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Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14

Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14

Titel: Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
Autoren: Ian Rankin
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    »Völlig klare Sache«, sagte Detective Sergeant Siobhan Clarke. »Herdman ist schlicht und einfach ausgerastet.« Sie saß neben einem Krankenhausbett in Edinburghs erst kürzlich eröffneter New Royal Infirmary. Der Gebäudekomplex befand sich am Südrand der Stadt, in einer Gegend namens Little France. Er war für eine beträchtliche Summe auf einer Wiese errichtet worden, doch es gab bereits Klagen über die schlechte Raumaufteilung im Inneren und den Parkplatzmangel draußen. Siobhan hatte nach einer Weile eine Lücke für ihr Auto gefunden, nur um danach festzustellen, dass sie für dieses Glück würde bezahlen müssen. Das hatte sie Detective Inspector John Rebus erzählt, nachdem sie sich an sein Bett gesetzt hatte. Rebus' Hände waren komplett verbunden. Als Siobhan ihm etwas lauwarmes Wasser eingeschenkt hatte, hatte er den Plastikbecher mit beiden Händen zum Mund geführt und vorsichtig getrunken, während sie ihn dabei beobachtete.
    »Sehen Sie?«, hatte er anschließend vorwurfsvoll gesagt. »Keinen Tropfen verschüttet.« Aber dann hatte er die Vorführung vermasselt, indem er den Becher bei dem Versuch fallen ließ, ihn auf dem Nachttisch abzustellen. Der Becher landete mit der Unterkante auf dem Boden, prallte ab, und Siobhan schnappte ihn sich noch in der Luft.
    »Gute Reflexe«, lobte Rebus.
    »Nichts passiert. War ja leer.« Danach machte sie absichtlich, wie ihnen beiden klar war, Konversation, verkniff sich die Fragen, die sie ihm eigentlich unbedingt stellen wollte, und berichtete ihm stattdessen über die Bluttat in South Queensferry. Drei Tote, ein Verletzter. Ein ruhiges Küstenstädtchen, wenige Kilometer nordöstlich der Stadtgrenze gelegen. Eine Privatschule für Jungen und Mädchen im Alter von fünf bis achtzehn. Sechshundert insgesamt, jetzt zwei weniger.
    Die dritte Leiche war der Todesschütze, der seine Waffe anschließend gegen sich selbst gerichtet hatte. Wie Siobhan gesagt hatte, eine völlig klare Sache.
    Abgesehen von der Frage nach dem Warum.
    »Er hatte dieselbe Vergangenheit wie Sie«, sagte sie nun. »War ein Ex-Soldat, meine ich. Man nimmt an, dass sein Motiv etwas damit zu tun hat: Hass auf die Gesellschaft.« Rebus fiel auf, dass sie ihre Hände inzwischen tief in den Taschen vergraben hatte. Er vermutete, sie hatte sie zu Fäusten geballt und es noch nicht einmal bemerkt. »In der Zeitung stand, dass er eine Firma gehabt hat«, sagte er. »Er besaß ein Motorboot, hat Wasserskiläufer damit gezogen.« »Und doch hatte er diesen Hass?« Sie zuckte die Achseln. Rebus wusste, dass sie sich wünschte, sie würde am Tatort gebraucht, würde irgendetwas tun, um ihre Gedanken von der anderen Ermittlung abzulenken - einer internen und zudem einer, in deren Mittelpunkt sie selbst stand.
    Sie starrte an die Wand über seinem Kopf, so als sehe sie dort etwas Interessantes. »Sie haben mich noch gar nicht gefragt, wie es mir geht«, sagte er. Sie schaute ihn an, »Wie geht es Ihnen?« »Bin kurz vorm Lagerkoller, trotzdem danke der Nachfrage.«
    »Sie sind doch erst seit gestern hier.« »Mir kommt's länger vor.« »Was sagt der Arzt?« »War noch keiner bei mir, jedenfalls nicht heute. Egal, was er sagt, ich haue nachher hier ab.« »Und was dann?« »Wie meinen Sie das?« »Sie können nicht arbeiten.« Erst jetzt musterte sie seine Hände. »Wie wollen Sie Auto fahren oder einen Bericht tippen? Oder einen Telefonhörer halten?« »Das schaffe ich schon irgendwie.« Er ließ den Blick schweifen, denn nun war er derjenige, der Augenkontakt vermied. Seine Zimmergenossen waren ausnahmslos Männer etwa in seinem Alter und mit demselben fahlen Teint. Alle hatten sie der schottischen Lebensart Tribut zollen müssen, so viel war sicher. Einer von ihnen hustete, weil es ihn nach einer Zigarette verlangte. Ein anderer sah aus, als habe er Atemprobleme. Lauter Vertreter der übergewichtigen, fettlebrigen Masse männlicher Mitbürger. Rebus hob eine Hand, kratzte sich mit dem Unterarm die linke Wange und spürte dabei seine Bartstoppeln. Er wusste, sie hatten dieselbe graue Farbe wie die Wände dieser Krankenstation.
    »Ich schaffe das schon«, wiederholte er in die Stille hinein, senkte den Arm und wünschte sogleich, er hätte ihn nicht angehoben. Ein glühender Schmerz stach in seine Finger, als das Blut in sie zurückfloss. »Hat man schon mit Ihnen gesprochen?«, fragte er.
    »Worüber?« »Tun Sie doch nicht so, Siobhan...« Sie sah ihn an, ohne zu blinzeln. Als sie sich auf dem
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