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Snapshot

Snapshot

Titel: Snapshot
Autoren: C Robertson
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natürlich hat sie sich verändert. Aber das ist Oonagh. Das ist meine Tochter.«
    » Es war bestimmt schlimm für Sie, zu erfahren, wie sie ihr Geld verdient hat«, schaltete Narey sich wieder ein. » Dass sie sich prostituiert hat.«
    McCulloughs Augen funkelten gefährlich. » Das hätte meine Tochter niemals getan. Meine Tochter war keine… Nutte.«
    » So was kommt vor, Mr. McCullough. Menschen verändern sich«, erwiderte Narey.
    Er starrte sie wortlos an.
    » Oonagh hat sich sehr verändert. Es wäre keine Schande, sie nicht sofort wiederzuerkennen.«
    » Besonders im Dunkeln«, fügte Corrieri hinzu, aber Brendan McCullough schien nur noch Narey wahrzunehmen.
    » Schauen Sie sie an, Mr. McCullough«, sagte Narey.
    Doch er hielt ihrem Blick weiter stand, als ginge es darum, wer zuerst nachgab. Sie beobachtete, wie er schlucken musste.
    » Schauen Sie sie an!«, befahl sie ihm.
    Zögerlich senkten sich seine Augen auf die Leiche.
    » Ich kann mich noch gut an die Fotos bei Ihnen zu Hause erinnern«, sagte Narey. » So ein hübsches Mädchen. Dieses ganze Make-up, das sie aufgelegt hatte, das hatte sie doch gar nicht nötig.«
    Der Vater nickte, als wäre er ganz ihrer Meinung.
    » Ohne Make-up sieht sie viel besser aus, oder? Ein bisschen mehr wie Ihre kleine Tochter?«
    » Ja.« McCulloughs Stimme war kaum zu hören.
    » Deshalb haben Sie ja auch versucht, das Make-up von ihrer Wange zu wischen…«
    » Früher, als sie klein war«, flüsterte er, » war sie so ein liebes Mädchen. Ich hätte mir keine bessere Tochter wünschen können. Sie hat uns nie Sorgen gemacht, war immer so hilfsbereit. Sie war… glücklich.«
    » Als sie gegangen ist… das muss die Hölle gewesen sein.«
    Ein trauriges Lächeln. » Es hat mir das Herz gebrochen. Ihrer Mutter auch. Es hat uns innerlich zerrissen. Meine Kleine. Mein Mädchen.«
    » Und in Ihrem Kopf ist sie all die Jahre dieses kleine Mädchen geblieben. In Ihrer Vorstellung war sie immer noch sechzehn Jahre alt.«
    » Ja.«
    » Kein Wunder, dass Sie sie nicht erkannt haben. Sie war kein Mädchen mehr, sie war eine Frau.«
    McCulloughs Fassade bröckelte. Er schüttelte den Kopf wie einer, der weiß, dass er verloren ist.
    » Als Sie die Stadt nach ihr abgesucht haben, da haben Sie sich auch im Rotlichtviertel umgeschaut, oder? Sie wussten ja, wie viele verirrte Seelen dort stranden.«
    Er nickte. Seine Augen, die immer noch auf seine tote Tochter gerichtet waren, füllten sich mit Tränen.
    » Wahrscheinlich haben Sie einfach Trost gesucht«, flüsterte Narey. » Sie mussten mal alles hinter sich lassen. Und dann sind Sie auf den Geschmack gekommen. War es so?«
    Ein Schulterzucken.
    Narey nickte nachdenklich. » Aber eins wüsste ich gern. Da stehen so viele Mädchen rum… Haben Sie sich › Melanie‹ ausgesucht, weil sie Sie an Oonagh erinnert hat? Vielleicht unterbewusst?«
    McCulloughs Augen loderten auf, doch im nächsten Moment erloschen die zornigen Flammen wieder. Seinem Gesicht war anzusehen, dass er den Gedanken nicht ganz von der Hand weisen konnte. » Mein Gott«, hauchte er. » Mein Gott.«
    » Wann haben Sie begriffen, dass es wirklich Oonagh war? Natürlich nicht sofort– es war dunkel, und dazu das übertriebene Make-up, das platinblonde Haar…«
    » Ich war betrunken. Sonst wäre ich doch gar nicht da hingegangen. Später, wenn ich dann wieder nüchtern war, hab ich mich jedes Mal vor mir geekelt. Ich war betrunken.«
    Die ersten Tränen flossen über seine Wangen.
    » Wann haben Sie begriffen, dass es Oonagh war?«, fragte Narey noch einmal.
    McCullough fing an, langsam den Kopf zu schütteln. Er zitterte leicht. » Als ich Sonntagmorgen aufgewacht bin, habe ich mir eingeredet, dass ich mich geirrt habe. Dass sie es doch nicht war. Sogar eben, als ich hier reingekommen bin, habe ich noch gehofft, dass ich mich geirrt habe. Dass es doch nicht meine Oonagh war.«
    » Aber Sie wussten es. Oder, Mr. McCullough? Wann haben Sie es begriffen, damals in der Gasse? Beim Orgasmus?«
    Da beugte er sich vornüber und schlug sich die Hand auf den Mund, als müsste er sich übergeben. Doch er konnte seinen Magen noch bändigen.
    » Ja«, wimmerte er, als er sich wieder aufrichtete. » Ja. Ich war sehr betrunken, es war dunkel, und in der Gasse war es noch dunkler. Sie hat mich nicht erkannt, sie war gar nicht richtig da, wahrscheinlich hatte sie irgendwas genommen. Wir… ich… ich habe es getan. Was man eben tut. Und als ich… fertig war… hat sich
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