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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)
Autoren: Manfred Krämer
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Neckar in den Rhein, vereinte sich mit dem mächtigen Strom, um in Richtung Norden zu fließen. Der Ball bekam plötzlich einen Auswuchs. Entsetzt blickte der Mann auf den deutlich sichtbaren Schattenriss einer menschlichen Hand. Der „Ball“ war ein Kopf. Die Hand glitt zurück ins Wasser, tauchte erneut daraus hervor und schien hilfesuchend in die Luft zu greifen. Dann war da nur noch Wasser. Schwarz, glitzernd, erleichtert fließend, befreit von Schleusen und Wehren, nahm es alles mit auf seinem Weg in die nasse, kalte, namenlose Nacht … alles …
    Der Mann ging mit hastigen Schritten den schmalen Uferweg entlang, taumelte, wäre beinahe gestürzt. Der Biernebel in seinem Gehirn war verschwunden. Gebannt starrte er auf den Fluss. Der Neckar zeigte wieder sein übliches, glattes Gesicht. Der grausige schwarze Ball war fort … Der Mann stolperte weiter. Eine weggeworfene Bierdose knirschte metallisch unter seinen Stiefeln. Dann sah er den Koffer. Genaugenommen wusste er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass der Gegenstand, der direkt vor seiner Nase im Neckar trieb, ein Koffer war. Auf jeden Fall war es kein Baumstumpf, keine Mülltüte oder sonstiger Dreck, den der Fluss hier zuhauf anspülte. Der Instinkt des Stadtstreichers ließ ihn näher ans Ufer treten. Er balancierte auf den glitschigen Steinen, beugte sich vor, um den Gegenstand näher in Augenschein zu nehmen. Er erkannte Messingbeschläge, schimmerndes Metall und Griffe. Ein Koffer. Er ragte nur zu einem kleinen Teil aus dem trüben Wasser. Der Mann schaute sich suchend um, ergriff einen weiß gebleichten, dürren Ast und stocherte damit nach dem Koffer. Dabei glitt er mit dem rechten Fuß aus und landete bis zum Oberschenkel im Wasser. Fluchend startete er einen neuen Versuch. Diesmal gelang es ihm, eine Astgabel in einen der Griffe einzuhaken. Er zog den Behälter näher ans Ufer. Er war schwer. Endlich hatte er ihn soweit zu sich heran bugsiert, dass er ihn mit der Hand greifen konnte. Er schwitzte unter seinem alten Bundeswehrparka. Vor Anstrengung und vor Aufregung. Wahrscheinlich enthielt der Koffer nur Versicherungsverträge, irgendwelche Akten, eine Thermoskanne und schimmelige Stullen. Endlich hatte der alte Mann den Koffer geborgen. Erschöpft saß er neben dem triefenden Gepäckstück im Gras. Als sein rasselnder Atem sich wieder halbwegs beruhigt hatte, schaute er sich sorgfältig nach allen Seiten um. Niemand zu sehen. Kein Pennbruder, der unbedingt wissen wollte, was er denn da habe. Keine jugendlichen Kiffer, die ihn verhöhnten, keine neugierigen Schatten in den Fenstern der Häuser.
    Mit klammen, arthritischen Fingern öffnete er die Schnappverschlüsse und starrte auf den Inhalt. Was er sah, ließ ihn an seinem Verstand zweifeln, seinen Augen misstrauen, die ihm schon so oft die unmöglichsten Dinge vorgegaukelt hatten. Das konnte nicht sein. Das gab es einfach nicht. Seine Augen waren weit aufgerissen, doch sein Gehirn konnte den Anblick nicht zuordnen. Er verharrte minutenlang in tranceartiger Starre, bis ihn sein Rheuma und das Geräusch von Schritten wieder in die reale Welt zurückholte. Eine Welt, die nie wieder dieselbe sein würde.
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