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So kam der Mensch auf den Hund

Titel: So kam der Mensch auf den Hund
Autoren: Konrad Lorenz
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Es gehört einiges Taktgefühl dazu, zwischen
     Strenge und Freundlichkeit die richtige Mitte zu halten. Die Dressur darf niemals in ein Spiel ausarten; dieses ist erst
nach
der Leistung, als Belohnung erlaubt. So ist unbedingt zu verhindern, daß sich der Hund auf das Kommando zum Hinlegen
spielerisch
auf den Rücken wirft.
    Hat man schließlich eine Abliegedauer von mehreren Minuten erreicht, so entfernt man sich allmählich immer weiter von dem
     abliegenden Hunde, bleibt aber vorerst noch in seiner Sichtweite. Bleibt der Hund verläßlich liegen und wartet er viele Minuten
     auf das Kommando zum Aufstehen, kann man es wagen, überhaupt wegzugehen, während der Hund abliegt. Man erleichtert ihm die
     Aufgabe, wenn man einige Gegenstände bei ihm läßt, die er als zum Herrn gehörig gut kennt. Je mehr es sind, um so leichter
     fällt es dem Hund, bei ihnen liegen zu bleiben. Hat man einen Hund etwa auf einer Faltboottour mit und legt ihn bei Zelt,
     Boot, Luftmatratzen, Decken usw. ab, wird er musterhaft auf seinen Herrn warten. |32| Versucht dann ein Fremder, eines der bewachten Dinge wegzunehmen, gerät der Hund in größte Wut: nicht, weil er irgendwelche
     Begriffe vom Eigentum des Herrn hätte oder von der Aufgabe, es zu schützen, sondern weil die nach dem Herrn riechenden Gegenstände
     für ihn das Heim bedeuten, es gewissermaßen repräsentieren. Wenn man also gut auf Abliegen dressierte Hunde sieht, die beispielsweise
     eine Tasche des Herrn zu bewachen scheinen, so ist die psychologische Sachlage so: Der Gegenstand ist für den Hund ein stark
     reduziertes Symbol des Heimes, und der Herr hat nicht den Hund dort gelassen, damit er die Tasche bewacht, sondern die Tasche,
     damit der Hund dort bleibt! Läßt man den Hund in einer fremden Gegend abliegen, so nehme man bei der Wahl des Ortes Rücksicht:
     Es ist grausam, ein feinnerviges Tier auf stark frequentiertem Gehsteig abliegen zu lassen; man suche also einen stillen Winkel
     oder eine Deckungsmöglichkeit. Derlei zu beachten ist notwendig, weil ein längeres Abliegen den Hund seelisch stark belastet.
     Ist er jedoch gut dressiert, empfindet er diese Beanspruchung nicht mehr als Anstrengung, sondern als Freude, zumal er seinen
     Herrn überallhin begleiten darf, was für jeden anständigen Hund das höchste Glück seines Lebens bedeutet.
    Bei sehr klugen Hunden kann man es wagen, mit der Zeit die anfangs notwendigerweise strengen Dressurgesetze zu lockern. Stasi,
     eine wahre Meisterin im Abliegen, wußte zum Beispiel genau, daß es mir nichts ausmachte, wenn sie, bei meinem Fahrrade abgelegt,
     nicht dauernd in der Stellung einer ägyptischen Sphinx verharrte, sondern sich einige Meter im Umkreis frei bewegte. Sie hatte
     eben erfaßt, worauf es eigentlich ankam. Auch hatten wir folgendes Übereinkommen getroffen (ohne Absicht natürlich): Legte
     ich sie
ohne
meine Handtasche oder mein Fahrrad ab, wartete sie ungefähr zehn Minuten und ging dann allein nach Hause. Mit einem der beiden
     Gegenstände abgelegt, hätte sie bis zum Jüngsten Tag gewartet!
    Stasi hatte es in dieser Kunst so weit gebracht, daß sie sich – selbst ablegte! Während meines Aufenthaltes in Posen |33| hatte sie einen Wurf Kinder, deren Vater der Dingo des Königsberger zoologischen Gartens war. Ein befreundeter Arzt hatte
     für die Aufzucht der Jungen einen Zwinger zur Verfügung gestellt. Doch Stasi blieb nur drei Tage dort. Am vierten fand ich
     sie, als ich mittags vom Lazarett wegfahren wollte, wie sonst bei meinem Fahrrad liegen. Jeder Versuch, sie zu ihren Kindern
     zu bringen, scheiterte; sie bestand darauf, ihren gewohnten »Dienst« wieder aufzunehmen. Gleichwohl blieb sie eine pflichtbewußte
     Mutter: Zweimal täglich, am frühen Vormittag und am späten Nachmittag, lief sie einige Straßen weiter zu ihren Kindern, um
     sie zu säugen. Eine halbe Stunde nachher aber lag sie wieder beim Fahrrad.
    Dem Ablegen verwandt ist das »Körbchen«. Ist jenes sozusagen für den externen Gebrauch bestimmt, so dieses für den internen,
     das heißt, wenn man den Hund innerhalb des Hauses eine Zeit nicht bei sich haben will. Denn das Kommando »geh weg« versteht
     selbst der klügste Hund nicht, dazu ist das Wörtchen »weg« zu abstrakt; man muß also dem Hund schon konkreter sagen, wohin
     er gehen soll. Dem dient das »Körbchen«, das durchaus kein reales Geflecht sein braucht, vielmehr genügt ein geeigneter Winkel,
     den sich das Tier vielleicht ohnedies schon als
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