Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snuff: Roman (German Edition)

Snuff: Roman (German Edition)

Titel: Snuff: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Palahniuk
Vom Netzwerk:
Assistentin geht weiter, zählt aber immer noch auf: »... Angina pectoris«, sagt sie, »Herzrhythmusstörungen, Nasenbluten, Kopfschmerzen, Diarrhöe...«
    In dem Jahr, als Cassie Wright auf dem Höhepunkt ihrer Karriere eine Auszeit nahm, ging unter Brancheninsidern das Gerücht um, sie habe ein Kind bekommen. Ein Baby. Sie sei schwanger geworden, als sie rückwärts auf Benito Mussolini geritten sei und er versehentlich in ihr abgespritzt habe. Angeblich hatte sie das Baby zur Adoption freigegeben.
    Und was soll man sagen? Mussolini wurde natürlich von Branch Bacardi gespielt.
    Und ich nehme noch eine Pille.

4
     
    Sheila
     
    Schweiß. Schweiß sammelt sich als bleiche Blasen in meinen zwei Schichten Latexhandschuhen. Alte Vorsichtsmaßnahme, die ich aus Schwulenpornos übernommen habe: Da trägt man ein blaues Kondom in einem normalen rosa Kondom, und wenn der Schwanz dann beim Analsex blau werden sollte, weiß man, dass der äußere Gummi kaputtgegangen ist. Absolut sicher. Tatsache. Wenn ich rosa Handschuhe über blauen trage, werden meine Finger so heiß, dass ich mein Herz darin schlagen fühle; Schweiß sammelt sich in Blasen, die unter der Latexhaut herumwandern und mit anderen Blasen verschmelzen und immer größer werden. Schweißbeulen schwellen zu dicken Polstern auf meiner Handfläche. Schweiß quillt unter der Latexschicht über meine Knöchel, sammelt sich an den Fingerspitzen und bläht sie zu kleinen Ballons. Weich und gefühllos.
    Ich fühle nichts. Nur meinen Puls und den Schweiß, der in meiner Haut herumkriecht.
    Latex, braun beschmiert mit Bräunungscreme. Orange bestäubt mit Kartoffelchipsgewürz, weiß mit Puderzucker oder Kokain. Fleckig rot von Geld, das mit Grillsauce oder Blut bekleckert war.
    Wenn ich auf die Blasen drücke – zum Beispiel, wenn ich die Hand um den Kugelschreiber balle, oder wenn meine Finger nach einem Dollarschein greifen -, strömen andere Blasen Richtung Handgelenk und schießen heiß und feucht auf meinen Unterarm. Und wenn der Schweiß mir dann vom Ellbogen tröpfelt, ist er schon kalt.
    Da steht ein Wichser mit einem Fünfzigdollarschein, hält ihn an beiden Enden und zieht ihn stramm. Plopp macht das Papier, wenn er so daran zieht. Und noch mal plopp. Er steht so nahe, dass seine triefende Schwanzspitze meine Hüfte berührt. Weich wie ein Kuss. Ein winziger Rammbock.
    Wieder ein Plopp, und jetzt seh ich ihn an. Trete zurück. Sehe nach unten auf den schleimigen Faden zwischen meinen Jeans und seiner Schwanzspitze.
    Der Wichser schiebt den Fünfziger auf mein Clipboard und sagt: »Hör zu, Baby. Ich hab bloß eine Stunde Mittagspause.« Er sagt: »Mein Boss bringt mich um...«
    Ich zucke die Schultern. Wische meine feuchten Ellbogen an den Schweißflecken in meinem T-Shirt ab.
    Heute dreht sich alles um den freien Willen.
    Dürfen erwachsene Menschen alles tun, was gesetzlich zulässig ist?
    Diese Wichser. Die Alleinunterhalter. Denen kann man schon am Gesicht ablesen, was sie denken. Zum Beispiel der Junge mit dem Rosenstrauß. Hält sich für einen Märchenprinzen. Taucht heute hier auf, um Cassie Wright aus ihrem tragischen Leben voller falscher Entscheidungen zu retten. Halb so alt wie sie. Bildet sich ein, er braucht sie nur zu küssen, und schon erwacht sie und weint vor Dankbarkeit.
    Das sind die Loser, die man im Auge behalten muss.
    Seit Annabel Chong das Sagen hat, gilt beim Gangbang die Regel, dass die beteiligten Männer pudelnackt zu warten haben, bis sie an der Reihe sind. Ms. Chong hatte immer befürchtet, dass irgendein Verrückter mit einer Knarre oder einem Messer aufkreuzen könnte. Irgendein religiöser Fanatiker, der die Stimme Gottes gehört hatte, würde beim Casting erscheinen und sie umbringen. Tatsache. Und deshalb stehen die sechshundert hier alle praktisch mit nacktem Arsch herum.
    Heute dreht sich alles um die freie Marktwirtschaft.
    Darf man einem Menschen verbieten, Geld zu verdienen und Macht auszuüben?
    Darf man den Leuten Grenzen setzen, um zu verhindern, dass sie zu Schaden kommen? Was ist mit Rennfahrern? Rodeoreitern?
    Diese Wichser. Sind in feministischer Theorie nie über den altmodischen Blödsinn von Andrea Dworkin hinausgekommen. Kennen nichts Sexpositives. Nichts von Naomi Wolf. Ich komme, also bin ich... Nein, ob ein Mann eine Frau als Spielzeug zum Ficken betrachtet oder als holde Maid, die es zu retten gilt, immer ist sie für ihn bloß ein passives Ding, das zur Befriedigung seiner Wünsche da ist.
    Diese
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher