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Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad

Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad

Titel: Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad
Autoren: Heinrich Kraus
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zuschauen und der Appetit ihm das Wasser im Maul zusammenlaufen lassen. Als Dessert servierte Patin Berta einige Zwetschgen und Birnen, die uns der Bauer Sauther geschenkt hatte, gewissermaßen als Anzahlung für die Suche nach seinem Gaul.
    „Ob wir uns nicht besser Indianernamen zulegen?“ fragte Onkel Edi.
    „Wenn er erscheint, wird er uns danach fragen.“
    „Dann nenn dich Häuptling Hängende Unterlippe!“ schlug meine Patin vor und lachte sehr laut, was sicher daher kam, daß sie bereits eine Menge Feuerwasser zu sich genommen hatte.
    „Und du heißt Roter Klatschmohn!“ konterte Onkel Edi und lachte noch mehr.
    „Ich besitze schon einen Namen“, sagte ich.
    „Wie lautet der?“
    „Schneller Pfeil.“
    „Und von welchem Stamm sollen wir sein?“ fragte Onkel Edi.
    „Von den Komantschen.“
    Damit war alles geklärt. Wir ließen das Feuer von selbst ausgehen. Häuptling Hängende Unterlippe teilte die Wache so ein, daß zuerst Roter Klatschmohn aufpassen mußte, damit wir nicht überfallen werden konnten, ab Mitternacht Schneller Pfeil, meine Wenigkeit, und zuletzt er selbst. Wir wickelten uns in Decken, und ich schlief sogleich ein, weil ich sehr müde war. Ich merkte nicht einmal, daß die Schnaken mich stachen und mein Blut saugten.
    Um Mitternacht schüttelte mich meine Patin. Zuerst wußte ich gar nicht, wo ich mich befand und daß ich ein Indianer war; aber sie überhörte mein Gewinsel und zog mir die Decke weg, worauf mir kalt wurde und ich erwachte. Nun erblickte ich den Mond und die Schilfhalme um mich herum, und es fiel mir ein, daß ich selbst den Vorschlag mit dem Indianerleben und dem Kriegspfad gemacht hatte.
    „Ist etwas geschehen?“ fragte ich.
    Roter Klatschmohn schüttelte den Kopf. „Kein verdächtiges Geräusch?“
    „Nein.“
    „Kein feindlicher Späher?“
    „Nein.“
    „Black Joe?“
    „Der läßt sich nicht blicken.“
    „Wie lange dauert meine Wache?“
    „Bis um drei.“
    „Und woran stelle ich fest, daß es drei Uhr ist?“
    „Du hörst die Kirchturmuhr schlagen.“ Darauf wickelte sie sich in ihre Decke und schnarchte bald mit ihrem Gatten um die Wette. Ich hockte dicht neben der Glut im Schilf, erschlug die Schnaken, die mich piesacken wollten, und dachte darüber nach, wie schwierig es doch ist, ein Indianer zu sein und auf dem Kriegspfad zu wandern, während man bei so unsagbarer Müdigkeit doch lieber in seinem Wigwam und im Bett sein würde. Dabei gähnte ich öfter als hundert Mal, denn drei Stunden sind eine verdammt lange Zeit.
    Erst wollte ich Strups nicht wecken, der in einer alten Ledertasche ein provisorisches
    Ställchen gefunden hatte, da ich ihn auf jeden Fall mitnehmen wollte. Doch dann vernahm ich ein Geraschel im Heu, das ich ihm als weiche Unterlage hineingestopft hatte, und bemerkte, daß er gar nicht schlief. Ich zog ihn heraus, streichelte sein Fell, bis er aufhörte zu zittern, und erzählte ihm flüsternd, wie ich mir vorstellte, daß unser Feldzug verlaufen würde.

    Es war so still umher, daß ich tatsächlich die Kirchturmuhr schlagen und die Hunde im Dorf bellen hörte. Nicht einmal der Wind blies. Über allem war Nacht und sternflimmernder Himmel, und alles war schwarz und unheimlich um mich herum...

Kapitel 7

    Als es tagte, waren wir alle todmüde, von Schnaken zerstochen und schlecht gelaunt. Onkel Eduard kriegte auch prompt mit der Patin Krach, als sie den Sumpf durchsuchen wollte. Das hielt er für Quatsch. Er behauptete, daß sich ein Wildwestbandit nicht dort verkrieche, wo Insekten über ihn herfallen und ihm das Blut aussaugen, sondern wo es angenehm sei. Patin Berta gab ihm nicht recht, was Weibsleute ohnehin nicht gern tun, sondern sagte, er habe ein Loch im Kopf, aus dem ihm die Weisheit herauslaufe. Er entgegnete, bei ihr könne keine herauslaufen, da keine vorhanden sei, und wenn sie mal stürze, werde es keine Gehirnerschütterung geben, weil dieses Organ völlig fehle.
    Sie sagten einander noch mehr solcher Liebenswürdigkeiten, wobei sie ihm mit ihrer flinkeren Zunge überlegen war. Sie konnte zehn Sätze heraussprudeln, während er erst einen zu Ende gebracht hatte. Schließlich drohte sie sogar, ihn zu verprügeln, wenn er nicht den Mund halte. Da zog er es vor, beleidigt zu sein. Immerhin wiegt sie zwei Zentner und er bloß die Hälfte. Wenn sie sich auf ihn fallen ließe, wäre er verloren. Wir durchstreiften also das Teufelsmoor und hörten erst damit auf, als sie in den Sumpf gefallen war und darin
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