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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Autoren: Jacques Berndorf
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immer.
    »Na ja«, sagte ich freundlich. »Wir hauen jedenfalls wieder ab.«
    Hinter der Blonden stieg ein junger Mann aus dem Bus, schwang sich eine schwere Kamera auf die Schulter und kam zu uns getrottet.
    »Stell dir vor, sie ist gar nicht da«, sagte die Blonde vorwurfsvoll.
    »Dann nehmen wir diese dicke Italienerin, du weißt schon, die so viel quatscht«, sagte der Kameramann.
    »Aber die weiß doch rein gar nichts«, sagte die Blonde empört.
    »Das wissen doch die Fernsehzuschauer nicht«, widersprach der Kameramann. »Dann sagt sie halt was darüber, wie die Kleine gewirkt hat. Du weißt schon: kindlich und rein und so was.«
    »Die redet aber doch nur Scheiße!« Die Blonde war jetzt richtig sauer.
    Dann kam ein schmaler, fast dürrer Mann um die Vierzig aus dem Bus heraus und sagte verlegen: »Also, ich müsste eigentlich zum Essen nach Hause. Ich hab das meiner Frau versprochen.«
    »Da ist unser Live-Zeuge«, erklärte die Blonde. »Er hat das Opfer fast gesehen.«
    »Toll«, sagte ich anerkennend. »Wieso fast?«
    »Ich habe den anderen Weg genommen, sonst hätte ich sie gefunden«, sagte der Live-Zeuge, als habe er den Fehler seines Lebens begangen.
    Rodenstock öffnete seine Tür und stieg aus, Emma auf der anderen Seite auch. Sie feixten mich an, Emma sagte: »Es dürfte soweit sein.«
    »Ja, klar«, sagte ich.
    Der Kameramann sagte mürrisch: »Das ist richtig öde hier.« Er drehte sich herum und ging zum Bus zurück.
    Die Haustür öffnete sich, eine kleine Frau trat heraus und winkte uns zu.
    »Na, also«, sagte Rodenstock zufrieden und ging mit Emma auf den prachtvollen Vorgarten voller Rosen zu.
    Die Blonde begann augenblicklich schrill zu brüllen: »Alfie! Alfiiiie!«
    Alfie war gerade im Begriff, seinen Bus zu erobern, drehte sich herum, sah die Frau in der Tür, begriff seine Chance, schwang die Kamera erneut hoch zur Schulter, stieß aber irgendwo an. Es schepperte, die Kamera landete mit einem sehr hässlichen Geräusch auf dem Asphalt, und die Blonde neben mir bekam Kugelaugen.
    »Mach dir nichts draus, Mädchen«, sagte ich begütigend. »Da sind gerade nur zwanzigtausend Euro den Bach runtergegangen. Sic transit gloria mundi.«
    Sie starrte mich an, aber wahrscheinlich hatte sie in der Schule nie Latein gelernt.
    Ich sprang munter wie ein Reh über die Straße und stand dann vor der Hexe. Sie war eine wirklich eindrucksvolle Erscheinung.
    »Siggi Baumeister, ich bin der Berichterstatter«, sagte ich.
    »Ich bin die Hexe«, sagte sie freundlich. Vielleicht war sie vierzig, vielleicht fünfzig, auf jeden Fall war sie bemerkenswert. »Gehen Sie einfach durch.«
    Ich ging einfach durch und kam in einen großen Wohnraum. Rodenstock und Emma saßen bereits brav auf einer schwarzen Couch und wirkten ein wenig linkisch wie katholische Brautleute beim Brautunterricht, sehr brav jedenfalls.
    »Das war ja wohl eine Konkurrenz von Ihnen«, sagte Griseldis. Sie trug ein langes, schwarzes Kleid über einem feuerroten Top, und ihre langen, schwarzen Haare fielen weit über ihre Schultern. Sie setzte sich in den Sessel neben mich und fragte: »Was kann ich für Sie tun? Nein, halt, erst einmal die Frage der Getränke. Wasser, Apfelschorle, Tee, irgendein spezieller Tee? Nur Kaffee habe ich nicht.« Sie war nicht geschminkt.
    »Was ist ein spezieller Tee?«, fragte Emma.
    »Na ja, ein Tee, der belebt, der freundlich stimmt.«
    »Und was ist da alles drin?«
    Sie begann zu lachen und fragte: »Befürchten Sie schwarze Magie?«
    »Nicht die Spur«, sagte Emma grinsend. »Dann wäre es auch eine schlichte Vergiftung, und wir würden tot vom Sofa fallen. So etwas nennen wir Mord.«
    »Ja«, stimmte die Hexe zu. » Aber das ist ein wenig schwarzer Tee, gemischt mit Schafgarbe, Johanniskraut und Pfefferminz. Nichts Chemisches.«
    »Das nehme ich«, sagte Emma munter. »Und für die Jungens hier ein Wasser, oder so.«
    »Dann mache ich das mal.« Sie stand auf und verschwand irgendwohin.
    Der Raum war hell, weiß gestrichen. Die Fenster zum Garten hin waren sehr groß. Es gab einen Schreibtisch, der über Eck stand und auf dem einige Papiere lagen. Eine Wand war vollkommen mit einem Buchregal belegt. Es gab keine Bilder an den Wänden, stattdessen überall kleine und größere Menschenfiguren aus Bronze, angenehme, schlichte Strichmännchen, einfach und deutlich, liebevoll geformt in allen Arten menschlicher Fortbewegung. Sie standen überall herum, waren vielleicht zehn oder zwölf Zentimeter hoch. Und auf
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