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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)
Autoren: Manfred Krämer
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Eine rotzfreche Werbekampagne, prominente Kundschaft und juristisches Gezoffe mit den etablierten Platzhirschen sorgten dafür, dass aus dem blinkenden Sternchen eine Supernova wurde.
    „Wenn Sie zusagen, arrangiere ich noch heute ein Treffen mit Gencer und Tolga.“
    „Sie sind hier?“ Annika schaute Theo ungläubig an. Ein belustigter Ausdruck erschien auf seinem breiten Gesicht. „Sie sind in Mailand, Mädchen. Sie verhandeln dort mit Silvio Delaggio. Wir fliegen mit der Abendmaschine ab Düsseldorf. Sie haben“, er schaute auf seine protzige Armbanduhr, „noch eine Stunde. Dann können sie ihren Termin bei C&A machen.“ Es war der Blick aus seinen Mexikaneraugen, der ihr die Entscheidung abnahm: Mitleid, Herablassung und eine Prise Bedauern spiegelten sich darin. Bedauern darüber, wie eine junge Frau so sensationell dumm sein konnte, über dieses Angebot auch nur eine Sekunde nachzudenken.
    „Ich bin dabei.“ Fast erschrak sie über den Klang der eigenen Stimme, lauschte einen Wimpernschlag lang dem Klang der Worte nach und schaute dann Kaminski an. „Was soll ich tun?“
    Theos weiße Zähne blitzten triumphierend. „Was Sie tun sollen? Sie sollen sich freuen, dass Sie eine Zwillingsschwester haben und ein gottverdammter Star werden. Das ist es, was Sie tun sollen.“

    Die Maschine der Alitalia war nur zur Hälfte besetzt. Annika saß so weit wie möglich entfernt von Sophia. Sophia … Der Name war garantiert so echt wie das Lächeln, das sie gezeigt hatte, als Theo die „Zwillinge“ miteinander bekannt gemacht hatte. Auch Annika hatte gelächelt. Auch Krokodile lächeln.
    Von allen Tussen, Gören, und vor Selbstüberschätzung schier platzenden Möchtegernstars, denen sie an diesem Tag begegnet war, musste ausgerechnet dieses arrogante Miststück der Schlüssel zu ihrem Durchbruch sein. Das Leben war ein Arschloch. Aber Annika würde tun, was Theo ihr geraten hatte. Sie würde ein Star werden. Wenn sie dazu Sophia brauchte, na schön. Wenn sie ihr Ziel erreicht hatte, würde sie die aufgeblasene Schnecke in den Staub treten.
    Gencer war verhindert, aber Tolga besaß Selbstbewusstsein für eine ganze Armee türkischer Herzensbrecher und barst fast vor Freude, als man ihm die beiden „Schwestern“ vorführte wie Vieh auf einer Schlachtauktion.
    Tolga war, wie sein älterer Bruder, ein typischer Vertreter ehrgeiziger Einwandererkinder, der es mit Fleiß und unbändiger Willenskraft zum erfolgreichen Unternehmer geschafft hatte. Dabei verleugnete er niemals seine Herkunft, verehrte seine Eltern und war strenggläubiger Muslim, ohne jedoch das Klischee des intoleranten Fanatikers zu bedienen. Die Familie war von jeher als weltoffen und kontaktfreudig bekannt, was 1962 Yakup Akbulut bewogen hatte, seine Frau zu überreden, ihm in den „goldenen Westen“ zu folgen.
    Tolga versprühte seinen John-Travolta-Charme mit dem Feuerwehrschlauch, ließ pausenlos Leckereien und erlesene Getränke auffahren und stellte seine Pläne für die neue Kampagne mit leuchtenden Augen und dem Redeschwall eines Rheumadeckenverkäufers vor.
    Annika konnte nicht anders, sie wurde einfach mitgerissen, trank zu viel und fand sich zu später Stunde Arm in Arm mit Sophia, blöde grinsend und ein leeres Champagnerglas schwenkend, wieder. „Al“ Alfred knipste sich die Finger wund, Theo quatschte eine üppige Visagistin bewusstlos und Tolga zog sich lächelnd zurück. Die Sache war im Kasten, morgen ging es nach Marrakesch.

    Annika erwachte mit brummendem Schädel mitten in einem Straßenbahndepot, durch das ein wahnsinniger Verkehrsplaner eine sechsspurige Autobahn gebaut hatte. Benommen tastete sie sich aus dem Bett und schleppte sich zum Fenster.
    „A star is born“, murmelte sie vor sich hin und lugte durch die vergilbten, nach Staub und Nikotin riechenden Vorhänge auf die Straßenkreuzung direkt vor dem Hotel.
    Gleich fünf mehrspurige Straßenzüge mündeten in einen riesigen Kreisverkehr, dessen Markierungen längst von den ständig quietschenden Reifen der italienischen Kamikaze-Fahrer wegradiert worden waren. Wie gestrandete Wale standen eingekeilte Busse dazwischen, während Motorroller und Mopeds wie Fliegen alles umschwärmten. Straßenbahnen untermalten das Schlachtengemälde kreischend, bimmelnd und ihre absolute Herrschaft rigoros ausnutzend.
    Der Lärm wurde zum ohrenbetäubendem Crescendo, als Annika das Fenster öffnete und sich eine Zigarette anzündete. Rührend hilflos paffte sie gegen den Brodem aus
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