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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf
Autoren: Alan Winnington
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ließ. Und wie glücklich war mein Vater gewesen.
    „Wir werden eine wunderbare Reise machen, Jack, weißt du.“
    Wunderbar! Und die viele Zeit und erst das Geld, das während der Vorbereitungen draufgegangen war. Vater war felsenfest davon überzeugt, dies würde seine erfolgreichste Reise als Journalist werden. Und erst die vielen Gespräche mit seinenVerlegern, um das nötige Geld aufzutreiben und Firmen zu finden, die ihn bereitwillig unterstützten. Und jetzt das: Ich Rindvieh hatte durch meinen kindischen Stolz und diese dämliche Selbstsicherheit alles vermasselt. Als mein Vater unter das Fahrgestell kroch, um nachzusehen, was noch alles kaputt war, stahl ich mich ein Stückchen davon, damit er mein Geflenne nicht bemerkte. Endlich rollte er sich wieder unter dem Jeep hervor und wischte sich seine öligen Finger mit einem Lappen ab. Pfeifestopfend grinste er ein bißchen, wie er es immer tat, wenn er mir zeigen wollte, daß alles halb so schlimm wäre. Genau wie damals, als ich sein neues Transistorradio runtergeschmissen hatte.

    „Mir ist auch zum Heulen zumute, Jack, aber was würde das ändern?“
    Schon wieder kamen mir die Tränen. „Ich hätte dich aufwecken müssen.“
    „Zu spät, mein Kleiner, das Kind liegt im Brunnen.“
    Er stand auf und versetzte einem der Reifen des Jeeps einen kräftigen Fußtritt. „Jedenfalls ein lausiger Jeep, viel zu empfindlich. Du weißt, was ich immer sage: jede schlechte Sache hat auch ihre gute Seite. Na schön, laß uns die gute Seite suchen. Wird aber nicht ganz leicht sein.“
    Inzwischen hatten die Gebirgsgipfel schon fast die Hälfte der Sonne verschluckt. Es wurde kühl. Mein Vater bereitete das Abendbrot auf dem Benzinkocher. Es gab Frankfurter Würstchen aus der Büchse, Kartoffelbrei und einen gerollten Geleepudding zum Nachtisch. In unseren Schlafsäcken war es mollig, und ich erinnere mich, wie ich vor dem Einschlafen fragte: „Glaubst du wirklich, daß eine so schlechte Sache überhaupt eine gute Seite haben kann?“
    „Eigentlich glaub ich überhaupt nicht an solches Zeug“, sagteer, „wenn alles eine Mischung von gut und böse wäre, warum sollte man sich dann überhaupt anstrengen? Gewiß, es mag sein, wenn uns dies nicht passiert wäre, vielleicht wären wir über einer Felskante abgerutscht. Vielleicht verpassen wir wegen dieser Verspätung einen Jeti, oder umgekehrt, vielleicht finden wir gerade deshalb einen. Etwas, das wir nicht im voraus wissen können. Ich werde auf alle Fälle versuchen, den Jeep zu reparieren. Schlaf gut, Jack.“
    Wie er mir später gestand, wartete das Glück aber bereits um die Ecke.

Zweites Kapitel
    Als mein Vater am nächsten Morgen die Ölwanne ausbaute, entdeckte er noch einen Knacks an der Ölpumpe. Er klopfte eine große Beule aus der Ölwanne und reparierte den Riß mit Glasfasern und Kunststoff. Aber es sei nur Flickwerk, sagte er, und wir könnten daher nur ganz langsam fahren, der Motor brauche viel Ruhe, und wir könnten nur hoffen, daß er nicht streike. Er hatte nichts anderes im Kopf, als den Jeep und den Anhänger von der Mitte dieser großen Ebene, wo sie meilenweit zu sehen waren, wegzuschaffen.
    Mit neuem Öl fuhr er langsam los. Er entdeckte eine flache Stelle, an der man den Fluß bequem überqueren konnte. — Drüben drehten wir in Richtung Nordwest und nahmen wieder Kurs auf die Schneeberge. Vater ist wirklich alles andere als ein Nörgler. Er verlor kein Sterbenswort über mein Mißgeschick. Aber während wir losfuhren, sagte er doch so ganz nebenbei: „Und wenn wir den Jeep begraben und den Rest des Weges auf Schusters Rappen zurücklegen müßten, jetzt kehren wir nicht mehr um.“
    Am Talausgang ging es steil bergauf. Um ins nächste Tal zu gelangen, erklommen wir die Höhe immer mit zwei Rädern im Flußbett. Kaum waren wir auf dem niedrigen Paß angekommen, da fing unser Öldruckmesser an, wie wild zu flackern. Vater schaltete den Motor aus und schraubte die Kühlerverschlußkappe ab. Sofort stieg eine riesige Dampfwolke empor. Das ist in dieser Höhe nichts Besonderes, denn das Wasser kocht hier oben bereits bei so niedrigen Temperaturen, daß man seine Hände in siedendes Wasser tauchen kann, ohne sich zu verbrühen. Natürlich muß man’s schnell machen. Und die Kartoffeln brauchten über zwei Stunden, und dann sind sie noch nicht mal richtig gar. Mein Vater leerte den Kühler und füllte ihn wieder mit Flußwasser auf.
    Vor und unter uns erstreckte sich ein neues langes Tal. Etwa
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