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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf
Autoren: Alan Winnington
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Versuchsgeräten, die Vater zum Teil von Verlegern und zum Teil von Firmen als Testgeräte bekommen hatte. Das winzigkleine Elektronengehirn, natürlich das neueste Modell, war das Herz eines kompletten Informations-Systems. Es wurde mit allen möglichen Daten gefüttert und lieferte prompt Angaben über Entfernungen, Standorte, Höhe, auch Wettervoraussagen und viele andere Dinge. Außerdem hielt es auf einem Tonband alles fest, was auf der Reise geschah. Neben den Scheinwerfern waren an einer Seite ein winziges Radargerät und an der anderen Seite eine Fotozelle montiert. Diese konnten Impulse in das Elektronengehirn eingeben. Das Resultat erschien dann auf demBildschirm am Armaturenbrett. So konnten wir auch im Dunkeln und selbst im Nebel fahren. Außerdem besaßen wir zwei Sender und zwei Empfänger — das Sprechfunkgerät fehlte natürlich auch nicht —, einen Kühlschrank und einen elektrischen Kocher, obwohl Vater lieber mit dem Benzinkocher hantierte.
    Der ganze Zinnober wurde von äußerst kleinen, leichten Batterien von höchster Leistung gespeist, die von einem elektrischenGenerator aufgeladen wurden. Der Generator, der die ganze Dachfläche in Anspruch nahm, wandelte Licht und sogar Mondlicht in elektrische Energie um. In all den Jahren, in denen mein Vater entlegene Gegenden erforscht und Bücher darüber geschrieben hatte, war er noch nie so gut ausgerüstet gewesen wie diesmal. Daraus machte er keinen Hehl.

    Schon der Jeep war ein Juwel. Er hatte Vierradantrieb, Servolenkung und -bremsen.
    Obwohl ich erst vierzehnundeinhalb bin, konnte selbst ich das Fahrzeug mit Leichtigkeit fahren. Leider, wie sich noch zeigen sollte.
    Wir hatten uns schon einige Male abgewechselt. Ich durfte auf einfachen Strecken in der Ebene fahren, und sobald das Gelände schwieriger wurde, übernahm Vater wieder das Lenkrad. Es ging schon auf den Abend zu, als er mich fragte, ob ich Lust hätte, wieder ein Stückchen zu fahren.
    Die mit Gras bewachsene Ebene war glatt wie ein Teppich, und der Jeep schnurrte sanft schaukelnd dahin. Die Sonne wuchs zu einem großen feurigen Ball. Und dann schien es so, als ob sie sich zwischen zwei schwarze, gezackte Bergketten nach unten plumpsen ließ. Ich war so glücklich, daß ich am liebsten laut aufgeschrien hätte. Aber ich hörte einen kleinen Schnarcher neben mir und sah, Vater war eingenickt. Vor unserer Nase schlängelte sich ein kleiner Fluß entlang, eine Sorte von Flüssen, die hier überall durch die Täler flossen — aber diesmal weckte ich Vater nicht auf, damit er wie üblich das Lenkrad übernahm. Ich hatte ihm schon so oft zugesehen, wenn er durch solche Flüsse schnurrte. Es schien heillosen Spaß zu machen. Er gab Gas, richtete sich hoch auf und brauste schnurstracks durch den Fluß, dabei gab es immer eine herrliche Bugwelle.
    Vater erwachte, als ich Gas gab, aber da war es schon zu spät. Statt daß der Jeep schnittig durch das Wasser fegte, nahm er die Nase nach unten! Den Aufprall spürte ich bis in die Zähne. Dann hörte man ein mahlendes Geräusch. Eine kleine Rauchwolke war das Ende.
    „Rück zur Seite“, sagte Vater, während mir das Herz bis in die Kniekehle rutschte.
    Im Begriff zu starten, entdeckte er eine Öllache, die flußabwärts schwamm. Er kletterte daher aus dem Jeep heraus und fing an, sich seine Schuhe auszuziehen. „Drück die Daumen, Jack, hoffentlich ist die Ölwanne nicht geborsten“, keuchte er und zerrte dabei an seinen Socken. Obwohl er wie ein Kind quietschte, als das eiskalte Wasser in seine Füße biß, kniete er sich nieder und tastete den Motor von unten ab. An seinen fest zusammengepreßten Lippen konnte ich es ablesen: die Sache stand schlecht. Aus Hemd und Hose triefend, erhob er sich und sagte leichthin: „Brauchst die Daumen nicht länger zu drücken, Jack, verlorene Liebesmüh. Die Ölwanne ist hin.“
    Ich hörte fast meine eigene Stimme nicht, als ich fragte: „Kann man das nicht reparieren?“
    „So gut wie keine Hoffnung“, sagte mein Vater gefaßt, in einem Ton, als spräche er über das Wetter.
    „Zuerst müssen wir hier mal raus, irgendwie.“
    Und das war leichter gesagt als getan. Wir mußten den Anhänger abhaken und ein Kabel im Boden verankern, um den Jeep mit einer Handwinde herauszuholen. Während der Arbeit versuchte ich meinen Kopf wegzudrehen, damit Vater nicht sah, daß ich heulte. Ich mußte immerzu denken, was es ihn für Mühe gekostet hatte, meine Mutter rumzukriegen, bis sie mich endlich mitfahren
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