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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge
Autoren: Jim Butcher
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schon mit blinkendem Blaulicht im Einsatz. Auch die Feuerwehr und ein paar Krankenwagen rückten gerade an. Wir lieferten Mort bei einer Gruppe von Zuschauern mit kleineren Verletzungen ab und zogen uns zurück. Nach der Anstrengung beobachten wir ein wenig atemlos die Sanitäter, die sich um die Verletzten kümmerten.
    »Ich muss Ihnen etwas beichten«, sagte Vater Vincent schließlich.
    »He«, erwiderte ich. »Glauben Sie nicht, dass mir die Ironie entgeht.«
    Vincent verzog die ledrigen Lippen zu einem gequälten Lächeln. »Ich bin nicht nur nach Chicago gekommen, um in der Sendung aufzutreten.«
    »Nein?«
    »Nein. Eigentlich bin ich vor allem hier, weil…«
    »Weil Sie mit mir reden wollen«, unterbrach ich ihn. Er zog die Augenbrauen hoch. »Woher wissen Sie das?« Seufzend fischte ich die Autoschlüssel aus der Tasche. »Es ist mal wieder einer dieser Tage.«

2. Kapitel
     
     
     
    Ich setzte mich in Bewegung und bedeutete Vater Vincent, mir zu meinem Auto zu folgen. Das tat er auch, und ich schritt so schnell aus, dass er Mühe hatte, mir zu folgen. »Allerdings«, sagte er, »muss ich auf strikter Vertraulichkeit bestehen, wenn ich Ihnen mein Problem schildere.« Mit gerunzelter Stirn antwortete ich ihm: »Sie halten mich doch im besten Fall für einen Verrückten und im schlimmsten Fall für einen Scharlatan. Warum soll ich dann für Sie einen Auftrag übernehmen?«
    Nicht, dass ich ihn abweisen würde. Ich wollte den Auftrag durchaus übernehmen. Genauer gesagt, brauchte ich das Geld. Meine finanzielle Situation war nicht ganz so katastrophal wie im vergangenen Jahr, doch das bedeutete lediglich, dass ich die Gläubiger nur noch mit einem Baseballschläger statt mit einem Revolver abhielt.
    »Wie ich hörte, sind Sie in diesem Bereich der beste Privatdetektiv in der Stadt.«
    Misstrauisch beäugte ich ihn. »Dann geht es also um etwas Übernatürliches?«
    Er verdrehte die Augen. »Nein, natürlich nicht. Ich bin doch nicht naiv. Aber soweit ich weiß, kennen Sie sich in der okkultistischen Szene besser aus als jeder andere Privatdetektiv in der Stadt.«
    »Oh«, antwortete ich. »Das meinen Sie.« Nach kurzem Nachdenken musste ich sogar einräumen, dass er vermutlich recht hatte. Die okkultistische Szene, die er meinte, war die übliche New-Age-Gemeinde, die es in jeder großen Stadt gibt, mit Kristallkugeln, Tarotkarten, Handlesen.
    Die meisten Jünger waren harmlos, viele besaßen sogar geringfügige magische Fähigkeiten. Hinzu kamen noch die Feng-Shui-Künstler, ein paar Wicca-Leute verschiedener Spielarten und Geschmacksrichtungen, ein paar halbwegs begabte Medien, die Religion mit ihrer Magie vermengten, dazu einige Voodoo-Anhänger, ein paar Santerianer und eine Handvoll Satanisten, all das garniert mit reichlich jungen Menschen, die gern Schwarz trugen – und schon hat man das, was die meisten Leute als »okkultistische Szene« bezeichnen.
    Natürlich fand man in diesem Gemenge hin und wieder auch echte Zauberer, Nekromanten, Monster und Dämonen. Die ernsthaften, bösen Mitspieler betrachteten diese Szene mit den gleichen Augen wie ein Zehnjähriger seine alten Bauklötze. Mein inneres Frühwarnsystem schlug Alarm.
    »Wer hat Sie eigentlich an mich verwiesen?«
    »Oh, ein Priester aus der Nähe«, erwiderte Vincent. Er zückte ein kleines Notizbuch und schlug den Namen nach. »Vater Forthill von Saint Mary of the Angels.«
    Darauf blinzelte ich verdutzt. Vater Forthill und ich waren in religiösen Fragen alles andere als ein Herz und eine Seele, doch er war ein anständiger Kerl. Vielleicht etwas steif, aber ich mochte ihn und war ihm die eine oder andere Gefälligkeit schuldig. »Das hätten Sie gleich sagen sollen.«
    »Dann übernehmen Sie den Fall?«, fragte Vater Vincent, während wir uns dem Parkhaus näherten.
    »Zuerst würde ich zwar gern die Einzelheiten erfahren, wenn Forthill jedoch meint, ich könnte Ihnen helfen, dann werde ich es tun. Aber Sie müssen mein normales Honorar bezahlen«, fügte ich hastig hinzu.
    »Selbstverständlich«, erwiderte Vater Vincent. Er spielte mit dem Kruzifix an seinem Hals. »Darf ich annehmen, dass Sie mir den Zauberer-Zirkus ersparen?«
    »Magier«, erwiderte ich. »Gibt es denn da einen Unterschied?«
    »Zauberer treten auf Bühnen auf. Magier arbeiten mit echter Magie.«
    Er seufzte. »Ich brauche keinen Unterhaltungskünstler, nur einen Privatdetektiv.«
    »Dafür verlange ich nicht, dass Sie mir glauben, solange Sie mich nur bezahlen. Wir
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