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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich
Autoren: Amei Müller
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herum, und der Wubbel ist die Katze und fängt
sie. Jetzt gibt es in dieser vergammelten Herberge schon keine Dusche, und dann
kann man sich nicht einmal abtrocknen!«
    Er verschwand knurrend, kehrte aber
nach geraumer Zeit frohgemut mit einem Handtuch zurück.
    »Julia, die Kluge, hat ihre eigenen
Handtücher mitgenommen.«
    »Julia, die Kluge«, das war’s, was ich
am frühen Morgen brauchen konnte und was meinen Blutdruck in die Höhe brachte.
Fauchend fuhr ich aus dem Bett, derweil die Tür aufkrachte und Wubbel auf allen
vieren ins Zimmer kroch, eine Handtuchmaus im Mäulchen. Vor Manfreds Füßen ließ
er sie fallen.
    »Miau, mio, miau, mio! Ontel Mampfwed,
warum machst du deine Handtücher naß?«
    »Ich, daß ich nicht lache! Frag deine
Tante!«
    »Tante Amei, warum machst du sie naß?«
    Nun drangen auch Andreas und Mathias in
unser Zimmer ein.
    »Isch der Wubbel net süß, so als Katz?«
    Aber Manfred hatte keinen Sinn für
Wubbels Süßigkeit, er trachtete einzig danach, seine Morgenwäsche zu einem
guten Ende zu bringen.
    »Los verschwindet, ihr drei, und macht
die Tür hinter euch zu! Eure Maus könnt ihr mitnehmen!«
    Er packte die schmuddelige Maus mit
spitzen Fingern und warf sie hinter den dreien her auf den Gang. Dort traf sie
den fremden Herrn, der gerade mit seiner Begleiterin zum Frühstück ging.
    »Das ist doch die Höhe!« rief er. »Die
ganze Nacht kommt man nicht zum Schlafen! Morgens wird man gestört! Und jetzt
noch diese Frechheit! Ich werde mich beschweren!«
    Als wir am Frühstückstisch erschienen,
war die Familie schon vollzählig versammelt, sehr gedämpft, sehr ruhig, und das
lag nicht nur an der üblichen Morgenmuffeligkeit. Gitti und Klaus-Peter saßen
getrennt. Sie schauten beflissen aneinander vorbei, und trafen sich ihre Blicke
versehentlich, so gefroren dieselben flugs zu Eis.
    Auch Andreas und Mathias wirkten
verstört. Sie duckten sich tief über ihre Teller, um den Blicken des Paares
auszuweichen, das ihnen gegenüber am anderen Ende des Restaurants saß. Die
Dame, ein blonder Rauschgoldengel, schoß zornige Blicke in alle Richtungen. Der
Herr war hauptsächlich damit beschäftigt, den Kopf zu schütteln, hatte er doch
soeben beim Hotelier vernommen, daß sich unter dieser Gesellschaft drei Pfarrer
mit ihren Familien befanden und daß es sich hier keineswegs um den
feuchtfröhlichen Maiausflug eines Vereins handelte.
    Andreas berichtete im Flüsterton von
ihrem verhängnisvollen Irrtum in der Zimmerwahl und wie der Herr gedacht hatte,
sie wollten bei ihm einbrechen. »Und dann no die Maus! Ehrlich, Vati, des war
blöd.«
    »Mir ist es peinlich genug!« Manfred
schenkte seinem Sohn einen bekümmerten Blick.
    »Dem Mann seine Mami weint!« vermeldete
der Wubbel.
    »Es ist nicht seine Mami«, verbesserte
Gabriele, »es ist seine Frau.«
    »Ja, und vorhin hat se gsagt, se hat
sich’s anders vorgschtellt, und des macht se nemme mit! I hab’s ghört«,
berichtete Mathias.
    Michael blickte ernst in die Runde.
    »Es ist eine unglückselige Verkettung
der Umstände. Wir müssen uns entschuldigen.« Er erhob sich ächzend und zog die
Hose hoch. »Kommt mit, Männer! Laßt mich nicht allein!«
    Sie seufzten schwer, aber sie kamen.
Florian und Manfred, Stefan, Christoph und Klaus-Peter, die beiden letzten
jedoch besonders lustlos.
    »Ich bin so unschuldig wie ein
neugeborenes Lamm«, murrte Christoph, »ich habe nichts mit ihm zu schaffen!«
    »Du gehörst zur Familie«, brummte
Klaus-Peter, »genau wie ich, leider!«
    Michael voran, so zog die Prozession
unter allgemeiner Anteilnahme durch das Restaurant bis zum Tisch des Paares und
nahm dort Aufstellung. Michael bat im Namen der Familie um Entschuldigung. Die fünf
anderen Mannen leisteten stummen Beistand, indem sie ihre Gesichter in
kummervolle Falten legten.
    Die Dame biß mit steinernem Gesicht in
ihr Brötchen und zeigte sich nicht versöhnungswillig. Der Herr jedoch nahm die
Entschuldigung gnädig entgegen und gab nur seiner Verwunderung darüber
Ausdruck, daß ausgerechnet Pfarrer sich so wenig vorbildlich betrügen.
    Er habe geglaubt, gerade solche sollten
der Menschheit ein gutes Beispiel geben, welcher Glaube aber ein Irrglaube
gewesen sei, wie er jetzt habe erkennen müssen.
    Florian, Manfred und Stefan, die drei
Pfarrer der Familie, senkten schuldbewußt die Häupter.
    Michael sprach wieder von der
unglückseligen Verkettung der Umstände und versicherte, nunmehr solle alles
anders werden. Er erbot sich sogar, den
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