
als ich gerade aus dem Waschraum des urig-bayerischen Landgasthofs kam, in
welchem wir feierten, begegnete ich Elsa, die mich spontan umarmte. Sie sah mir
forschend ins Gesicht:
    »Tessa, ich
bin ja so glücklich, dass du und Lucas jetzt ein Ehepaar geworden sind. Weißt
du, als ich ihn zu mir zum Kaffee eingeladen habe und ihm von deinen Gefühlen
erzählte, tat ich das in der Hoffnung, diesen netten, zuverlässigen Mann doch
noch irgendwie in unsere Familie aufnehmen zu können. Er ist so ein Prachtkerl,
dass ich es furchtbar bedauert hätte, ihn nie wieder zu sehen.«
    Der
Prachtkerl war mittlerweile leise hinter Elsa aufgetaucht und hielt sich zum
Zeichen, dass ich still sein sollte, vergnügt den Zeigefinger an den Mund. Elsa
hatte ihn nicht bemerkt und fuhr fort:
    »Ich hoffe
sehr, du warst über meine Eigenmächtigkeit nicht allzu böse!«
    Augenzwinkernd
strahlte ich Lucas an.
    »Oh doch,
Elsa. Ich bin dir total böse. Der Kerl raubt mir Nacht für Nacht
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