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Sieben Siegel 04 - Der Dornenmann

Sieben Siegel 04 - Der Dornenmann

Titel: Sieben Siegel 04 - Der Dornenmann
Autoren: Kai Meyer
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wenn man jeden, der davon weiß, in eine Kröte verwandelt … oder in Schlimmeres.«
    Chris ging immer noch das im Kopf herum, was Kyra zuvor gesagt hatte. »Wie war das mit dieser Mondgöttin?«
    »Diana, die Mutter des Mondes«, erklärte Kyra. Sie ließ sich im Schneidersitz auf dem Boden nieder. Lisa und Chris setzten sich zu ihr, nur Nils blieb im Durchgang zum Stollen stehen und warf immer wieder sorgenvolle Blicke zum Ausgang.
    »Sie war die Tochter Jupiters, die Göttin des Mondes und der Jagd. Die Römer verehrten sie in eigenen Tempeln. Die Tempelanlage in Ephesus war sogar eines der sieben Weltwunder. Manche behaupteten, Diana sei die Schöpferin allen Lebens: Sie schuf die Menschen, die Tiere, die Elfen, die Zwerge … Na ja, das hat man sich zumindest so erzählt.« Kyra versuchte, sich an alles zu erinnern, was sie darüber gelesen hatte, aber das war nicht ganz einfach – sie hatte sich diesen Dingen nur sehr halbherzig gewidmet.
    »Auf jeden Fall haben viele Hexenkulte in späteren Jahren, lange nach dem Untergang der Römer, die Verehrung der Mondgöttin fortgeführt.«
    »Ich dachte, Hexen beten den Teufel an«, warf Lisa ein.
    »Die katholische Kirche hat im Mittelalter vieles als Teufelei abgestempelt, was eigentlich einen ganz anderen Ursprung hatte: Naturgeister, Kräuterkunde und so weiter. Diana war auch darunter.«
    »Aber das Arkanum ist böse«, beharrte Nils.
    »Oh ja«, bestätigte Kyra. »Das Arkanum ist mit Satan im Bunde, daran besteht kein Zweifel. Aber das ändert nichts daran, dass die Hexen des Arkanums sich auch mit der alten Mondmagie auskennen. Was bedeutet, dass sie Macht über den Mann im Mond haben könnten. Damit sind sie es wohl auch gewesen, die ihn herbeibeschworen haben.«
    »Extra für uns«, brummte Chris verdrossen.
    »Na toll«, meinte Nils. »Und nun?«
    »Erst mal sollten wir rausfinden, was genau dieser Mann im Mond eigentlich ist«, schlug Lisa vor.
    »Glaubst du, in den Büchern deiner Tante steht irgendwas darüber?«, fragte Chris, an Kyra gewandt.
    »Gut möglich. Wir könnten nachsehen.«
    »Dann müssten wir wieder über die Wiesen«, sagte Nils. »Keine gute Idee.«
    Chris funkelte ihn gereizt an. »Hast du eine bessere?«
    Nils hob abwehrend die Hände. »Man wird ja wohl noch was anmerken dürfen, oder?«
    »Hört auf zu streiten!«, fuhr Kyra die beiden wütend an. »Wenn ihr wollt, dann gehe ich halt allein.«
    »Kommt gar nicht infrage«, sagte Chris eilig. »Ich komme mit.«
    »Wir kommen alle mit«, sagte Lisa und warf ihrem Bruder einen strafenden Blick zu.
    Nils zuckte nur mit den Schultern, dann nickte er. »Klar. Bin schon unterwegs.«
    So machten sie sich erneut auf den Weg. Schweigend verließen sie das Hügelgrab und stellten draußen erleichtert fest, dass sie weder vom Mann im Mond, noch von den Hexen des Arkanums erwartet wurden.
    Nils suchte den nächtlichen Himmel ab.
    »Sieht irgendwer Fliegende Fische?«
    Jede Hexe des Arkanums trug als Erkennungszeichen eine Handtasche aus Krokodilleder bei sich, in der ein gefräßiger fliegender Tiefseefisch hauste. Woher die Fische kamen und weshalb sie ohne Wasser überleben konnten, wusste niemand. Fest stand nur, dass die Fische die schwarzen Katzen, die früher die Vertrauten der Hexen gewesen waren, kurzerhand aufgefressen hatten. Seither dienten sie den Hexen als lebende Waffen, die sich zähnefletschend auf jeden Gegner stürzten. Die Freunde hatten schon einmal mit den Fischen zu tun gehabt, und keinem war wohl bei dem Gedanken, dass sich die Ereignisse von damals wiederholen könnten.
    Aber in dieser Nacht war der Himmel leer. Kein Hexenfisch weit und breit.
    Sie erklommen den Bahndamm und hielten von dort erneut Ausschau nach möglichen Gefahren. Die Hecken, die kreuz und quer über das Hügelland verliefen, boten hervorragende Verstecke. Wenn der Mann im Mond es tatsächlich darauf anlegte, ihnen aufzulauern, hatten sie keine Chance, ihn früh genug aufzuspüren. Andererseits war er bei seinem ersten Erscheinen alles andere als vorsichtig gewesen. Sich hinter Hecken zu verstecken, passte nicht zu ihm. Er hatte ohnehin nichts zu befürchten.
    Wenig später ragte die alte Stadtmauer Giebelsteins vor ihnen auf. Von hier aus war es nicht mehr weit.
    Plötzlich blieb Kyra stehen. Als die anderen sich zu ihr umschauten, war ihr Gesicht kreidebleich.
    »Was ist?«, fragte Chris.
    Kyra hatte Mühe, den Kloß in ihrem Hals herunterzuwürgen. »Wir haben was vergessen«, sagte sie leise. »Was
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