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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition)
Autoren: Jon Osborne
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Mühe, ruhig zu bleiben, während der Puls in ihren Handgelenken pulsierte. So schwer es sein mochte, sie wusste, dass sie hellwach bleiben musste, vollkommen konzentriert auf die vor ihr liegende Aufgabe. Entweder sie tat, was der Fremde von ihr verlangte, oder ihre Kinder würden sterben. So einfach war das.
    Ein digitales Türglockenbimmeln erklang, als sie den Laden betrat, aber niemand drehte sich zu ihr um. So weit, so gut.
    Ein schneller Blick durch das Geschäft verriet ihr, dass vielleicht ein Dutzend Leute anwesend waren. Ein indischer Kassierer mit einem roten Punkt mitten auf der Stirn bediente eine drei Personen lange Schlange. Ein vierter Kunde füllte mit einem wild in den wulstigen Fingern tanzenden Kugelschreiber einen dicken Stapel Lottoscheine aus.
    Zwei Schritte neben dem Lottosüchtigen stand ein fetter Kerl mit einer weit über die Ohren gezogenen dunklen Wollmütze vor einem Regal, das zum Zusammenbrechen überladen mit einer verwirrenden Vielfalt von Snacks und Imbissen war. Donuts, Bagels, Beef Jerky, Schweinekrusten. Aus unerfindlichem Grund schwitzte er trotz des miesen Wetters heftig, während er im Widerstreit darüber zu sein schien, ob er sich nun für Twinkies oder Pringles entscheiden sollte. Er hielt erst die eine Packung hoch, dann die andere, beinah so, als wöge er das Gewicht ab. Nach mehreren Augenblicken des Zögerns und sorgfältiger Überlegung nahm er schließlich die Twinkies und gesellte sich zu den anderen Kunden vor der Kasse, während ein Rinnsal von Schweiß hinter seinem rechten Ohr an seinem unrasierten Hals hinabrann. Stephanie empfand mit ihm. Sie wusste genau , wie er sich im Augenblick fühlte.
    Es gab sechs Regalreihen im Laden. Natürlich stand das, was sie brauchte, in voller Sicht des Kassierers. Ihr Herz schlug heftig gegen den ausgemergelten Brustkorb, als sie durch die erste Reihe zu einer mit Kondomschachteln überladenen Stecktafel ging und die Schulter drehte, um den Blick des Kassierers abzublocken. Ob sie wollte oder nicht – es war Zeit, den ersten Punkt auf ihrer höchst bizarren kurzen Liste abzuhaken. Welche andere Wahl hatte sie schon? Entweder sie tat, was der Fremde von ihr verlangte, oder ihre Kinder würden sterben.
    Stephanie spürte, wie sich ihre Lungen dehnten, als sie ein weiteres Mal tief einatmete, dann streckte sie eine zitternde Hand aus und schob so unauffällig wie möglich eine Großpackung Trojans in ihre Handtasche. Fire & Ice , mit zweifach wirkendem Gleitmittel innen und außen, das beiden Partnern wärmende, kribbelnde Empfindungen zu vermitteln versprach. Es musste diese spezielle Marke sein und keine andere. Der Fremde am Telefon hatte sich in Bezug auf dieses Detail ganz und gar unmissverständlich geäußert. Keine andere Marke kam infrage, hatte er gesagt.
    Gott sei Dank blickte der Kassierer nicht einmal auf, als sie den Laden verließ. Seine volle Aufmerksamkeit galt dem fetten Mann mit seiner Schachtel Twinkies, die er mit Münzgeld bezahlte. Stephanie konnte dem Kassierer seine Wachsamkeit nicht verdenken – bei der gegenwärtigen Wirtschaftslage konnte man sich keinen Penny Verlust leisten. So arm sie selbst sein mochte, sie verstand diese raue Tatsache des Lebens besser als die meisten anderen. Aus genau diesem Grund war sie gezwungen, den ersten Gegenstand auf ihrer albtraumhaft bizarren Liste zu stehlen.
    Die Stimme des dicken Mannes hallte in ihren Ohren, als sie den Tresen passierte. Er trennte mit seinen fleischigen Stummelfingern Münzen von Flusen und Fusseln, die Fingernägel schwarz vor Dreck. »… ein Dollar zwölf, ein Dollar siebzehn … oh, Moment, hier ist noch ein Vierteldollar …«
    Stephanie kämpfte gegen Tränen an, als sie nach draußen in die kalte Nacht trat. Falls sie von einer Überwachungskamera gefilmt worden war, konnte sie es auch nicht ändern. Sie würde sich später mit den Konsequenzen befassen. Das Gefängnis wäre wahrscheinlich ein ganzes Stück besser als das Loch, in dem sie zurzeit hauste. Wenigstens gab es im Gefängnis etwas zu essen.
    Trotzdem ließen Schuldgefühle und Scham ihre Wangen erröten. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch niemals etwas gestohlen, ganz gleich, wie verzweifelt ihre Lage gewesen war. Und nun war sie nicht nur eine unzulängliche Mutter, sondern außerdem eine Diebin. Bevor sie es verhindern konnte, kehrten ihre Gedanken zurück zu ihren Highschool-Tagen. Ironischerweise war sie kurz vor ihrem würdelosen Verweis von der besten katholischen
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