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Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'

Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'

Titel: Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
Autoren: Stefan Wolf
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erforderlich. In einem allein wäre er
erfroren. Als Kopfbedeckung diente ihm ein alter Kalabreser, ein breitkrempiger
Hut — wie Handwerksburschen und Zimmerleute ihn auf der Walz tragen.

    „Du siehst aus wie ein Räuberhauptmann“,
feixte Klößchen.
    „Bei dir würde ich vermuten, man hätte
dich aus einem Flugzeug abgeworfen — als überflüssigen Ballast.“ Tim rückte
seinen Hut zurecht. „Etwas stimmt noch nicht. Die Klamotten sind zwar alt,
verschlissen und mottenzerfressen, aber sauber. Man riecht es förmlich. Daran
würde man erkennen, daß wir uns nur als Penner verkleidet haben.“
    „Wie willst du die Sauberkeit ändern?“
fragte Klößchen. „Im Handumdrehen kann ich mich nicht einsauen.“
    „Doch!“
    Hinter der Villa hatte Tim einen Küchengarten
entdeckt — mit frisch umgegrabenem Beet.
    Etzels Haushälterin zog hier Tomaten,
Kräuter und Kohlköpfe.
    Tim warf sich auf das Beet. Auf der
feuchten Erde wälzte er sich wie eine Wildsau im Schlamm.
    Klößchen wieherte. Sogar Andy grinste,
obwohl heute einer seiner humorlosesten Tage war.
    „Los, Willi!“ befahl Tim. „Mir nach!
Mach mal auf Erdferkel! Wir schlafen seit einem Jahr im Freien und auf dem
Boden. Dein Mantel ist dein Schlafsack. Suhl dich!“
    Klößchen ließ sich das nicht zweimal
sagen.
    „Und jetzt ordentlich Dreck unter die
Fingernägel“, meinte Tim. „Für Penner ist das selbstverständlich.“
    Klößchen scharrte mit den Händen wie
ein Hund.
    Tim buk auf die Schnelle ein paar
Lehmkuchen.
    „Es reicht“, meinte Andy. „Ihr seht aus
wie Söhne der Müllkippe. Jede ansteckende Krankheit traut man euch zu. Eine
Steigerung wäre noch, wenn ihr euch ein paar Zähne ausschlagt. Vagabunden haben
Lücken im Gebiß.“
    „Vielleicht hacke ich mir zwei, drei
Finger ab — damit ich deinem Idealbild entspreche“, lachte Tim. „Du hast
offenbar Lücken im Gehirn. Laß dich nicht beeinflussen, Willi. Wir sind jetzt
genug heruntergekommen. Den Rest müssen wir schauspielern.“
    Andy sah auf die Armbanduhr, und sein
Grinsen erlosch wie ausgeknipst.
    „Verdammt, ich muß nach Hause!“
    „Schimpft sonst dein Stiefvater?“
    „Das interessiert mich nicht. Nein, es
ist... Ich, äh, habe noch was vor. Das... naja, egal.“
    Er sprach nicht weiter.
    Tim sah ihn an. Andy starrte vor sich
zu Boden, das Gesicht war bleich und für einen Moment verzerrt. Es war kein guter
Gedanke, der dem Jungen durch den Kopf ging.
    Tim hatte auf der Zunge, zu fragen.
Aber in diesem Moment kamen Karl und die Mädchen um die Hausecke.
    Gaby begann zu kichern.
    Carolines Rehaugen weiteten sich und
verloren für kurze Zeit den schwermütigen Ausdruck.
    „Ein Jam...mer“, japste Karl und hielt
sich die Hand vor den Mund, „daß ich meinen Fotoapparat nicht dabei habe. Aber
am Dienstag, wenn alles überstanden ist, fotografiere ich euch.“
    „Das Vergnügen wirst du spätestens am
Sonntagvormittag haben“, prophezeite Andy. „Dann hat Willi die Nase voll und
gibt auf.“
    „Du wirst dich wundern“, entgegnete
Klößchen. „Im übrigen möchte ich das Mountain-Bike nicht in einem Zustand, wie
wir jetzt sind, übernehmen... sondern blitzsauber und poliert.“
    „Ich werde ihm die Zähne putzen“, Andy
stocherte mit zwei Fingern in seiner üppigen Mähne herum, „aber nur, damit ich
noch mehr Freude daran habe.“
    „Und jetzt zu deinem Großvater“, sagte
Tim zu Caroline. „Er will uns begutachten.“

4. Verschwundene Ausreißer
     
    Es dunkelte früh. Unten in der Stadt
gingen die Lichter an. Der Wind wurde noch kälter. Hunde, die jetzt Gassi
geführt wurden, kniffen die Schwänze ein.
    Andy hatte sich verkrümelt, war nach
Hause gefahren. Caroline blieb noch bei ihrem Großvater. Ihr Heimweg dauerte
keine zehn Minuten zu Fuß. Aber sie war mit dem Drahtesel da, und das verkürzte
die Zeit erheblich.
    Die TKKG-Bande verabschiedete sich. Zu
viert fuhren sie los. Die Jungs brachten Gaby nach Hause. Bei ihr auf dem Hof
wollten Tim und Klößchen ihre Tretmühlen abstellen.
    Sie fuhren durch Nebenstraßen, wo nicht
soviel los war. „Mich würde es nicht wundern“, meinte Tim, „wenn uns eine
Polizeistreife anhält. So wie wir aussehen, können wir die Räder nur geklaut
haben.“
    „Ich fühle mich gar nicht wohl“, rief
Klößchen. „Die Hose kneift, die Schuhe drücken, rechts — wo der Ärmel fehlt —
friere ich, der Magen knurrt, kein Stück Schoko habe ich, und die schaurige
Nacht steht noch bevor. Kein Mensch würde in
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