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Poseidon - Der Tod ist Cool

Poseidon - Der Tod ist Cool

Titel: Poseidon - Der Tod ist Cool
Autoren: Markus Wand
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spülten.
    Die entstehende Leere aushöhlten.
    Ausschabten.
    Übrig blieben die Zeilen eines alten Kinderliedes:
    „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?
    Niemand!
    Wenn er aber kommt?
    Dann rennen wir davon!“
    Nowotny hatte sich sein ganzes Polizeileben vor diesem Moment gefürchtet - sein Instinkt hatte ihn noch nie im Stich gelassen. Das Unfassbare, Unbegreifliche hatte sich geboren, durch das enge Loch seiner Herkunft an die Oberfläche gezwängt und sein Antlitz aus dem Dunkel gehoben.
    Atmete.
    Wuchs.
    Streifte hungrig umher.
    Nowotny spürte, dass der Tod Reinhard Kofens den Prolog einer grausamen Geschichte darstellte, welche noch viele Kapitel beherbergte.
     
    Seines wurde bereits geschrieben.
     
    Es klopfte an der Tür.

6. Kapitel
     
    „Herein“
    Die Tür zu Nowotnys Büro öffnete sich mit einem leichten Knarzen. Für einen Augenblick schlichen die Geräusche der anderen Zimmer heran. Verschwanden aber dann wieder im Nichts.
    „Hallo Michael, entschuldige meine Verspätung, aber ein Unfall auf dem Ring hielt mich auf. Ein Lieferwagen ist mit der Straßenbahn zusammen gestoßen. Du kennst ja unsere Kollegen vom Verkehrsdienst.“ Frenzel lächelte.
    „Kein Problem, Peter. Ich gehe davon aus, du warst schon unten in der Gerichtsmedizin bei Dr. Heinzelmann?“ Nowotny blies den Rauch seiner Zigarette in die Luft.
    „Sicher. Wir wollten uns ja dort treffen.“ Frenzel fächelte mit einer Hand den Qualm aus seinem Gesicht. „Wie kannst du in diesem Mief nur einen einzigen klaren Gedanken fassen?“
    Er hüstelte gekünstelt, ging zum Fenster, öffnete es und blieb daneben stehen.
    „Mensch Michael, hör doch endlich mit deiner verdammten Pafferei auf. Hast du heute schon mal in den Spiegel gesehen? Du siehst aus, na ja, beschissen wäre geprahlt.“
    Nowotny nahm den Hinweis nickend zur Kenntnis.
    „Wo du Recht hast, hast du Recht“, seufzte er, „aber hast du dir den Leichnam angesehen? Oder besser gesagt, was von ihm noch übrig ist? Ich habe in meinen ganzen Jahren hier schon einiges auf dem Tisch gehabt, aber das hier ist mir fast zu viel.“
    Nowotny beobachtete nachdenklich, wie sich die Glut durch den Tabak fraß. Er konnte die Hitze in seinen Adern spüren. Die Bilder in seinem Kopf drohten seinen ganzen Körper zu versengen.
     
    Frenzel sagte nichts. Er kannte seinen Chef und einzigen Freund. Es schwang ein Timbre in dessen Stimme, welches ihm Einhalt gebot.
    Aus Respekt.
    Ehrfurcht.
    Verständnis.
    Er spürte die Fäden der Angst, die fein verwoben zwischen den Wörtern hafteten. Die Ratlosigkeit zwischen den Sätzen. Sie hing schwerelos in der Luft.
    Zitternd.
    Vibrierend.
    Pulsierte zwischen ihnen im Rhythmus ihrer schlagenden Herzen.
     
    Nowotny blickte auf und sah Frenzel an.
    „Ich weiß, was du sagen willst.“ Frenzel kam ihm zuvor. „Ich habe dergleichen auch noch nicht gesehen, außer im Kino vielleicht. Die Überreste Kofens – bizarr. Erinnern mich an zersprungenes Glas.“ Die Nervosität in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    „Hast du mit Heinzelmann gesprochen?“
    „Ja“, erwiderte Frenzel, „allem Anschein nach ist Kofen innerlich erfroren. Muss zum Todeszeitpunkt ein einziger Eisbrocken gewesen sein. Ist dann vom Rad gefallen und auf dem Asphalt in tausend Teile zersprungen. Unglaublich! Er kann sich ebenfalls keinen Reim darauf machen. Wie soll so etwas möglich sein? Dazu noch mitten im Sommer?“
    Frenzel drehte sich zum Fenster und sah hinaus. Die laue Luft strömte in seine Lungen, er spürte die Wärme, die mit zarter Hand über sein Gesicht streichelte.
    Ihn davon überzeugte, nicht zu träumen.
    Ihn beruhigte.
    „Gibt es irgendwelche Zeugen?“
    Die Worte verirrten sich im Flimmern der Mittagsschwüle, die breit und schwer durch die Straßenschluchten walzte.
    Frenzel wandte sich wieder seinem Freund zu. Holte die Frage in den Raum zurück.
    „Möchtest du einen Schwarzen?“
    Nowotny stellte eine Tasse unter die Espressomaschine und drückte auf Start. Das Mahlwerk zermalmte die Bohnen zu einem feinem Pulver. Nahm Frenzels Frage mit. Zerstäubte sie.
    Frenzel kannte diese Eigenart Nowotnys. Wenn ihm eine Angelegenheit zu viel wurde, er das Gefühl verspürte, von ihr erdrückt zu werden, ließ er sie bei einer Tasse Espresso ins Leere laufen.
    Ertränkte sie in Koffein.
    Nahm ihr die Luft zu atmen.
    Um selbst wieder Atem zu schöpfen.
    Frenzel nickte dankend, als ihm das Getränk gereicht wurde. Er liebte einfach alles an
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