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Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad

Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad

Titel: Sigi Wulle 2 - Sigi Wulle auf dem Kriegspfad
Autoren: Heinrich Kraus
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denen Sporen klirrten. Man lachte hinter ihm her, und in der Firma wurde er entlassen, da sein Benehmen immer seltsamer wurde. Schließlich blieb er ganz zu Hause und tat nichts anderes mehr, als Wildwestromane zu lesen und sich Indianerfilme anzuschauen. Zuletzt war er fest davon überzeugt, in Amerika als richtiger Bandit zu leben, Black Joe zu heißen und dazu verpflichtet zu sein, gegen die Bleichgesichter zu kämpfen, damit alle roten Brüder ihre Freiheit zurückbekämen, die man ihnen widerrechtlich genommen hatte.
    „Und merkt er nicht, daß es keine Rothäute gibt?“ fragte ich meinen Onkel.
    „Nein.“
    „Weshalb sagt es ihm nicht die Polizei?“
    „Man hat es ihm tausendmal gesagt; aber er will es einfach nicht glauben und meint, sie hielten sich versteckt und die Sheriffs lögen ihn an.“
    „Dann will er ja im Grunde etwas Gutes schaffen!“
    Onkel Edi nickte mit ernster Miene. „Es ist so eine Sache mit Gut und Böse. Manchmal fällt es schwer, beide auseinanderzuhalten.“
    „Was redest du für ein Zeug, das der Sigi in seinem Alter gar nicht verstehen kann!“ murrte meine Patin.
    Doch er ließ sich nicht stören. „Wenn beispielsweise ein Junge jemandem einen Streich spielt, hält er das für eine prima Sache.
    Die betroffenen Erwachsenen halten sie aber für schlecht, weil vielleicht etwas dabei zerstört wird. Wer hat nun recht?“
    Ich zuckte mit den Schultern.
    „Alle haben recht, denn ein Junge muß sich ein bißchen mit den Erwachsenen anlegen, um selbständig zu werden, und die Erwachsenen müssen dafür sorgen, daß er später einmal nicht nur Selbständigkeit besitzt, sondern auch Anstand und Respekt vor den Mitmenschen.“
    „Was hat dies nun mit unserem Black Joe zu tun?“ warf meine Patin ein wenig barsch ein.
    „Auch er will das Gute, tut aber nur das Falsche, weil er verrückt geworden ist. Die andern haben mit schuld an seiner Verrücktheit, weil sie ihn verspottet und allein gelassen haben. Trotzdem sind sie im Recht, wenn sie versuchen, ihn zu fangen. Immerhin besteht die Möglichkeit, daß er noch Schlimmeres anstellt und dadurch noch unglücklicher wird.“
    Ich nickte. „Er hat schon genug verbrochen. Vielleicht mag er deshalb gar nicht mehr normal werden!“

    Nach diesem Gespräch zog Onkel Edi die Schuhe aus, um seine erhitzten Füße in den Bach zu stecken. Ich war froh, als sie drinnen waren, da kein lieblicher Duft von ihnen aufstieg. Wir schwiegen und dachten darüber nach, warum so viele Menschen böse werden und andere nicht. Doch das ist eine äußerst schwierige Frage, über die man ein Leben lang grübeln kann, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen.
    Von Black Joe sahen wir den ganzen Tag über keinen Zipfel und fanden auch keine Spur von ihm oder seinem Mustang. Aber der Wald ist riesig, er besteht aus einigen Hügeln samt Tälern und Schluchten, wo es viele Verstecke gibt, sogar einige Höhlen. Während man das eine Gebiet erforscht, reitet er einfach ins nächste und tags darauf ins übernächste und bleibt so verschwunden, denn er ist nicht nur gefährlich, sondern schlau wie Old Shatterhand. Allerdings würde er nicht mehr lange im Freien existieren können, denn es war Oktober und — wenn die Sonne nicht schien — bereits eiskalt. Die Blätter an Bäumen und Sträuchern färbten sich gelb und rot, während Eichhörnchen Bucheckern in ihre Nester und Verstecke schleppten und sich auf den Winter vorbereiteten.

Kapitel 8
    Unser nächstes Lagerfeuer flackerte an einer geschützten Stelle im Wald, in einer Mulde, in die der Wind nicht hineinblies, da sie noch von Eichen umgeben war, deren Blätter über uns rauschten. Gelegentlich fiel eine Eichel herab und einmal dem Onkel auf die Nase. Er machte vor Schreck rückwärts einen Überschlag. Gerade als meine Patin das Essen zubereiten wollte, hörten wir Männerstimmen, die sich den Weg herauf näherten, was uns in einige Aufregung versetzte; aber Onkel Edi sagte, es könne nicht Black Joe sein, es handele sich um eine Gruppe.
    „Manche Leute reden mit sich selber!“ warnte meine Patin.
    Onkel zog die Mundwinkel herab. „Aber nicht mit verschiedenen Stimmen.“
    „Und was tun wir?“
    „Nichts.“
    „Gar nichts?“
    „Erst mal ruhig sitzen bleiben.“
    Dann traten die Gestalten aus der Dunkelheit des Waldes heraus. Es waren Jäger in grünen Kleidern, und zwar ein kleiner Dicker mit einem Hängebauch, ein langer Dünner mit einer Hakennase und ein bebrillter Junge, also drei Kerle. Sie verharrten
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