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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben
Autoren: Ian Rankin
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Motor passierte er die Rückseite von Pollock Halls.
    »Duddingston«, stellte Siobhan fest und gab eine weitere Meldung über Funk durch. Dieses Straßenstück war ziemlich kurvenreich, und Mangolds Wagen verschwand rasch außer Sichtweite. Doch kurz darauf sah Siobhan hinter einem Felsvorsprung eine Staubwolke aufsteigen.
    »Oh, verdammt«, sagte sie. Als sie um die nächste Biegung fuhren, entdeckten sie Bremsspuren, die sich über die Fahrbahn schlängelten. Der Jaguar hatte die Leitplanke am rechten Straßenrand durchbrochen und rollte jetzt den steilen Abhang zum Duddingston Loch hinunter. Enten und Gänse brachten sich flügelschlagend in Sicherheit. Auf dem See hingegen glitten einige Schwäne unbeeindruckt übers Wasser. Der Jaguar wirbelte Steine und Federn auf, während er holpernd auf den See zuraste. Die Bremslichter leuchteten, aber den Wagen kümmerte das nicht. Er brach aus, vollführte eine Dreivierteldrehung, sodass er schräg, mit dem Kofferraum zuerst, im Wasser landete. Die Vorderräder hingen in der Luft und drehten sich langsam.
    Ein Stück entfernt standen Leute am Ufer: Eltern und ihr Nachwuchs, die Vögel mit Brotresten fütterten. Einige von ihnen rannten in Richtung des Autos. Young hatte den Daewoo auf den schmalen Bürgersteig gesteuert, um die Straße nicht zu versperren. Siobhan stolperte den Abhang hinunter. Die Türen des Jaguars standen offen, und die Köpfe von Ishbel und Mangold tauchten auf. Doch dann rutschte der Wagen plötzlich nach hinten und begann, im See zu versinken. Mangold war schon ausgestiegen, aber Ishbel wurde zurück auf den Sitz geworfen, und das Wasser drückte die Tür zu, während es gleichzeitig in den Innenraum flutete. Mangold erkannte die Gefahr, griff nach Ishbel und versuchte, sie durch die Fahrertür zu ziehen. Aber sie steckte offenbar fest, und inzwischen ragten nur noch die Windschutzscheibe und das Dach aus dem See. Siobhan watete in das übel riechende Wasser.
    »Helfen Sie mir!«, brüllte Mangold. Er hatte beide Arme von Ishbel gepackt. Siobhan holte tief Luft und tauchte unter. Das Wasser war trübe und voller Blasen, aber sie erkannte das Problem: Ein Fuß von Ishbel war zwischen Sitz und Handbremse eingeklemmt. Und je mehr Mangold zog, desto fester saß der Fuß. Siobhan tauchte wieder auf.
    »Loslassen!«, rief sie ihm zu. »Loslassen, sonst ertrinkt sie!« Dann holte sie erneut Luft und begab sich wieder unter Wasser, wo sie sich in der dreckigen Brühe Ishbel Auge in Auge gegenübersah. Aus ihren Nasenlöchern und Mundwinkeln stiegen kleine Bläschen empor, doch sie wirkte erstaunlich ruhig. Siobhan beugte sich über sie, um an ihren Fuß zu gelangen, und spürte, wie Ishbel die Arme um sie legte und sie an sich drückte, so als wollte sie unbedingt, dass sie beide dort unten blieben. Siobhan versuchte, sich loszumachen, und zerrte gleichzeitig an dem eingeklemmten Fuß.
    Aber der Fuß war gar nicht mehr eingeklemmt.
    Und trotzdem blieb Ishbel, wo sie war.
    Und hielt sie fest.
    Siobhan versuchte, nach Ishbels Händen zu greifen, aber das war schwierig: sie hielten fest ihren Rücken umklammert. Der letzte Rest an Luft entwich aus ihrer Lunge. Sie war inzwischen fast bewegungsunfähig, außerdem versuchte Ishbel, sie weiter in das Auto hineinzuziehen.
    Bis Siobhan ihr ein Knie in den Solarplexus rammte. Sie spürte, wie sich die Umarmung lockerte, und nun schaffte sie es problemlos, sich zu befreien. Sie packte Ishbel an den Haaren, strebte mit einem kräften Beinschlag nach oben, und wieder griffen Hände nach ihr – dieses Mal allerdings nicht Ishbels, sondern die von Mangold. Sobald ihr Gesicht über Wasser war, riss Siobhan den Mund auf, um Luft zu holen. Prustend wischte sie sich über Augen und Nase, schob sich das Haar aus dem Gesicht.
    »Elendes Miststück!«, schrie sie, als Ishbel keuchend und spuckend von Mangold das Ufer hinaufgeführt wurde. Danach, an Les Young gewandt, der sie ungläubig anstarrte: »Sie wollte uns beide umbringen!«
    Er half ihr aus dem Wasser. Ishbel lag ein paar Meter weiter, und einige Zuschauer versammelten sich um sie. Einer von ihnen hatte eine Videokamera dabei und zeichnete das Geschehen für die Nachwelt auf. Als er die Kamera auf Siobhan richtete, schob diese sie unsanft beiseite und beugte sich dann über die lang ausgestreckte, klatschnasse Gestalt.
    »Was sollte das, verdammt noch mal?«
    Mangold kniete neben Ishbel, versuchte, sie in den Arm zu nehmen. »Ich weiß es nicht«, erwiderte
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