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Sirenenlied

Sirenenlied

Titel: Sirenenlied
Autoren: Tanja Heitmann
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mir gehörst. Deshalb werde ich zu dir kommen, selbst wenn du meinen Ruf unbeantwortet verklingen lässt«, fuhr sie fort.
    Langsam drehte Josh sich um und ging zurück ins Haus, wobei seine Beine ihm beinahe den Dienst versagten, weil der Widerstand des Wassers so groß war. Zumindest redete er sich das ein, denn dass ein Teil von ihm solch einen Widerstand leistete, konnte er sich nicht eingestehen.
    Hinter ihm stieß die Sirene einen leisen Schmerzensschrei aus, der jedoch ausreichte, um das Wasser in helle Aufruhr zu versetzen. Einer Woge gleich fuhr es im Inneren des Hauses umher, wirbelte alles durcheinander, und auch wenn es Josh nicht berühren konnte, so riss es ihn doch mit in seine Schwärze.
     
    Es war das Aufschlagen des Wasserglases auf die Steinplatten, das Josh aus dem Schlaf riss. Ungläubig richtete er sich in dem Ledersessel auf, in dem er offensichtlich eingeschlafen war.
    Im Black House herrschte Dunkelheit, nur die Leuchtanzeige des Schallplattenspielers spendete fahles Licht.
    Die Klamotten klebten an Josh wie eine zweite Haut, so durchgeschwitzt waren sie. Sein Herz schlug wild, und er verspürte das Verlangen, aus dem Haus zu rennen, hinüber
zum Meer, um sich in ihm abzukühlen. Stattdessen streifte er lediglich seine Kleidung ab, verkroch sich unter der Bettdecke und hoffte darauf, dass der Morgen rasch kommen möge.

4
    Salz auf der Haut
    Als Josh aufwachte, weigerte er sich, sofort seine Augen aufzuschlagen, wie er es für gewöhnlich tat. Er traute seiner Wahrnehmung nicht mehr über den Weg. War wirklich ein neuer Tag angebrochen, wie es der helle Schein, der durch seine Lider drang, vorgab? Oder war es ein weiterer Traum, dem ihm die Sirene schickte?
    Unentschlossen vergrub er sein Gesicht im feuchtwarmen Kissen und lauschte in sich hinein. Eigentlich fühlte sich alles sehr echt an, vom ausgetrockneten Mund über die verspannten Schultern bis hin zu der pochenden Erektion, auf der er lag. Und solche Träume schickte die Sirene nicht, da war er sich sicher. Wenn sie die Macht über seine Träume an sich riss, um ihm einen Gruß zu senden, dann stand sie im Zentrum und schürte sein Verlangen. Nein, im Moment gab es da nur dieses rein körperliche Bedürfnis, das es nicht einmal für nötig hielt, ihm ein paar interessante Bilder vorzugaukeln, damit er ihm nachgab.
    Ein wenig missmutig verlagerte Josh das Gewicht und
schob eine Hand unter seinen noch schlafschweren Körper, um sich Abhilfe zu verschaffen.
    Gerade als er zu dem Entschluss kam, dass es keine schlechte Idee gewesen war, nicht sofort aufzustehen, ging die Haustür mit einem Knarren auf.
    »Guten Morgen«, erklang Eileens Stimme.
    Ein Keuchen unterdrückend, biss Josh ins Bettzeug und verfluchte die hiesige Sitte, die Türen nicht abzuschließen. Die elende Gastfreundschaft konnte einem Mann das Leben verdammt schwermachen.
    »Josh? Wo steckst du denn?«
    Schritte ertönten auf den Steinplatten, dann hörte er ein verhaltenes »Oh, da bist du«.
    Langsam drehte Josh sich in dem von der Nacht nassgeschwitzten Bettzeug um, darauf bedacht, die Decke mit den Knien ein Stück anzuheben, damit sie keine peinlichen Details preisgab. Sein schnell gehender Atem war schon verräterisch genug. Dann stützte er sich auf die Ellbogen und schenkte der jungen Frau, die über das Bücherregal vor seinem Bett linste, ein aufgesetztes Lächeln.
    »Guten Morgen, Eileen. Komm ruhig rein und fühl dich wie zu Hause.«
    Obwohl Eileen bereits errötet war, verfärbte sich ihr Gesicht binnen einer Sekunde noch mehr. »Tut mir leid, wenn ich dich störe, aber ich bin einfach nicht davon ausgegangen, dass du am Vormittag noch im Bett liegst«, rechtfertigte sie sich mit einem trotzigen Zug um ihre Lippen. »Ich... nun ja. Ich habe dir Pfannkuchen mitgebracht. Wegen gestern Abend...«
    Der Satz blieb unvollendet im Raum stehen, während Eileens Blick an seiner nackten Brust hängenblieb, als wäre sie das Faszinierendste, das sie jemals zu sehen bekommen
hatte. Sie reagierte auch nicht, als Josh ob ihrer Gebanntheit die Augenbrauen hochzog und hüstelte.
    »Erde an Eileen. Warum gehst du nicht einfach in die Küche und machst Kaffee, dann kann ich mich in der Zwischenzeit...«
    »Schieb mal die Decke beiseite«, forderte Eileen ihn auf, als hätte keins seiner Worte sie erreicht.
    »Das halte ich für keine gute Idee.« Josh hielt inne und übersprang die zottige Anspielung, die ihm auf der Zunge lag. »Hör mal, ist alles in Ordnung?«
    Eileen
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