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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben
Autoren: Ian Rankin
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er.
    »Ich meinte nicht Sie, sondern
sie
hier!« Sie stubste Ishbel mit dem Fuß an. Young versuchte, sie wegzuziehen, und sagte etwas, das sie nicht verstand. In ihren Ohren rauschte es wie verrückt, und ihre Lungen brannten.
    Schließlich drehte Ishbel den Kopf und blickte zu ihrer Lebensretterin auf.
    »Bestimmt ist sie Ihnen dankbar«, sagte Mangold, und Young fügte hinzu, so ein Verhalten sei eine Art Reflex… er habe davon schon gehört.
    Ishbel selbst schwieg, drehte sich zur Seite und spuckte eine Mischung aus Galle und Wasser auf die feuchte, mit weißen Daunenfedern gesprenkelte Erde.
    »Wenn ihr’s genau wissen wollt – ich hatte von euch Typen die Schnauze gestrichen voll.«
    »Ist das die Entschuldigung für Ihr Verhalten, Mr. Mangold?«, fragte Les Young. »Ihre ganze Erklärung?«
    Sie saßen im Vernehmungsraum eins der Polizeiwache St. Leonard’s, die sich in unmittelbarer Nähe des Holyrood Parks befand. Ein paar Constables hatten ihre Überraschung angesichts von Siobhans Rückkehr an ihren ehemaligen Arbeitsplatz geäußert; und ein Telefonat mit DCI Macrae vom Gayfield Square, der sie auf dem Handy angerufen hatte, weil er wissen wollte, wo zum Teufel sie stecke, hatte ihre Laune auch nicht gerade verbessert. Nach ihrer Antwort hatte er sich lang und breit über ihre Arbeitsauffassung beschwert, über ihre mangelnde Teamfähigkeit und über die offenkundige Verachtung, mit der gewisse Kollegen, die ehemals in St. Leonard’s stationiert gewesen waren, ihrer neuen Dienststelle begegneten.
    Während er seinen Vortrag hielt, wurde Siobhan in eine Decke eingewickelt, ihr ein Becher Instantsuppe in die Hand gedrückt und die Schuhe ausgezogen, um sie auf der Heizung zu trocknen…
    »Tut mir Leid, Sir, ich habe nicht alles mitgekriegt«, musste sie zugeben, nachdem Macrae geendet hatte.
    »Finden Sie das lustig, DS Clarke?«
    »Nein, Sir.« Obwohl es das in gewisser Weise war. Sie bezweifelte allerdings, dass Macrae ihren Sinn für das Absurde teilte.
    Inzwischen saß sie ohne BH in einem geborgten T-Shirt und einer schwarzen, drei Nummern zu großen Armeehose im Vernehmungsraum. An den Füßen ein Paar weiße Männer-Tennissocken und darüber jene Plastiküberzieher, die Polizisten an Tatorten tragen. Um ihre Schultern eine graue Wolldecke aus einer der Arrestzellen. Sie hatte keine Gelegenheit gehabt, sich die Haare zu waschen. Sie waren feucht und strähnig und rochen nach dem Wasser des Sees.
    Mangold, ebenfalls in eine Decke gewickelt, hielt einen Plastikbecher mit Tee. Seine Brille mit den getönten Gläsern war verloren gegangen, und wegen des hellen Neonlichts kniff er die Augen zusammen. Zwischen ihnen stand ein Tisch. Les Young saß neben Siobhan und hielt seinen Stift schreibbereit über einen DIN-A-4-Block.
    Ishbel befand sich in einer Arrestzelle. Sie würde später vernommen werden.
    Erst einmal waren sie an Mangold interessiert. An Mangold, der seit ein paar Minuten schwieg.
    »Anscheinend wollen Sie bei dieser Geschichte bleiben«, kommentierte Les Young. Er fing an, auf dem Block herumzukritzeln. Siobhan drehte sich zu ihm um.
    »Er kann uns auftischen, was er will. An den Tatsachen ändert das nichts.«
    »Was für Tatsachen?«, fragte Mangold und tat dabei so, als wäre es ihm eigentlich gleichgültig.
    »Der Keller«, sagte Les Young.
    »Herrje, geht das jetzt schon wieder los?«
    Siobhan antwortete darauf. »Sie haben es zwar bestritten, aber ich glaube, dass Sie Stuart Bullen sehr wohl kennen und das schon eine ganze Weile. Er hatte die Idee zu einer vorgetäuschten Beerdigungszeremonie: Die Skelette wurden begraben, um den Migranten vorzuführen, was mit ihnen passieren würde, falls sie nicht spurten.«
    Mangold hatte den Stuhl nach hinten gekippt. Seine Gesicht war zur Decke gerichtet, die Augen geschlossen. Siobhan redete in ruhigem, sachlichem Ton weiter.
    »Als die Skelette von der Betonschicht bedeckt waren, hätte die Sache damit erledigt sein sollen. War sie aber nicht. Ihr Pub liegt an der Royal Mile, Sie sehen tagtäglich Horden von Touristen. Die meisten finden nichts schöner, als sich ein bisschen zu gruseln – deshalb sind die Geistertouren so beliebt. Und Sie wollten für das Warlock ein Stück vom Kuchen abhaben.«
    »Klar wollte ich das«, gab Mangold zu. »Aus dem Grund habe ich ja beschlossen, den Keller umzubauen.«
    »Stimmt… Aber überlegen Sie mal, wie es sich auf Ihren Umsatz auswirken würde, wenn man plötzlich ein paar Skelette unter dem
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