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So kam der Mensch auf den Hund

Titel: So kam der Mensch auf den Hund
Autoren: Konrad Lorenz
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ersten Male, in den Garten zurückgezogen, offenbar in der Absicht,
     mir gegen meinen Willen zu folgen. Ich ließ sie gewähren; erst als ich aus dem Hause trat, um auf die Bahn zu gehen, rief
     ich sie mit dem gleichen Anruf, mit welchem ich sie auch sonst zum Mitkommen aufzufordern pflegte. Da verstand sie plötzlich
     die Sachlage und umtanzte mich in höchster Freude.
    Nur wenige Monate war es ihr vergönnt, den Spuren ihres Herrn zu folgen, da ich schon am 10.   Oktober 1941 zum Militär eingezogen wurde. Es wiederholte sich die gleiche Tragödie, die sich ein Jahr vorher in Altenberg
     abgespielt hatte; ein Unterschied bestand jedoch insofern, als Stasi diesmal ausrückte, sich völlig unabhängig machte und
     über zwei Monate als wildes Tier in der Umgebung Königsbergs umherlief. Sie verübte Untat auf Untat, so daß zweifellos sie
     der rätselhafte »Fuchs« war, welcher in der Cäcilienallee den Kaninchenstall eines werten Kollegen geplündert hat. Erst nach
     Weihnachten kehrte Stasi völlig abgemagert und an einer schweren eitrigen Entzündung der Augen und der Nase erkrankt, zu meiner
     Frau zurück.
    Wieder genesen, kam sie, da kein anderer Weg offen blieb, in den zoologischen Garten, wo sie mit einem riesigen nordsibirischen
     Wolf verheiratet wurde. Leider blieb diese Ehe kinderlos. Monate später – ich war damals Nervenarzt im Reservelazarett Posen
     – nahm ich sie wieder zu mir. Als ich jedoch im Juni 1944 an die Front versetzt wurde, brachten wir Stasi mit ihren sechs
     Jungen in den Schönbrunner Tiergarten. Dort ist sie knapp vor Kriegsende einer Bombenexplosion zum Opfer gefallen. Eines ihrer
     Jungen aber war |25| nach Altenberg zu unserem Nachbarn gekommen; von diesem Rüden stammen sämtliche Hunde unserer Zucht ab.
    Weniger als die Hälfte ihres nicht ganz sechs Jahre langen Lebens hat Stasi in Gesellschaft ihres Herrn verbringen dürfen,
     und doch war sie bei weitem der treueste Hund, den ich bisher kennengelernt habe.

|26| Erziehung
    Es sei hier nicht die Rede von Hunden, die »auf den Mann« dressiert sind, die schwere Gegenstände apportieren, Verlorenes
     suchen oder sonst mit Künsten aufzuwarten haben. Übrigens frage ich den glücklichen Besitzer eines Hundes, welcher derlei
     kann, wie oft sein Gefährte Gelegenheit hatte, seine Künste praktisch anzuwenden? Mich jedenfalls hat noch kein Hund aus Gefahren
     gerettet. Wohl geschah es einmal, daß mich Pygi II., Stasis Tochter, mit der Nase anstupste und mir, als ich hinabsah, im
     hoch erhobenen Fang einen verlorenen Handschuh entgegenhielt. Möglich, daß sie einen Schimmer von Einsicht hatte, der auf
     meiner Spur liegende und nach mir riechende Gegenstand gehöre mir – ich weiß es nicht. Denn so oft ich hernach einen Handschuh
     fallen ließ, Pygi blickte nicht einmal hin. Und wie viele tadellos auf »Such’ – verloren« dressierte Hunde haben ihrem Herrn
     jemals einen unabsichtlich verlorenen Gegenstand von selbst, also ohne Befehl, gebracht?
    Wir wollen also hier nicht von diesen Dressuren reden, zumal über sie schon oft und trefflich geschrieben wurde, sondern einige
     jener Erziehungsmaßnahmen erläutern, die jedem Hundebesitzer das Zusammenleben mit seinem Pflegling erleichtern: das »Ablegen«,
     das »Körbchen« und das »Bei-Fuß-Gehen«.
    Zunächst aber noch einige Worte über Lohn und Strafe. Es ist ein verbreiteter Irrtum, diese für wirksamer zu halten als jenen.
     Bei vielen Erziehungsvorgängen, vor allem bei der Erreichung der Zimmerreinheit, ist es am besten, wenn es überhaupt nicht
     zu der »strafwürdigen« Handlung kommt. Nimmt man einen etwa drei Monate alten Hund aus dem Zwinger zu sich ins Zimmer, so
     ist es ratsam, den Zögling die ersten Stunden ständig zu überwachen und ihn zu
unterbrechen
, sobald er sich anschickt, ein Corpus delicti flüssigen |27| oder festen Aggregatzustandes zu produzieren. Man trage ihn dann möglichst schnell ins Freie, und zwar – das ist wichtig –
     immer nur an dieselbe Stelle. Tut er dort, was er nicht lassen kann, soll man ihn loben und bewundern, als habe er die größte
     Heldentat vollbracht. So behandelt, wird das Hundekind erstaunlich schnell begreifen, worum es geht. Hält man noch einen bestimmten
     Zeitpunkt des »Äußerln-Gehens« ein – man wird nach kurzem nichts mehr wegzuputzen haben.
    Was die Strafe anlangt, bedenke man vor allem dies: Je schneller sie dem Delikte folgt, desto wirksamer ist sie. Schon wenige
     Minuten nach begangener
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