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Poseidon - Der Tod ist Cool

Poseidon - Der Tod ist Cool

Titel: Poseidon - Der Tod ist Cool
Autoren: Markus Wand
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Prolog
     
    Klarheit.
    Klarheit ohne Schmerz.
    Wenigstens für diesen Moment.
    Die Augen huschten unruhig über die Regalwände.
    Schwarze, klare Pupillen. Stecknadelgroß. Fraßen sich in die Bücherrücken. Brannten sich in jeden einzelnen Titel. Der Blick erstarrte. Feingliedrige, gepflegte Hände griffen vorsichtig in die Schriftenflut. Nahmen ein Exemplar heraus. Führten es zur Nase. Das Aroma hundert Jahre alten Leders legte sich über den Atem, hüllte ihn in sein flüchtiges Kleid. Zärtlich fuhren die Finger über den Umschlag. Über die in Gold gefassten Buchstaben. Jeder einzelne erzählte seine eigene Geschichte. Das Buch wurde geöffnet, in Seiten geblättert.
    Es hatte über Tausend.
    Diese Stelle zählte.
    Für ihn.
    Er kannte sie auswendig.
    Die Bibel. Das Buch Genesis. Die große Flut. 7,17 – 7,24.
    Die Flut der Erde dauerte vierzig Tage. Das Wasser stieg und hob die Arche immer höher über die Erde. Das Wasser schwoll an und stieg immer mehr auf der Erde, die Arche aber trieb auf dem Wasser dahin. Das Wasser war auf der Erde gewaltig angeschwollen und bedeckte alle hohen Berge, die es unter dem ganzen Himmel gibt. Das Wasser war fünfzehn Ellen über die Berge hinaus angeschwollen und hatte sie zugedeckt.
Da verendeten alle Wesen aus Fleisch, die sich auf der Erde geregt hatten, Vögel, Vieh und sonstige Tiere, alles, wovon die Erde gewimmelt hatte, und auch alle Menschen. Alles, was auf der Erde Lebensgeist durch die Nase atmete, kam um. Gott vertilgte also alle Wesen auf dem Erdboden, Menschen, Vieh, Kriechtiere und die Vögel des Himmels; sie alle wurden vom Erdboden vertilgt. Übrig blieb nur Noach und was mit ihm in der Arche war. Das Wasser aber schwoll hundertfünfzig Tage lang auf der Erde an.
    Mit geschlossenen Augen glitten seine Fingerkuppen über die einzelnen Schriftzeichen, die zu einem Meer von Bildern verschmolzen. Seine Lippen bewegten sich still und formten Worte, die in seinem Innern als Wind über das Wasser segelten und allmählich zu einem gewaltigen Sturm anschwollen. Die Sätze brandeten gegen die Klippen und spritzten ihre Gischt hoch in das Himmelszelt hinaus. Er sah die Arche tief unten in den Tälern
seiner
Geschichte schwimmen. Im verzweifelten Versuch gefangen, sich gegen die gewaltigen Berge aus Feuchtigkeit, die über sie hereinschlugen, zu stemmen.
    Wie sie im Sog der Wellen schlingerte.
    Wie sie pumpte.
    Rollte.
    Röchelte.
    Fast erstickte.
    Die Planken knarzten.
    Knirschten.
    Schrieen um Hilfe.
    Stemmten sich gegen die harten Schläge der nassen Fäuste, die brutal und ohne Unterlass auf sie einschlugen.
    Klatsch. Klatsch. Klatsch.
    Er sah Noach. Am Ruder. Die Hände ums Holz gekrallt. Die Augen vom Salz verbrannt. Sein langes, weißes Haar klebte auf der Haut.
    Er konnte ihn beten hören.
    Seine Angst riechen.
    Sie stank nach Versagen.
    Er sah die Tiere, die von Deck gefegt wurden.
    Sie stürzten in den weit geöffneten Schlund der Flut hinab. Ihren Hunger zu stillen.
    Eines nach dem anderen.
    Der Sturm wurde stärker.
    Das Tosen in seinen Ohren lauter.
    Noach und seine Arche waren für ihn nicht mehr, als ein kleiner, lächerlicher Punkt in einer gewaltigen Wüste aus Wasser.
    Ein Staubkorn, welches verzweifelt versuchte, aus der Sanduhr zu entfliehen.
    Der Bestimmung zu entgehen.
    Seiner Bestimmung.
    Langsam legte sich der Sturm in seinem Kopf und machte Ruhe und Frieden Platz. Die Bilder versanken darin. Die Lippen verstummten. Formten sich zu einem Lächeln. Die Augen öffneten sich mit verklärtem Blick. Sein Griff um das Buch lockerte sich, seine Hände wurden entspannter. Er schloss es. Legte es ins Regal zurück. Der Ledereinband hatte den Geruch von Schweiß angenommen. Er hob den Kopf, sah zum Fenster hinaus. Die Hitze des Sommers kratzte an die Scheiben.
    Klopfte dagegen.
    Kein Gott und keine Arche dieser Welt wird die Menschheit diesmal vor ihrem Schicksal bewahren. Alle werden sie in den Fluten meines Reiches ertrinken. Es gibt noch viel zu tun.
    Er warf sich seinen Laborkittel über die Schultern, leerte das Weinglas, welches auf dem Tisch stand und schnalzte mit der Zunge.
    Was für ein Aroma.
     
    Der Schmerz kehrte zurück.

1. Kapitel
     
    Der Sommer machte seinem Namen alle Ehre.
    Die Hitze war unerträglich und der Staub der ausgetrockneten Straßen legte sich auf Frenzels Lungen.
    Ein widerlicher, kratzender Belag, der jeden Atemzug zu einem Abenteuer werden ließ. Trotzdem parkte er seinen schwarzen 5er BMW im fußballfeldgroßen Innenhof
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