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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich
Autoren: Amei Müller
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bleib doch sitzen, Himmel noch mal!«
    Ich ließ ihn knurren, blieb er mir doch
erhalten, und eilte davon, um ein letztes Mal Familie aufzutanken. »Ade, Vera!
Ade, Michael!«
    »Besuch uns mal!« Vera streckte den
blonden Schopf aus dem Fenster.
    Michael quälte sich aus dem Auto und
drückte mir einen Kuß auf die Stirn. Ich war gerührt, denn dies tat er nur in
äußersten Notfällen.
    Stefans Hinterteil ragte aus dem Auto.
Er zurrte seinen Wubbel im Kindersitz fest. Der Wubbel murrte gegen die Eltern
und hatte wahrhaftig allen Grund dazu. Er hätte noch so gerne nach Mäusen
gesucht oder wenigstens mit Andreas und Mathias Fangen gespielt. Aber nein! Sie
hatten es nicht erlaubt! Und das allerschlimmste und gemeinste, was dem Wubbel
die Tränen in die Augen trieb: Die Mami hatte ihm alle guten Sachen, die er zum
Abschied bekommen — die Schokolade und die Kaugummis und die Gummibärle — ,
einfach weggenommen, in ihre Tasche gesteckt und gesagt: »Das heben wir auf!
Sonst wird’s uns noch schlecht! Gell, das versteht unser Wubbel?«
    »Nein!« hatte der Wubbel voller
Entrüstung geschrien und zu pumpen begonnen. Ich steckte den Kopf durchs
Fenster, da hingen seine Mundwinkel schon bedrohlich tief.
    »Ade, Gabi! Fahr vorsichtig, Stefan!
Viel Glück bei der Mäusejagd, Wubbel! Waidmannsheil!«
    Bei diesen letzten Worten erreichte
Wubbels Kummer den Höhepunkt. Er öffnete das Mäulchen und ließ seine
Trauerfanfare schmettern: »Hu-u-u-...!«
    Ich entfloh und lief hinüber zu
Christophs Auto.
    Julia strahlte übers ganze Gesicht. Ihr
Trennungsschmerz hielt sich offenbar in Grenzen. Auch der Löwenbändiger,
welcher mit Gitti hinten saß, lächelte heiter.
    »Ist es wahr, Klaus-Peter, daß du gestern
abend zweite Stimme gesungen hast? Zweite Stimme zu ›Schlof wohl‹?«
    Klaus-Peters Gesicht verfinsterte sich
augenblicklich. »Wer hat dir solchen Unsinn erzählt?« schnaubte er. »Nie würde
ich das tun, nie! Dieses überaus dumme Lied...«
    »Sagtest du dumm?« fragte Gitti, und
als er heftig nickte, wölbte sie den Busen heraus und holte tief Luft.
    Ich empfahl mich. Klaus-Peter schickte
einen grimmen Räusperer hinter mir her, der jedoch alsbald in ›Schlof wohl‹
ertrank.
    So hatte ich Julia doch zu etwas Trauer
verhelfen können, denn nicht nur der Löwenbändiger, nein, all unsere Schwäger
und Schwägerinnen hatten ein gebrochenes Verhältnis zu ›Schlof wohl‹.
    Außerdem verabscheute Julia laute
Gesänge und Unfrieden im Auto.
    In Florians Wagen herrschte eitel
Trauer und Herzeleid.
    Jette beklagte ihr grausames Schicksal
und beschimpfte Umstände und Establishment, welche ihr den teuren Freund so
bald entrissen.
    Fränzchen dagegen saß in stummer
Trauer. Nur ihre Tränen strömten ohne Unterlaß. Beate suchte der Tränenflut mit
Hilfe von Papiertaschentüchern und trostreichen Worten Herr zu werden. Jedoch,
was vermochten so schwache Mittel gegen so großen Kummer auszurichten?
    Florian, am Steuer, erhob die Stimme zu
einer Rede: »Beate und ich haben auch aufeinander warten müssen. Wir haben es
überstanden. Seht uns an, wir leben noch...«
    Es versprach, eine längere Rede zu
werden, also winkte ich nur einen Abschiedsgruß durchs Fenster und eilte zurück
zu meiner Familie.
    Yogi und der Harztiger standen neben
dem silbergrauen Porsche. Beide Herren blickten ernst und gefaßt, hatten sie
doch soeben Abschied genommen vom freien Junggesellenleben und von den Damen
ihres Herzens.
    Ich kam vorbei und lächelte einen
kühlen Gruß, denn mein Verhältnis zu diesen beiden war noch zu keiner besonderen
Herzlichkeit gediehen. Sie aber stürzten sich auf mich, ergriffen meine Hände
und klammerten sich daran wie Schiffbrüchige an Rettungstaue. Auch blickten
ihre Augen so liebreich, daß mir ganz weh wurde und ich schon fürchten mußte,
ihre Sinne hätten sich vor übergroßer Trauer verwirrt und sie hielten mich für
eine der beiden Jüngferlein oder für beide zusammen. Dann aber begannen sie
mich mit Grüßen zu überhäufen an Fränzchen und Jettchen und mit Lobpreisungen
dieser beiden, und ich mußte erkennen, daß sie mich keineswegs verwechselt
hatten, sondern daß ich im Augenblick nur die einzig greifbare Blutsverwandte
der teuren Mädchen war. Also versprach ich, die Grüße und Liebesschwüre
auszurichten, bestätigte auch wider besseres Wissen, daß diese beiden die
reinsten Engel und wahre Gottesgeschenke wären, riß mich aus der liebevollen
Umschlingung, schlüpfte ins Auto und schlug
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