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Sieben Siegel 03 - Die Katakomben des Damiano

Sieben Siegel 03 - Die Katakomben des Damiano

Titel: Sieben Siegel 03 - Die Katakomben des Damiano
Autoren: Kai Meyer
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genug war, um es als Knüppel zu benutzen, wusste Chris nicht, aber er musste es zumindest versuchen. Besser, als einer dieser Bestien mit bloßen Händen gegenüberzutreten.
    Bestien? Blitzartig erinnerte er sich wieder an den Gargoyle im Treppenhaus. Vielleicht war ihm das Wesen dort draußen vor dem Fenster ja ebenso friedlich gesonnen.
    Aber darauf wollte er es lieber nicht ankommen lassen.
    Eilig schlich er aus dem Zimmer, steckte die Fernbedienung in die Hosentasche und schob das Horn unter seinen Gürtel wie ein Krummschwert.
    Ein letztes tiefes Durchatmen, dann raste er los.
    Diesmal entschloss er sich, nicht den Weg durch das Gemäuer zu nehmen. Stattdessen suchte er den nächstbesten Ausgang zur Außenseite des Klosters. Auf dem Grasstreifen zwischen Mauer und Parkdickicht würde er freie Bahn haben – vorausgesetzt, niemand vertrat ihm den Weg.
    Immer wieder blickte er während der Fahrt nach hinten, doch der Gargoyle mit den leuchtenden Augen zeigte sich nicht.
    Als Chris nach bangen Minuten endlich die Stelle erreichte, an der er die anderen zurückgelassen hatte, erwartete ihn der nächste Schock.
    Seine Freunde waren verschwunden.

Flucht durch den Park
    »Chris!«
    Kyras Stimme drang aus dem Unterholz, einige Meter entfernt.
    Chris atmete erleichtert auf. »Was macht ihr denn da?«
    »Sei um Himmels willen still!«, zischte Kyra zurück. Noch immer zeigte sie sich nicht. Auch die beiden Geschwister blieben hinter einer Blätterwand verborgen.
    »Aber –«, begann Chris, doch Kyra unterbrach ihn erneut: »Komm her. Beeil dich. Und schau dich ja nicht um!«
    Furcht durchfuhr ihn wie ein Pfeil aus purem Eis. Nicht umschauen? Aber was war denn hinter ihm, das er nicht sehen sollte?
    Er sprang von der Vespa und schaute zum Dickicht hinüber.
    »Schneller!«, flüsterte Kyra.
    Chris hielt es nicht länger aus. Mit rasendem Herzschlag und angehaltenem Atem blickte er nach hinten.
    Der Grasstreifen zwischen ihm und der Klostermauer war leer. Auch im Tortunnel war niemand zu sehen.
    Chris blieb stehen und grinste unsicher. »Ihr wollt mir doch nicht nur einen Schrecken einjagen, oder?«
    Kyras Gesicht erschien zwischen den Zweigen. Sie sah nicht aus, als wäre sie zu Scherzen aufgelegt. Angstschweiß glänzte auf ihrer Stirn.
    »Wenn du unbedingt willst, dann guck nach oben.«
    Chris folgte unsicher ihrem Blick an der Fassade hinauf. Hinter den leeren Fenstern herrschte Finsternis. Nirgendwo war etwas Ungewöhnliches zu entdecken.
    »Auf dem Dach«, wisperte Kyra.
    Und dann sah Chris, was sie meinte.

Hoch auf dem Dachfirst, aufgereiht wie ein Vogelschwarm, kauerten dreizehn Gargoyles. Aus glitzernden Augen blickten sie auf Chris herab. Einige trommelten mit ihren langen Krallenfingern auf die Dachziegel, andere ringelten ihre Reptilienschwänze über die Schräge wie Riesenschlangen. Keines der Monster sah aus wie das andere, auch wenn sie sich in manchen Merkmalen ähnelten. Einige hatten Hörner, andere nicht. Chris sah mehrere, über deren Schultern verkümmerte Flügel aufragten. Gemeinsam war allen, dass ihre Körper unbehaart waren, von vereinzelten Fellbüscheln abgesehen. Auch ihre Gesichter unterschieden sich: Von verzerrten Leguanschädeln bis zu grotesken Dämonenfratzen war alles vertreten.
    Chris stand da wie angewurzelt.
    »Ich hab ja gesagt, du sollst dich nicht umdrehen«, flüsterte Kyra scharf hinter seinem Rücken. »Aber, nein, der Herr kann ja wieder mal nicht auf das hören, was eine Frau sagt.«
    Chris schluckte und brachte keinen Ton heraus. Die Gargoyles mussten vom Innenhof aus an der Fassade hinaufgeklettert sein. Und ebenso schnell – oder schneller! – würden sie auf dieser Seite wieder herunterkommen.
    Rückwärts ging er auf das Versteck der anderen zu. Eigentlich war es gar kein richtiges Versteck mehr, denn die Gargoyles schauten genau zu, wohin er sich zurückzog; er führte sie geradewegs zu seinen Freunden. Im Augenblick jedoch saß ihm der Schreck viel zu tief in den Knochen, um sich auf eigene Faust davonzumachen. Einer dieser Kreaturen konnte er vielleicht entkommen – aber dreizehn?
    Keine Chance.
    »Warum greifen die nicht an?«, flüsterte Nils im Gebüsch.
    Das war in der Tat die große Frage. Die Begegnung mit dem Gargoyle im Treppenhaus hatte Chris verunsichert. Andererseits hatten jene Wesen, die am Zaun zu Grunde gegangen waren, eindeutig feindliche Absichten gehabt.
    Er erreichte eine Stelle, an der die Büsche so eng standen, dass er die Gargoyles aus den
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