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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition)
Autoren: Jon Osborne
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starke Triebfeder sein, wenn er wollte. Hunger ließ keinen Raum für moralische Bedenken. Hunger machte keinen Unterschied zwischen richtig oder falsch.
    Unwillkürlich schauderte Stephanie bei dem widerwärtigen Gedanken daran, ihren Körper zu verkaufen. Ein Polizist auf Streife ging weniger als zehn Meter entfernt vorbei, doch was hätte sie tun können? Nichts. Der Mann am Telefon hatte ihr unmissverständlich klargemacht, was passieren würde, sollte sie es wagen, die Polizei um Hilfe zu bitten.
    »Es ist wie ein chirurgischer Vorgang«, hatte er ihr mit ebenso gelassener wie dunkler Stimme erklärt. Nicht das leiseste Zittern war aus dieser tiefen Stimme zu hören gewesen. »Zuerst werde ich deine Kinder auf den Rücken legen und mit ausgestreckten Armen und Beinen auf eine feste Fläche binden. Nackt natürlich, mit Knebeln in den Mündern. Wir wollen schließlich nicht, dass irgendwelche guten Samariter ihre Hilferufe hören und versuchen, uns den Tag zu verderben. Anschließend werde ich ihre Körper mit einem Vorschlaghammer bearbeiten, angefangen bei den Füßen.«
    Stephanie war bei der bloßen Vorstellung schlecht geworden – wie in den billigen Horrorschockern, die sie sich immer so gerne angesehen hatte. Sie hatte das Telefon umklammert und nicht gewagt zu reden, zu geschockt, um auch nur zu wimmern. Er befahl ihr, nicht aufzulegen. Damit würde sie alles nur noch schlimmer machen. Sie hatte zu große Angst, um ihm zuzuhören, gleichzeitig zu große Angst, es nicht zu tun. Ein leises Lachen drang an ihr Ohr. Er genoss die Situation. »Ich werde die Knochen in ihren Füßen zerschmettern, bis sie nur noch Brei sind«, fuhr er fort. »Danach widme ich mich ihren Unterschenkeln, dann den Knien und den Oberschenkeln. Und so weiter und so fort, den ganzen Weg ihre kleinen wertlosen Körper hoch, bis zu den Brustkörben, bis die wertlosen Herzen aufhören zu schlagen.«
    Stephanie biss sich auf die Lippen und sog scharf die Luft ein, doch der Mann am anderen Ende der Leitung schnitt ihr sofort das Wort ab. »Unterbrich mich bloß nicht!«, herrschte er sie an. »Lass mich ausreden. Wenn ihre wertlosen kleinen Herzen aufhören zu schlagen, ist es nämlich noch längst nicht vorbei, verstehst du? Noch längst nicht. Wenn ihre wertlosen kleinen Herzen aufhören zu schlagen, setze ich sie mit einer Adrenalinspritze wieder in Gang, ganz einfach. Du magst doch Filme so sehr, richtig? Bestimmt hast du Misery gesehen, nicht wahr? Und jetzt stell dir so was wie Pulp Fiction vor. Kein besonders angenehmes Bild, oder?«
    Er hatte einen Moment innegehalten, als genösse er den Gedanken wie ein Glas edlen Wein, als koste er den Geschmack aus, den die hässlichen Worte auf seiner Zunge hinterließen. »Wie dem auch sei, jedes Mal, wenn sie vor Schmerz das Bewusstsein verlieren, bringe ich sie mit einer weiteren Injektion wieder zurück, gefolgt von einer Spritze mit einem neuromuskulären Betäubungsmittel. Das lähmt den Körper, Stephanie, aber es lässt zum Gehirn die Schmerzen durch, die ich deinen Kindern zufügen werde. Ich denke, ich werde mir zuerst deinen Sohn vornehmen, damit seine kleine Schwester zusehen kann und ein Gefühl dafür bekommt, was sie erwartet. Wir wollen schließlich nicht, dass sie von all dem überrascht wird, nicht wahr? Nein, natürlich wollen wir das nicht. Wo bliebe denn da der Spaß? Jedenfalls – wenn ich mit deinen Kindern fertig bin, sind sie wohl nur noch Hautsäcke voll Brei.«
    Bei der Erinnerung an die grausigen Worte des Fremden drohten Stephanies Knie vor dem Laden nachzugeben, an dessen Eingang sie stand. Sie kämpfte dagegen an, auf dem Bürgersteig zusammenzubrechen. Jack und Molly waren gerade vierzehn und acht Jahre alt. Sie hatten noch keinerlei Chance gehabt, ihr Leben zu leben, und dann kam irgendein Irrer daher und drohte, sie auf die abscheulichste nur denkbare Art und Weise umzubringen. Irgendwie wusste Stephanie, dass er es ernst meinte, dass er die Wahrheit sagte und tun würde, was er versprochen hatte. Dass es nicht nur ein makabrer Witz war.
    Sie biss die Zähne zusammen, bis ihre Kiefer schmerzten. Nein. Verdammt noch mal, diesmal nicht. Jack und Molly verdienten von ihr etwas Besseres als das. Wenigstens dieses eine Mal in ihrem jungen Leben verdienten ihre Kinder, dass Stephanie für sie stark sein würde.
    Sie atmete tief durch, um ihre zum Zerreißen gespannten Nerven zu beruhigen, dann stieß sie die Tür des kleinen Ladens auf. Sie hatte größte
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