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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)
Autoren: Manfred Krämer
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richtiges Licht!“ Ihre Stimme klang fordernd, ihre Augen streiften abfällig über Annikas noch feuchte Haare.
    Theo Kaminski legte einen fetttriefenden Hähnchenschlegel auf den Teller und schaute sie an wie ein großmütiger Vater seine verwöhnte Tochter.
    „Ihr werdet geschminkt und frisiert. Kessler trifft morgen früh um neun mit seinem Stab hier ein. GEtTO macht hübsche Mäuse aus euch. Hört bloß auf, an euch selber rumzuzauseln. Das kann Charles absolut nicht ab. Noch etwas: Lasst die hübschen Pfötchen vom Visagisten. Ist eh zwecklos, ich hätte da noch die besseren Chancen.“
    „In welchem Zelt wird Katy wohnen?“ Annikas Fantasie ging mit ihr durch. Sie sah sich schon Seite an Seite mit dem weltberühmten Supermodel an der Blechrinne Zähne putzen.
    „Ha!“, prustend spuckte Theo ein Stück Hähnchen aus und tupfte sich den Mund ab, „Katy wohnt im La Sultana in Marrakesch und wird jeweils für das Shooting eingeflogen. Mit einem klimatisierten Helikopter. Fünf Mann schleppen ihr das Perrier hinterher, fächeln ihr Luft zu und wischen in der Wüste Staub, bevor ihr zartes Füßlein irgendwo hintritt. Mädels, Katy ist nicht mehr auf dem Weg. Sie ist angekommen. Da wo sie ist, geht es nicht mehr weiter. Schaut sie euch an, staunt, und haltet eure süßen Schnuten.“ Ein verhaltener Rülpser beendete den Monolog.
    Annika schwieg betroffen und Sophia schenkte ihr einen Blick der Marke „Naives Landei!“
    Am ersten Abend ging das Team früh zu Bett. Annika, die sich zunächst über die Daunenschlafsäcke gewundert hatte, lernte die Isolation in der kriechenden, beißenden Kälte der Wüstennacht dann doch zu schätzen.
    Sophia, die alleine fast eine ganze Flasche Sekt geleert hatte, schnarchte leise. Annika lag noch lange wach. Ein Traum. Der Nachtwind sang sein fremdes Lied, ab und zu drang leises Murmeln aus den anderen Zelten. Die Scheinwerfer waren bis auf einen ausgeschaltet. Wachen patrouillierten um das Gelände und vermittelten ein Gefühl trügerischer Sicherheit. Morgen war das Shooting. Sie würden zurechtgemacht, in die verrücktesten Fetzen gesteckt und mitten in der Einöde für eine Horde Anweisungen brüllender Typen lächerliche Posen aufführen. Die GEtTO-Twins. Der Clou der kommenden Saison. Sie hatte es geschafft. Fast geschafft. Halb geschafft. Dank dieser schnarchenden Schlampe auf dem Feldbett neben ihr. Sie musste es ganz schaffen. Ganz oder gar nicht. Annika hatte Kompromisse noch nie ausstehen können. Sie musste Sophia ausbooten. Je eher, desto besser. Voll düsterer Gedanken schlief sie schließlich erschöpft ein.
    Sie erwachte um drei Uhr achtzehn von einem merkwürdigen Geräusch. Sie konnte es nicht zuordnen und schlug die Augen auf. Im blauen Dämmerlicht sah sie Sophias zusammengekauerte Silhouette unter dem Schleier des Moskitonetzes. Sie hatte die Beine an den Leib gezogen und die Arme um die Knie geschlungen. Das rhythmische Pfeifen kam aus ihrem offenstehenden Mund. Sie hyperventilierte und starrte auf das Netz, an dessen Außenseite ein erbärmlich dürres Spinnlein unverdrossen nach oben wanderte.
    „Hey!“ Keine Reaktion. Das stoßweise Atmen wurde schneller. Annika musste etwas tun. Sie kroch aus dem Schlafsack, schlüpfte in die Schuhe, nicht ohne sie vorher, wie Theo es empfohlen hatte, auszuklopfen und tappte zu Sophia.
    „Hey, Sophia!“ Die Frau war trotz der Kälte schweißgebadet, ihre Schultern zuckten, die Knöchel ihrer verkrampften Hände leuchteten weiß.
    Annika raffte das Moskitonetz zur Seite. Klatsch! Sie musste sich nicht groß überwinden. Klatsch! Einmal links, einmal rechts. Das Stakkato brach ab, wurde abgelöst durch unkontrolliertes Zittern von Armen und Beinen.
    „Es ist nur eine Spinne! Eine gottverdammte, dämliche, winzig kleine Spinne! Hörst du? Es ist nur eine Spinne!“
    „Mach sie weg! Mach sie weg! Um Gottes willen, mach sie weg!“
    Scheiße, wie war die denn drauf? Annika nahm einen Fetzen Klopapier und pflückte den armen Achtbeiner vom Netz.
    „Und tschüß, mein kleiner Freund“, verabschiedete sie das Tier ins Chemieklo.
    „Kannst dich wieder einkriegen, das Monstrum sitzt jetzt voll in der Scheiße.“ Sophias weit aufgerissene Augen flackerten unstet. „Sorry, ich kann da nichts für. Trauma. Alles, was mehr als vier Beine hat oder was gar keine Beine hat. Gibst du mir bitte meine Tasche?“ Mit fahrigen Bewegungen kramte Sophia in ihrer Umhängetasche, förderte eine Pillendose zutage und warf zwei
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