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Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'

Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'

Titel: Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
Autoren: Stefan Wolf
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hervor, die er mitgebracht hatte, und gab die eine seinem
Freund.
    „Das ist dein Gepäck, Willi. Penner
haben keine Koffer, sondern Plastiktüten.“
    „Aber sie sind leer.“
    „Stopf irgendwas rein!“
    „Ich habe nichts, nicht mal Schokolade.“
    „Dann bist du eben ein ganz armer
Penner.“
    Tim erreichte die unterste Stufe, blieb
stehen und witterte nach links.
    Das Widerlager der Brücke war in den
Uferhang eingelassen. Die Stahlbeton-Decke überdachte den Kai. Hier war man
wirklich ,unter den Brücken’.
    Tims Augen gewöhnten sich an die
Dunkelheit. Unter der Brücke, also regengeschützt, standen drei oder vier
Kisten am Hang. Zu sehen war niemand. Auch nicht zu hören. Der Fluß führte noch
die Regenmenge der letzten Tage mit sich, gurgelte und war schwarz wie Tinte.
    „Bist du sicher“, fragte Klößchen, „daß
dieser scheußliche Platz ein In-Treff für Penner ist? Vielleicht sitzen alle in
der Weinstube Schluckspecht und würden sich totlachen, wenn sie uns hier
sähen.“
    „Unsinn! Jedesmal, wenn wir über die Brücke
fahren, hängen hier die Typen rum. Sogar im Winter.“
    In diesem Moment sah Tim eine Gestalt.
    Sie lag hinter den Kisten, gut
versteckt, seufzte aber jetzt wie jemand, der nach achtstündigem Fernseh-Gucken
seinen Namen nicht mehr kennt, und wälzte sich auf die andere Seite.
    „Da pennt ein Penner“, sagte Tim. „Die
gehen wohl mit den Hühnern schlafen. Egal, wir fragen.“
    Er stiefelte los mit Klößchen im
Windschatten.
    Die Gestalt — walroßdick — lag dicht an
der Mauer des Brückenwiderlagers auf einer alten Matratze. Mehrer Decken und
Mäntel waren über den Schlafenden gebreitet.
    Einzelheiten konnte Tim nicht erkennen.
Aber er fragte am richtigen Ende, nämlich dort, wo der Kopf war.
    „Hallo, Kumpel, wie sind neu hier.
Gerade eingetroffen. Ich hab mal eine Frage.“
    Der Fluß hörte auf zu gurgeln. Das
heißt, der Mensch, der sich hier zur Ruhe gebettet hatte, stellte sein
Schnarchen ein. „Verpfeif dich!“ grunzte es unter den Decken hervor.
    „Wir wollen nur wissen, wo man hier poofen
kann, ohne daß gleich die Bullen anrauschen.“
    Decken und Mäntel wurden
zurückgeschlagen, die Gestalt richtete sich auf.
    Es war eine Frau. Aber was für eine!
Das Gesicht erinnerte an eine Bulldogge, die wilde Mähne hätte ein Kopfkissen
gefüllt. An den Ohren hingen Kreolen-Ohrringe — so groß, daß man einen
Tennisball durchschieben konnte.
    Tim wich vor dem schnapshaltigen Atem
zurück.
    „Wer seid ihr denn?“ Ihre Stimme
dröhnte.
    „Tim und Willi.“
    „Woher?“
    „Wir waren schon überall. Nur hier noch
nicht.“
    „Dann wart ihr bisher immer falsch.
Hier ist es am besten. Ausgerissen?“
    „Kann man sagen.“
    „Aus der Erziehungsanstalt, wie?“
    „Von dort ist Willi getürmt. Ich bin
von zu Hause weg. Wer bist du?“
    „Paula. Würgegriff-Paula.
Wahrscheinlich habt ihr schon von mir gehört. Ich war früher Berufsringerin.
Aber das ist lange her und heute nicht mehr gefragt. Von 216 Kämpfen habe ich
nur 25 verloren.“

    „Und da war sicherlich Schiebung im
Spiel.“
    „Du sagst es! Pennen könnt ihr hier
überall. Die Bullen lassen uns in Ruhe. Zum Schmalmachen ( betteln ) geht
ihr am besten in die Fußgängerzone. Hängt euch ein Schild um, daß ihr
Waisenkinder seid. Manche Leute haben ein weiches Herz.“
    „Danke, Paula. Wir sehen uns ja noch in
nächster Zeit. Gute Nacht.“
    Sie fiel auf ihre Matratze zurück und
deckte sich zu. Tim und Klößchen wandten sich in südliche Richtung, wo sich der
Kai verbreiterte, um dann nach einem halbe Kilometer zu enden. Unbefestigtes
Ufer ging über in die Flußauen.
    „Was für eine entzückende Person“,
meinte Klößchen, als sie außer Hörweite waren. „Sie hat überhaupt nicht
versucht, uns in den Würgegriff zu nehmen. Und Tips gibt sie auch ab — gratis.
Als Anfang war das sehr gut.“
    „Will ich meinen. Wir sehen jetzt
erstmal, wer hier sonst noch im Busch ist. Vor allem unser Nachtquartier ist
wichtig. Würgegriff-Paula hat außer den Speckseiten auf ihren Rippen mindestens
drei Mäntel und vier Decken.“
    „Wußtest du eigentlich, wie einzigartig
schön, wie paradiesisch, wie himmlisch luxuriös unsere Bude Adlernest ist?“
    „Übertreib nicht! Bisher hast du immer
geschimpft. Zu klein, zu eng, zu weit oben, zu wenig Platz für Schokolade.“
    „Wie dumm ich doch war. Ich verstehe
mich selbst nicht mehr. Bedenk doch, unsere Bude hat vier Wände, ein Dach,
Heizung, zwei
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