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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön
Autoren: Judith Winter
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beendete er den Satz für sie. »Ach, kommen Sie schon, Capelli. Das ergibt doch keinen Sinn!«
    »Es ist einfach so, dass ich gemischte Teams für effektiver halte«, versuchte sie es zur Abwechslung mit Diplomatie. Etwas, das ihr von Haus aus nicht gerade im Blut lag.
    »Oh nein, das tun Sie keineswegs!«, widersprach Makarov. »Sie sind nur der Meinung, dass Sie einen Mann leichter lenken können. So, wie Sie Hansen immer gelenkt haben. Das ist alles.«
    Em kannte ihren Boss nun schon etliche Jahre, und doch war sie immer wieder erstaunt, wenn irgendeine banale Angelegenheitoffenbarte, wie er wirklich dachte. »Ich habe Viktor nicht gelenkt«, entgegnete sie würdevoll. »Er hatte seine Stärken, und ich habe meine. Wir waren absolut gleichberechtigte Partner.«
    Makarovs Miene ließ keinen Zweifel daran, dass er zumindest in diesem letzten Punkt anderer Meinung war. Aber er war auch klug genug, sich nicht in sinnlose Grabenkämpfe verstricken zu lassen. »Wie auch immer«, sagte er nur. »Sie werden sicher auch Frau Zhous Stärken zu schätzen wissen.«
    »Was ist mit Tom Ahrens?«, fragte Em, als sie einsehen musste, dass sie mit Trotz allein nicht weiterkommen würde. »Wie Sie wissen, hat er sich ebenfalls um die Stelle beworben.«
    Makarov nickte. »Das ist korrekt.«
    »Und darf ich auch fragen, warum nicht er den Zuschlag bekommen hat?« Sie spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. »Immerhin ist er ein hochqualifizierter Ermittler. Und er gehört dieser Dienststelle bereits seit Jahren an. Da hat er sich doch, verdammt noch mal, eine Chance verdient, oder etwa nicht?«
    »Natürlich«, gab Makarov ihr recht. »Das hat er ohne Zweifel. Und glauben Sie mir, er wird diese Chance auch bekommen.«
    »Wann?«
    »Seine Bewerbung liegt ganz oben auf dem Stapel.«
    »Na, toll!«, rief Em. »Das wird ihn bestimmt wahnsinnig glücklich machen.«
    »Emilia …« Sein Ton war plötzlich sanft, fast väterlich. »Es ist ja nicht so, dass wir uns rein gar nichts denken bei den Entscheidungen, die wir treffen, okay?«
    Sie funkelte ihn an. »Und spielt es vielleicht auch eine Rolle, mit wem ich zusammenarbeiten möchte?«
    »Ich habe Ihren Protest zur Kenntnis genommen.«
    »Das beruhigt mich, herzlichen Dank auch!« Der Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, kippelte gefährlich, als sie ihn mit einem Ruck zurückschob. »Wenn Sie mich dann bitte jetzt entschuldigen würden …«
    Makarov erhob sich ebenfalls und stemmte seine runden Fäuste auf die Schreibtischplatte, als wollte er diese durchbohren. »Wo gehen Sie hin?«
    »Wohin wohl?«, fauchte Em. »Meine neue Partnerin begrüßen.«
6
    Christina Höffgen steckte den Schlüssel ins Schloss der Haustür und drehte ihn zweimal herum. Als ihr klar wurde, dass sie wieder einmal die Erste war, stöhnte sie laut auf und warf den Joggingschuhen ihres Mannes neben der Tür einen vorwurfsvollen Blick zu. Es war eine alte Regel zwischen ihnen beiden, die noch aus ihrer Studentenzeit stammte: Wer zuerst nach Hause kam, war fürs Abendessen zuständig. Doch leider hasste Christina alles, was mit Backen und Kochen zusammenhing. Die logische Folge war, dass das Essen erheblich besser schmeckte, wenn ihr Mann beim Heimkommen die Nase vorn hatte. Und Christina konnte sich beim besten Willen nicht erklären, warum er sich nicht schon allein aus diesem Grund beeilte: um nicht essen zu müssen, was sie gekocht hatte.
    Wahrscheinlich war sein Chef wieder einmal auf den letzten Drücker mit irgend so einer dringenden Geschichte angekommen. Christina schüttelte nachsichtig den Kopf. Eigentlich war ihr Mann viel zu anständig für diese Welt. Immer gut gelaunt, immer hilfsbereit.
    Na ja, korrigierte sie sich mit Blick auf die beiden Kartons voller kaputter Altgeräte, die Michael eigentlich schon vor Wochen zur Sammelstelle hätte fahren sollen, sagen wir: fast immer!
    Sie streifte die Pumps von den Füßen und ging ins Wohnzimmer hinüber, wo sie sich mit einem wohligen Seufzer auf das riesige Benz-Sofa fallen ließ, das ihre Schwiegereltern ihnenzur Hochzeit geschenkt hatten. Dann sah sie die Post durch, die auf dem Couchtisch lag. Ein Schreiben von Michaels Lebensversicherung. Zwei Rechnungen. Dazu eine Einladung oder etwas in der Richtung, jedenfalls gedruckt auf Papier, das verdammt viel Geld gekostet hatte. Christina drehte den Umschlag um und riss ihn mit dem Zeigefinger der Länge nach auf. Na, also! Was hab ich gesagt? Eine Danksagung von Tinas Hochzeit. Genauso pompös und
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