Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Titel: Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen
Autoren: Jürgen von der Lippe
Vom Netzwerk:
sagte: »Ja, es funktioniert ein bisschen so wie ein Kloster.«
    Bingo, der Meister hatte meine dringendste Frage mit einem kurzen Satz beantwortet.
    Auf der Stelle hellwach, saß ich da wie vom 31
    Donner gerührt und suchte nach dem Sinn seiner Worte. Ich ging alle meine Informationen noch mal durch. Letztendlich besteht alles aus Schwingungen, aber was hat das mit einem Kloster zu tun? Klösterliches Leben hat Regeln, festgelegte Tagesabläufe, also einen ständigen Rhythmus, der von allen Beteiligten getragen wird. Das war’s.
    Genau dieses Puzzleteilchen hatte meinem Verständnis des Universums und des ganzen Rests gefehlt. Superkleine Teilchen, Energie pur, schwingen vergnügt und unsichtbar vor sich hin, aber sobald sie andere Teilchen treffen, mit denen sie zusammen in einem harmonischen Rhythmus schwingen können, wird etwas daraus, z. B. ein Atom, ein Son-nensystem oder eine Blume. Oder eben ein Baby.

    ER Ein Abend mit …

    Kaum ein Fragebogen kommt aus ohne:
    »Mit wem möchten Sie einen Abend ver-
    bringen?« Die Antwort »Julia Roberts« verbietet sich aus mehreren Gründen: fehlende Originalität, der Altersunterschied, sie muss sich um ihre Kinder kümmern, sie kann kein Deutsch, also über was wollen wir reden, meine Frau würde es nicht gern sehen usw.
    Nun fiel mir letztens ein Zeitungsartikel über Amtsschimmeläpfel in die Hände mit Kostbarkeiten wie folgender aus den Unter-richtsblättern der Bundeswehrverwaltung:
    »Der Tod stellt aus versorgungsrechtlicher Sicht die stärkste Form der Dienstunfähigkeit dar.« Oder aus dem Kommentar zum 32
    Bundesreisekostengesetz: «Stirbt ein Be-diensteter während einer Dienstreise, so ist die Dienstreise damit beendet.«
    Augenblicklich erwachte in mir das dringende Verlangen, diese beiden Herren – es müssen einfach Herren sein, ich spüre das –
    zum Skat einzuladen, ich würde Schnittchen machen, vielleicht scharfe indische Hack-bällchen, obwohl Behördenmenschen oft Magenprobleme haben, also Buletten, und ich würde sie richtig ausquetschen: Wie kriegt man solche Sätze in Gesetzessamm-lungen unter? Gab es eine Wette? Oder ist es am Ende ernstgemeint? Und wenn ja, welche Medikamente nimmt jemand, dem
    sowas aus der Feder strömt? Und was hat er noch auf Halde liegen? Vielleicht: »Stirbt ein Nachtwächter tagsüber an den Folgen eines Unfalles, kann er gegenüber dem Arbeitgeber keine Ansprüche auf Arbeitsun-fallrente geltend machen.«?
    Das war’s überhaupt: Zu vorgerückter Stunde, nach dem zweiten Bier, würden wir als Autorenkollektiv tätig, würden z. B. das Grundgesetz komplett umschreiben oder wenigstens die gröbsten Schnitzer in vor-handenen Texten ausbügeln, wie etwa diesen:
    »Besteht ein Personalrat aus einer Person, erübrigt sich die Trennung nach Geschlech-tern.« Das stammt aus einer Info des Deutschen Lehrerverbandes und schreit natürlich nach einem ergänzenden Hermaphroditen-passus oder einer Folgeverordnung wie:
    »Besteht ein Personalrat aus zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts, verliert im 33
    Falle einer Geschlechtsumwandlung die Neufrau bzw. der Neumann seinen bzw. ihren Sitz im Personalrat und ist aus Paritäts-gründen umgehend durch eine Alt- oder Neufrau bzw. durch einen Alt- oder Neumann zu ersetzen.« Ich glaube, das wäre ein toller Abend, genau wie der nächste, den ich gern mit einem der Musikkritiker der Süd-deutschen Zeitung teilen würde, der mich mit folgenden Formulierungen schwindelig schrieb: »Leichtigkeit und Eleganz der Bo-genführung, ein Klang, der immer mit der Stille und dem Unforcierten sich verbündet, rückten den Blick auf intim erlauschte Momente subtiler Empfindung … Immer wieder entdeckt Elgar einen neuen Schatten-wurf, eine ungeahnte Auflichtung im melo-dischen Material.« Endlich nimmt die Formulierung »sweet little nothings« Gestalt an.
    Was koche ich für so einen Gast? Auf jeden Fall was mit Weinschaum und eine Trilogie von irgendwas an etwas völlig anderem.
    Und sollte ich dem Tischgespräch intellek-tuell nicht gewachsen sein, halte ich mich an den zweiten Gast dieses Abends, der in den Fallbeispielen der deutschen Verwaltungs-praxis Folgendes ausführte: »Nach dem Ab-koten bleibt der Kothaufen grundsätzlich ei-ne selbständig bewegliche Sache, er wird nicht durch Verbinden oder Vermischen un-trennbarer Bestandteil des Wiesengrund-stücks, der Eigentümer des Wiesengrund-stücks erwirbt also nicht automatisch Eigentum am Hundekot.« Ich freu mich.

    34
    SIE Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher